Luzifers Kathedrale

So gut es ging, zielte ich auf das Augenpaar, um es zunächst mit einer geweihten Silberkugel zu versuchen. Vielleicht gelang mir ein Aufschub.
    Dann schoss ich!
    ***
    »Sie sind sauer, wie?«
    Bill nickte zur Antwort. Er trat dabei auf der Stelle, um seine Füße warm zu halten.
    »Störe ich Sie?«
    »Nein, Mr. McBell, auf keinen Fall. Ich ärgere mich nur, dass ich John’s Alleingang zugestimmt habe. Lieber wäre ich mitgegangen. Vier Augen sehen mehr als zwei.«
    »Soll ich wieder gehen?«
    Bill winkte ab. »Unsinn. Mitgefangen, mitgehangen. Sie bleiben hier, Julian.«
    »Danke.«
    »Warum bedanken Sie sich?«
    »Ganz einfach. Ich freue mich, dass Sie mir auch einiges Zutrauen, Mr. Conolly.«
    »Sagen Sie Bill.« Der Reporter lächelte. »Aber trauen Sie sich nicht zu viel zu, Julian. So etwas kann bei Gegnern wie diesen leicht ins Auge gehen.«
    »Einmal bin ich ja davongekommen.«
    Bill hob warnend die Hand. »Was nicht so bleiben muss, Julian. Es war nur ein Vorgeschmack.«
    »Kann sein.« Er schaute an dem Reporter vorbei, als er seine Frage formulierte. »Bitte, Bill, sagen Sie mir die ganze Wahrheit. Womit rechnen Sie? Was könnte noch alles passieren? Ich weiß, dass es nicht einfach ist, eine Antwort zu finden, man kann ja nicht in die Zukunft schauen, aber sie haben mehr erlebt und sind auch nicht grundlos hier erschienen.«
    »Das sicherlich nicht. Auf der anderen Seite ist es allerdings schwer, etwas vorauszusagen. Ich kann da wirklich nur spekulieren, das müssen Sie mir zugestehen.«
    »Gern. Manchmal kommt man auch dadurch der Wahrheit näher.«
    Bevor Bill etwas sagte, ließ er noch mal seinen Blick über die Kirchenmauer gleiten. Vorhin hatte er einige Male noch den Lichtschein gesehen, der durch die Kirche strich. Ihn musste John mit seiner Lampe hinterlassen haben, aber in den vergangenen Sekunden war es dunkel geblieben.
    Das gefiel dem Reporter nicht besonders, aber daran ändern konnte er nichts.
    »Sie wollten etwas sagen, Bill.«
    »Ja, ja, stimmt. Ich will meinen Freund ja nicht verdammen, Julian, aber er hat schon seine Gründe gehabt, uns hier warten zu lassen. Wir kennen uns schon verdammt lange und verfolgen oft die gleichen Gedanken, ohne darüber sprechen zu müssen. Ich kann mir vorstellen, was in meinem Freund vorgegangen ist. Es liegt daran, dass wir beide ein kriminalistisches Denken haben.«
    »Was könnte das denn sein?«
    »In Lyness wird man wissen, dass zwei Fremde gekommen sind. Wir haben uns nach dem Weg zur Kathedrale erkundigt, und so etwas spricht sich herum.«
    »Klar. Da gebe ich Ihnen Recht.«
    »Ja, Julian, und dann sollte man daran denken, dass jemand umgebracht worden ist. Angeblich will keiner etwas wissen. Sie haben selbst gesagt, dass die Menschen hier Zusammenhalten. Ich kann mir gut vorstellen, dass sie jetzt zusammenhocken und beratschlagen, was zu tun ist. Sie wollen doch nicht, dass jemand in dem Fall herumrührt.«
    »Haben Sie das denn gesagt?«
    »Auf keinen Fall. Aber die Leute sind nicht dumm. Die können sich denken, weshalb wir hier aufgetaucht sind.«
    »Und weiter?«
    »Der Rest ist einfach, Julian. Denken Sie mal nach.«
    Das tat der Schäfer. Er sagte nichts dabei. Er fühlte sich allerdings unwohl. Bill entnahm es seiner Reaktion, denn er trat etwas zurück und schüttelte den Kopf.
    »Nun? Haben Sie es kapiert?«
    »Nein, nein...«
    »Wirklich nicht?«
    »So meine ich das nicht, Bill. Überhaupt nicht. Aber das ist ein Wahnsinn. Echt. Ich... ich darf gar nicht näher darüber nachdenken.«
    »Tun Sie es trotzdem.«
    Der Schäfer musste schlucken, bevor er wieder sprechen konnte. »Meinen Sie, dass... dass... die Leute zu zwei weiteren Morden fähig sind? Glauben Sie das wirklich?«
    »Fragen wir mal anders. Bleibt ihnen etwas anderes übrig, um den ersten Mord zu vertuschen? Er hatte etwas mit der Kathedrale zu tun. John Sinclair und ich haben nach ihr gefragt. Da liegt es doch auf der Hand, dass sie wissen, wo sie uns finden können. Und deshalb interessiert mich nicht nur die Kathedrale, sondern auch die Personen, die sich ihr eventuell nähern, um alles zu vermeiden, was einer Aufklärung des ersten Verbrechens dient.«
    »Alles?«, flüsterte der Schäfer.
    »Ja.«
    »Auch zwei weitere Morde?«
    »Würden sie bestimmt in Kauf nehmen. Wer einmal so gehandelt hat, der greift auch ein zweites Mal an. Das sagt allein die Erfahrung, die ich gesammelt habe.«
    »So etwas ist ja furchtbar.«
    Bill konnte wieder lachen. »Machen Sie sich keine