Luzifers Kathedrale
hatte diesen Brauch aus Deutschland mitgebracht, in der eine Brieffreundin lebte, doch jetzt hätte sie den Kranz am liebsten gepackt und aus dem Fenster geworfen.
»Lena...«
Die Stimme ihres Mannes schreckte sie auf. Sie hatte so schwach geklungen, aber auch fragend.
»Was ist denn?«
»Kannst du mal kommen, bitte?«
»Natürlich, sofort.«
Lena wunderte sich. Ihr Mann hatte bitte gesagt. Das passierte äußerst selten. Wenn das der Fall war, dann musste er wirklich etwas auf dem Herzen haben.
Sie ließ den Plätzchenteig liegen, stellte auch den schon vorgewärmten Ofen ab und ging in das Wohnzimmer. Die helle Schürze mit den roten Weihnachtsmännern darauf ließ sie umgebunden.
Julian blieb im Sessel sitzen, ohne sich zu bewegen. Er hatte nur den Kopf gedreht, um seine Frau anzuschauen.
»Bitte, hol dir einen Stuhl.«
»Gem.« Sie schaffte ihn heran, schaute für einen Moment in die Glut hinter der Scheibe des Kamins und bemerkte, dass Julian unter der Decke zitterte.
Das Teeglas hatte er auf einem kleinen Beistelltisch abgestellt. Es war leer.
»Ist dir kalt, Julian?«
»Nein, nein, das geht schon.«
»Und was hast du für Sorgen?«
Langsam drehte er den Kopf in ihre Richtung. Sein Blick war sehr ernst, und ebenso ernst klang auch seine Frage. »Glaubst du an den Teufel, Lena?«
Die Frau hatte wirklich mit jeder Frage gerechnet, nur nicht mit dieser. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, und merkte, wie sie sich verkrampfte. Sie spürte auch, dass ihr das Blut in den Kopf stieg und sich ihr Gesicht rötete.
Julian wiederholte seine Frage. »Glaubst du an den Teufel, Lena?«
Wieder musste sie schlucken. »Bitte... wie... wie kommst du denn darauf?«
»Ich möchte von dir nur eine Antwort.«
An seinen Augen sah sie, wie ernst es ihm mit dieser Frage war.
»Man liest in der Bibel von ihm«, sagte Julian. »Man hört in der Kirche davon, dass es ihn gibt oder geben soll.«
»Ich glaube an Gott.«
»Das habe ich dich nicht gefragt.«
Lena wusste wirklich nicht, wie sie sich verhalten sollte. Es war ihr alles so fremd geworden. Sie hatte sich gedanklich mit Weihnachten beschäftigt, und nun kam ihr Mann auf ein ganz anderes Thema zu sprechen.
»Manche in der Kirche sagen, dass es einen Teufel gibt. Und daran halte ich mich.«
Julian nickte. Er schien mit der Antwort zufrieden zu sein. Um seine Lippen huschte ein verlorenes Lächeln, bevor er einen Satz sagte, der Lena ebenfalls schockte.
»Ich glaube, dass ich den Teufel heute gesehen habe!«
»Was?«
»Ja, das muss er gewesen sein.«
Sie wusste nichts zu antworten. Nur das Blut stieg wieder in ihren Kopf, und sie spürte einen Druck hinter den Augen. Mühsam nur fand sie ihre Worte. »Wie... wie... ist er dir denn entgegengetreten, Julian? Kannst du das sagen?«
»Sein Gesicht schwebte über der Kathedrale. Ich bin überzeugt, dass er es gewesen ist.«
»Hatte er Hörner?«
»Nein.«
»Oder hast du dir das nur eingebildet?«
Der Schäfer schüttelte langsam den Kopf. »Das habe ich wirklich nicht, Lena.«
»Ja dann.« Sie hob die Schultern. »Ich denke, es ist besser, wenn du von Beginn an alles erzählst. Meinst du nicht auch?«
»Ja, du hast Recht. Gib mir deine Hand, bitte.«
Auch das fand Lena ungewöhnlich, sträubte sich aber nicht und stellte fest, dass die Haut ihres Mannes trotz des wärmenden Feuers kalt war.
»Es ist schön«, sagte er leise, »einen geliebten Menschen festhalten zu können, denn was ich erlebt habe, das geht bis an die Grenzen des Verstandes. Es fing damit an, als ich noch zwei Schafen suchen wollte, um sie vor dem Unwetter in Sicherheit zu bringen...«
Und dann sprach er. Julian McBell redete sich alles von der Seele, was ihn bedrückte, und er hatte in seiner Frau eine gute Zuhörerin, die keine Zwischenfragen stellte und hin und wieder sogar den Atem anhielt, als es zu heftig wurde.
Schließlich gelangte der Schäfer zu einem letzten Satz. »So, und jetzt weißt du alles.«
Lena McBell blieb bewegungslos auf ihrem Stuhl sitzen. Sie wusste, dass ihr Mann eine Antwort erwartete, doch sie war nicht in der Lage, ihm eine zu geben. Was sie hier erfahren hatte, war einfach nur unglaublich.
»Du sagst ja nichts, Lena.«
Die Stimme brachte sie wieder zurück in die Realität. »Ich weiß doch nicht, was ich sagen soll.«
»Glaubst du mir denn?«
»Ja...«
Julian war noch nicht überzeugt. »Wirklich? Oder lügst du mich an?«
»Nein, nein.« Sie hatte das Bedürfnis, ihren Mann zu umarmen und
Weitere Kostenlose Bücher