Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lycana

Lycana

Titel: Lycana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
Vom Netzwerk:
breiteten sich Scham und Entsetzen aus.
    »Nein, verehrter Vetter, du brauchst nicht so dreinzusehen!«, wehrte Rowena ab. »Ich spreche nur aus, was auch du denkst, also erniedrige dich nun nicht zu einem Heuchler! Soll ich wiederholen, was du über Mervyn und Ivy gesagt hast? Dass du nicht verstehst, wie Alisa sich mit so einer abgeben kann?«
    Malcolm hob abwehrend die Hand, um seine Cousine zum Schweigen zu bringen.
    »Seit wann weißt du das? Warum hast du nie etwas gesagt? Du hast dich mitschuldig gemacht!«
    Rowena hob die Schultern. »Ich habe erst wenige Augenblicke, ehe sie die Fremden hereinließ, davon erfahren. Vielleicht ahnte Ireen, dass es keine Gelegenheit mehr für sie geben würde, es euch selbst zu sagen. Vielleicht quälten sie Zweifel, nun, da sie ihre Schuld einlösen musste.«
    »Es ist nicht leicht, Vorurteile, die sich über Jahrhunderte aufgebaut haben, einfach so abzulegen«, sagte Ivy. »Deshalb wurde diese Akademie ja gegründet. Es braucht seine Zeit, aber ich bin trotz dieser Tragödie zuversichtlich, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Sieh, selbst Karl Philipp hat heute Nacht für uns alle gekämpft!«
    Malcolm sank vor Ivy auf die Knie und griff nach ihrer unversehrten Hand. »Es tut mir aufrichtig leid! Ich bitte dich um Verzeihung für alles, was ich über dich und die Lycana gesagt und gedacht habe. Das ist nicht viel, für das, was unsere Familie angerichtet hat, und ich verstehe, wenn du meine Entschuldigung nicht annimmst.«
    »Natürlich nehme ich sie an, und ich weiß, dass Ireens Opfer uns alle ein Stück näher zusammengebracht hat. Ich zürne ihr nicht. Sie hat sich von ihren Ängsten leiten und sich blenden lassen. Als ihr das jedoch klar wurde, zögerte sie nicht, ihr Leben für uns zu geben. Das ist Buße genug!« Malcolm erhob sich schwerfällig.
    »Nun musst du seine Reue nur noch Alisa mitteilen«, sagte Rowena. »Denn was nützt sein Schuldeingeständnis, wenn er nicht in ihren Augen geläutert ist! Deshalb hast du es doch gerade abgelegt, Vetter, nicht wahr?«
    »Das ist nicht wahr!«, rief er empört. Rowena sah ihn für einige Momente durchdringend an, dann wurde ihr Blick wieder träumerisch und verklärt wie immer. Sie beugte sich zu Ireen hinab.
    »Ich denke, wir sollten sie in ihren Sarg legen. Auch wenn sie es  nicht mehr spüren kann, wäre es nicht freundlich von uns, wenn wir die Sonne ihren Leib verbrennen lassen würden.«
    Malcolm nickte und nahm den Körper in seine Arme. »Wir sollten alle in den Turm gehen. Ich glaube nicht, dass die Lycana heute noch zurückkehren.«
    Ein wenig erschrocken bemerkten sie, dass die Sonne bereits nah war und sich jeden Moment über dem Lough erheben würde. Hastig eilten sie in den Turm zurück. Eine Tür, die man verschließen könnte, gab es nicht mehr, doch sie hofften, dass der Schutzbann sie noch immer vor ungebetenen Besuchern bewahren würde.
    »Ich glaube dir, dass deine Reue ehrlich gemeint ist«, sagte Ivy leise zu Malcolm, als sie hinter ihm den Turm betrat. »Und ich werde es Alisa gegenüber nicht unerwähnt lassen.«
    Malcolm sagte nichts. Schweigend trug er Ireens blutigen Körper hinauf in den Saal und bettete ihn in ihren Sarg. Wenn es eine normale Klinge gewesen wäre, hätte ihr Körper sich regenerieren können, doch Silber im Herzen eines Vampirs bedeutete seine Vernichtung.
    Die Körper der fremden Vampire ließen sie im Hof liegen. Nur Franz Leopold fiel auf, dass nur drei Leichen zu sehen waren. Zwei Männer und eine Frau. Die Vampirin auf dem Kutschbock, die sie Tonka genannt hatten, konnte er nicht entdecken, doch der anbrechende Tag hinderte ihn daran, nach ihr zu suchen. Falls sie verletzt bei dem zerstörten Wagen an der Mauer lag, würden die Sonnenstrahlen ihr ein schmerzhaftes Ende bereiten.
     
    Die Wucht der Explosion hatte auch sie weggeschleudert. Tonka überschlug sich ein paarmal und rappelte sich dann auf. Als sich die Rauchwolken lüfteten, musste sie sich eingestehen, dass ihr Plan fehlgeschlagen war. Der Turm stand noch und würde vermutlich noch ein paar Jahrhunderte überdauern. Verfluchte Iren! Wer hätte gedacht, dass sie imstande waren, solch robuste  Burgen zu bauen. Ihre drei Mitstreiter waren gefallen. Durch ein paar Kinder! Tonka konnte es nicht fassen. Ob Danilo und die anderen noch zu retten waren? Vielleicht wenn man sie an einen dunklen Ort brachte, wo sie sich in Ruhe regenerieren konnten? Tonka wusste es nicht. Wenn sie den Kampfplatz nicht mehr von sich aus

Weitere Kostenlose Bücher