Luzifers Kathedrale
Gedanken, Julian. Noch ist es nicht soweit. Es muss auch nicht eintreffen, aber ich habe schon meine Bedenken, und es könnte durchaus sein, dass John Sinclair ähnlich denkt wie ich.«
»Ja, ja...«, murmelte McBell vor sich hin. »Möglich ist schließlich alles.« Er stöhnte auf. »Wenn ich daran denke, in welch einem Licht ich die Menschen jetzt sehen muss, dann wird mir ganz anders. An so etwas habe ich nie gedacht.«
Bill lächelte knapp. »Denken Sie immer daran, dass wir alle Menschen sind. Und Menschen sind nun mal verführbar, obwohl es da auch Unterschiede gibt. Wer erst mal ein finsteres Geheimnis mit sich herumträgt, wird auch dafür sorgen, dass es so leicht nicht ans Tageslicht gelangt.«
»Wenn ich nur wüsste, was es ist.«
Bill deutete auf die Kathedrale. »Es hat damit zu tun. Dort finden wir die Lösung, wenn es uns nicht gelingt, die Leute zum Reden zu bringen, was ich nicht glaube. Da muss etwas in der Vergangenheit passiert sein, das bis heute durchschlägt.«
»Ja, ja«, flüsterte der Schäfer. »Wenn Sie das so sehen, muss ich Ihnen schon Recht geben.«
Bill wandte sich wieder der Kirche zu. Die Unterhaltung hatte ihn von seinem eigentlichen Problem abgelenkt, und jetzt dachte er wieder an seinen Freund John Sinclair, der sich nicht gemeldet hatte.
Allmählich machte sich der Reporter Sorgen. Er war auch nicht Mensch, der einfach alles auf sich beruhen ließ. Er musste etwas unternehmen. Inaktiv zu sein, brachte ihn fast um.
Bill und der Schäfer standen noch immer in der Nähe des Eingangs. Mit einigen wenigen Schritten konnte Bill die Tür erreichen. Er setzte sich in Bewegung. Auf halber Strecke stoppte ihn Julians Stimme.
»Wollen Sie in die Kathedrale?«
»Das hatte ich vor.«
»Aber Ihr Kollege...«
Bill winkte ab. »So streng darf man das nicht sehen«, meinte er. »John hätte an meiner Stelle nicht anders gehandelt. Vielleicht werfe ich auch nur einen kurzen Blick in die Kirche hinein, das ist alles.«
»Ich bleibe hier.«
»Das sollen Sie auch.«
Bill ging den Rest der kurzen Strecke.
»Bill...«, rief der Schäfer.
Der Klang der Stimme gefiel dem Reporter nicht. Er drehte sich um und sah seinen Verbündeten wie eine starre Schattengestalt auf dem Fleck stehen. Eine derartige Haltung konnte dem Reporter nicht gefallen. Er ging davon aus, das irgendwas passiert war. Er spürte die Furcht des Schäfers.
Als Bill bei ihm war, hob Julian McBell den rechten Arm und streckte die Hand aus. Er wies dorthin, woher Bill und John gekommen waren, und da tat sich tatsächlich etwas.
Beide Männer hörten das Tuckern oder das hart klingende Geräusch eines Motors. Ihnen schien sich ein Fahrzeug zu nähern, aber das war nicht alles, denn etwas anderes erkannten sie sehr deutlich.
Ein rotes Licht, dass sich schaukelnd bewegte, als würde es mit einem Schiff über Wogen fahren.
»Sehen Sie es, Bill?«
»Klar, ich bin ja nicht blind.«
»Und was ist es?«
Der Reporter hob die Schultern. Er wollte es erst genauer sehen. In der Dunkelheit relativierten sich die Entfernungen noch mehr. So konnte er nicht mal schätzen, wie weit das geheimnisvolle Licht entfernt war. Aber es bewegte sich, und das wiederum wies darauf hin, dass es bald in ihre Nähe kommen würde.
Sehr lange brauchte Bill nicht nachzudenken. Durch ein Nicken deutete er an, dass er von der Lösung nicht weit entfernt war. »Ich denke, dass man John und mich finden will. Man will die beiden Männer haben, die hier herumschnüffeln. Das hatte ich Ihnen ja gesagt, Julian.«
Der Schäfer war zu aufgeregt, um eine Antwort zu geben. Er hob schließlich die Schultern an. »Müssen wir jetzt verschwinden?«
»Für Sie wäre es besser!«
Mit diesem Vorschlag lag Bill Conolly genau falsch. »Nein, nein, das werde ich nicht. Sie können in die Kathedrale gehen. Ich werde auf die Leute warten. Denken Sie daran, dass ich jeden einzelnen kenne. Ich stamme von hier. Ich bin mit ihnen aufgewachsen, und ich werde nicht davonrennen. Die werden sich davor hüten, mir etwas anzutun.«
»Ich hoffe nur, dass Sie sich nicht irren, Julian.«
»Sie können mich nicht umstimmen.«
Bill war Menschenkenner genug, um zu wissen, dass er den Schäfer nicht umstimmen konnte. Irgendwann war bei ihm die Grenze erreicht. Deshalb musste sich Bill etwas einfallen lassen und auch seinen eigentlichen Plan über den Haufen werfen.
Nicht mehr hinein in die Kirche. Er würde draußen in der Kälte bleiben, nur außerhalb des sich andeutenden
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