Luzifers Kathedrale
als ich sah, dass mich die Erinnerung nicht getäuscht hatte.
Es gab die Treppe tatsächlich. Ihre Stufen waren allerdings noch schmaler. Ähnlich wie die in einem engen Turm, den Schlangen von Besucher hochschritten.
Der schmale Aufstieg war sehr bald zu Ende. Ich musste den Kopf einziehen, denn ich wollte ihn mir nicht am Gebälk stoßen. Es war nicht der Bereich der Kirchenglocken, in dem ich mich befand. Beim ersten Durchleuchten wirkte er mehr wie ein Speicher, wie er zu vielen Häusern gehörte, und auch mit der Größe kam das irgendwie hin.
Ich sah viel Staub. Auch Spinnweben. Keine Abdrücke auf dem Boden. Hier hatte sich lange niemand mehr aufgehalten.
Aber ich hörte auch andere Geräusche. Und wieder über mir das Kratzen, das Schleifen und auch leises Poltern. Nur war es diesmal deutlicher zu vernehmen. So laut, als hätte ich mein Ohr gegen die dunkle Decke gehalten.
Ich wollte auch weiterhin aufs Dach. Aber ich konnte nicht durch eines der lukenartigen Fenster nach draußen klettern, um mich an der Hauswand hoch zu hangeln. Ich suchte nach einem anderen Ausstieg, der mich durch die Decke bis aufs Dach brachte.
Ja, da gab es was. Zwar versteckt und auch völlig verstaubt, doch das Licht der Lampe war hell genug, um mir das Ziel zu zeigen. Ich ließ den Lichtkreis an den Außenseiten des Vierecks entlang wandern und wusste, dass ich eine Ausstiegsluke vor mir hatte.
So etwas gab es bestimmt nicht in jeder Kirche, aber die hier war auch nicht normal. Man hatte sie dem Bösen geweiht. Wahrscheinlich waren die Menschen damals durch die Luke geklettert, um Teile dessen hoch zu schaffen, was ich noch heute auf dem Kirchendach sah.
Jetzt drückte ich mir die Daumen, dass es mir auch gelang, den Ausstieg zu öffnen.
An der Wand sah ich ein Brett stehen. Es war schmal und erinnerte mehr an eine Leiste. In diesem Fall allerdings war es genau das richtige Werkzeug für mich.
Ich holte es, kantete es, drückte es hoch und presste das eine Ende gegen die Luke.
Zuerst tat sich nichts.
Ich gab nicht auf und verstärkte den Druck. Meine Kraft reichte aus, um Bewegung in die Luke zu bringen. Da es still war, hörte ich an den Rändern das leise Knirschen und Kratzen, aber es ging nichts zu Bruch, da hatte ich schon Glück. Stattdessen war es mir möglich, die Luke in die Höhe zu drücken.
Kälte und Wind fuhren in das Innere der Kirche. Ich sah den dunklen Himmel, der so herrlich winterklar war. Auf diesem Samt funkelten die Sterne, der Halbmond schimmerte ebenfalls. Ein klarer Winterabend, der zu Weihnachten gepasst hätte.
Die Klappe fiel nach hinten, und ich hörte, wie sie aufschlug. Der Laut hörte sich an wie ein trocken klingender Schuss.
Die Stange stellte ich zur Seite und sah mein Ziel dicht vor mir. Der Rest war nur noch Turnerei. Ich brauchte keine Hilfsmittel, sprang in die Höhe und klammerte mich mit den Händen am eisig kalten Rand des Ausstiegs fest.
Der Klimmzug fiel mir bei meiner schweren Winterkleidung nicht leicht, aber ich schaffte ich. Dann rollte ich mich auf das Kirchendach. Angst davor, hinabzufallen hatte ich nicht. Es gab genügend Gegenstände, an denen ich Halt finden konnte.
Im Liegen schaute ich mich so gut wie möglich um und achtete möglichst nicht auf den Wind, der mir die verdammte Kälte in das vor Anstrengung gerötete Gesicht blies.
Aus meiner Perspektive war nicht viel zu sehen. Die kleinen Türme, die Monstren und auch die wenigen Kreuze, die sich auf dem recht breiten First und an den Dachseiten verteilten.
Als Kolosse konnte man sie zwar nicht bezeichnen, aber sie waren immerhin hoch genug, um etwas von diesem eisigen Wind abzuhalten. Ich dachte auch an eine andere Gefahr, die keinesfalls unterschätzt werden durfte.
Der First und die Pfannen konnten gefährlich glatt sein. Es fror, und der Frost sorgte oft genug dafür, dass eine dünne Eisschicht zurückblieb, und die konnte gefährlich werden.
Langsam richtete ich mich auf. Ich wartete darauf, die entsprechenden Geräusche zu hören, doch im Moment blieb es still.
Ich richtete mich auf. Es klappte ohne Hilfe, denn ich war tatsächlich an der ebensten Stelle gelandet, und zwar auf dem recht breiten First.
Auf ihm blieb ich stehen.
Der Zufall hatte mir sogar eine recht gute Deckung gebracht. Hinter mir stand einer dieser Türme, der meinen Rücken gegen die Böen schützte. Ein Kreuz stand nicht in unmittelbarer Nähe. Ich sah es erst weiter entfernt. Dafür fiel mir eines dieser Monster auf. Das
Weitere Kostenlose Bücher