Lycana
Fäuste im Triumph nach oben, doch Alisas Schrei ließ ihn mitten in der Bewegung innehalten.
»Die Lunte!«
Ivy sah nach unten. Sie griff nach dem letzten Zoll der Zündschnur, doch das funkensprühende Flämmchen verschwand unter dem Fassdeckel. Ivy wusste, dass sie nichts mehr tun konnte, um die Katastrophe aufzuhalten. Sie sprang auf und rannte los. Es gelang ihr noch, sich einige Schritte von dem Fass zu entfernen, dann ging der Aufschrei der jungen Vampire in einer unglaublichen Explosion unter. Das Fass wurde durch die Tür in den Vorraum der Burg getrieben. Ein Flammeninferno brandete durch den ehemaligen Lagerraum und fraß alles, was es verzehren konnte. Eine Hitzewelle schoss die Treppe hinauf und breitete sich mit einem solchen Druck aus, dass die jungen Vampire umgerissen und gegen die Wände geschleudert wurden. Ein Teppich fing Feuer. Die Haut derer, die der Treppe am nächsten gestanden hatten, schlug Blasen und verfärbte sich schwarz.
Draußen vor dem Turm wurde Ivy in die Luft geschleudert. Franz Leopold ließ seinen Degen fallen und stürzte los. Der Angreifer versuchte, die Gelegenheit zu nutzen und ihm einen Stoß in den Rücken zu versetzen, doch Karl Philipp hatte ihn aufmerksam beobachtet und nutzte die Schwäche, die er ihm auf seiner Seite bot, gnadenlos aus. Er rammte ihm mit aller Gewalt den Degen durch das Herz. Der Vampir starrte ihn erstaunt an. Er war wie ein Schmetterling an den Baum gespießt.
Franz Leopold rannte, die Arme ausgestreckt, den Blick auf Ivys zierliche Gestalt gerichtet, die in einer Woge aus Hitze und Feuer auf ihn zugeschleudert wurde. Er fing sie auf, noch ehe sie im versengten Gras aufschlug, wurde aber von der Wucht zu Boden geworfen. Sein Kopf donnerte gegen einen Felsblock. Für einige Momente schwanden ihm die Sinne, doch er fühlte, dass sie auf ihm lag und er seine Arme fest um ihren so zerbrechlich wirkenden Körper geschlungen hielt. Dann hörte er Stimmen. Alisa und Luciano, die angelaufen kamen. Franz Leopold schüttelte den Kopf und zwang den Nebel in seinem Kopf, sich zu lichten.
»Ivy! Bei allen Wesen der Nacht!«, hörte er Alisa rufen. Franz Leopold setzte sich auf. Er hielt Ivys leblose Gestalt wie ein Kind in seinen Armen. Ihre rechte Seite war unversehrt, doch ihre linke Körperhälfte war von der Explosion geschwärzt, das Haar verschmort, die Haut an Gesicht, Schulter und Arm zu schwarzen Krusten verbrannt. Alisa und Luciano ließen sich auf die Knie fallen und starrten in sprachlosem Entsetzen auf sie herab. Seymour legte sich zu ihr und vergrub seine Schnauze in ihrer verkrüppelten Hand.
Karl Philipp, der sich von der Explosion kurz hatte ablenken lassen, wandte sich wieder seinem Gegner zu. Er sah ihm in die schwarzen Augen, die nur Hass und Wut widerspiegelten. Mit langsamen, kraftlosen Bewegungen versuchte der fremde Vampir, den Griff des Degens zu fassen zu bekommen, um ihn aus seiner Brust zu ziehen. Offensichtlich hatte Karl Philipp die Mitte seines Herzens verfehlt. In aller Ruhe hob der Dracas nun das silberne Schwert auf, das sein Gegner hatte fallen lassen, und schlug ihm den Kopf von den Schultern. Dann eilte er an Malcolms Seite, der noch immer versuchte, den dritten Angreifer mit seiner Axt in Schach zu halten.
Gegen die beiden zornigen jungen Vampire hatte er keine Chance!
Die beiden ließen ihre blutigen Waffen fallen und liefen zu den anderen, die sich um Ivy geschart hatten. Nun kamen auch die restlichen Erben aus dem Turm gestolpert und bildeten schweigend einen Kreis um die siegreichen Kämpfer. Malcolm ließ sich neben Alisa auf die Knie fallen und zog sie in seine Arme.
»Bist du in Ordnung?« »Aber ja!«, wehrte sie ab und wand sich verlegen aus seiner Umarmung, obwohl es sich gut anfühlte, so an seine Brust gedrückt zu werden, doch vor den anderen? Malcolm nahm ihre Hände und betrachtete sie mit einem Ausdruck von Besorgnis. Erst jetzt fiel Alisa auf, dass auch Luciano und sie die Explosion nicht ganz unbeschadet überstanden hatten. Ihre Kleider, Hände und Gesichter waren geschwärzt und auf ihren Handflächen bildeten sich Blasen.
»Nichts Schlimmes!«, wehrte sie ab.
Ivy schlug die Augen auf. Kurz huschte ihr Blick verwirrt über die vielen ernsten Gesichter, die ihr zugewandt waren. Dann bemerkte sie offenbar, dass Franz Leopold sie in den Armen hielt.
»Leo, du kannst mich jetzt loslassen«, sagte sie leise und richtete sich auf. »Der Schmerz wird vergehen.« Sie keuchte und schenkte Franz
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