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Lycana

Lycana

Titel: Lycana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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sprang auf die Füße und hockte geduckt einige Augenblicke in seinem Sarg, den Blick rasch nach allen Seiten gesandt. Er sog die Luft ein. Es gab nichts, das Anlass zur Beunruhigung gegeben hätte. Hatte er nur geträumt? Die Bilder huschten durch seine Erinnerung. Ivy, wie sie an der Brüstung stand und über das Meer hinaussah, das Boot, das sich der Grotte näherte, fremde Stimmen und Gerüche, Schwindel und Dunkelheit und dann ein Kuss? Dann kam die Erinnerung an Ireens schreckgeweitete Augen zurück und an den verstümmelten Körper in der Grotte unten.
    Franz Leopold schüttelte den Kopf, als müsse er ein lästiges Insekt vertreiben. In den Sarkophagen um ihn herum begannen sich die anderen jungen Vampire zu regen. Rasch glitt der Dracas aus seinem Sarg und lief in den Hof hinaus. Von den Servienten war noch keiner zu sehen. Wie ungewöhnlich. Normalerweise stand Matthias schon neben seiner Ruhestatt bereit, wenn Franz Leopold erwachte. Hatten die Ereignisse im Morgengrauen ihn früher als sonst ins Leben zurückgerufen? Dann sicher nicht ohne Grund! Er lief durch den Torbogen auf den Eingang zur großen Halle zu, als ihm Seymour mit gesträubtem Fell entgegengerannt kam.
    »Leo!«, hörte er Ivys Stimme von der Treppe her. Die letzten fünf Stufen nahm sie in einem Sprung.
    »Wer waren die Männer?«, rief er ihr zu. »Haben sie noch mehr von uns getötet?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Ivy und lief auf den Ausgang der Halle auf der anderen Seite zu.
    Franz Leopold folgte ihr. »Wir müssen nachsehen, ob es ihnen gelungen ist, in die Burg einzudringen!«
    »Das ist unmöglich«, erwiderte Ivy, doch der Klang ihrer Stimme verriet ihm, dass dies nur eine Hoffnung war, nicht Überzeugung. Schon standen sie am Fuß des massigen Turmes. Ivy tauchte vor ihm in das runde Gelass ein und blieb vor dem blockierten Zugang abrupt stehen.
    »Der Zugang ist von dieser Seite verrammelt. Das ist keine der Fallen, die auf der Treppe eingebaut worden sind. Irgendjemand hat die Fremden daran gehindert, in die Burg einzudringen und noch mehr Schaden anzurichten«, sagte Franz Leopold, nachdem er den Schutzwall in Augenschein genommen hatte. »Warst du das?«
    Ivy ging nicht auf seine Frage ein und begann stattdessen, Steine und Hölzer wegzuräumen. Seymour knurrte noch immer leise.
    »Los, hilf mit. Wir müssen nachsehen, ob noch jemand in der Grotte ist.«
    Franz Leopold warf einen Blick auf seine weichen weißen Hände mit den perfekt manikürten Fingern und seufzte. Dann griff er nach einem Balken und warf ihn zur Seite. In diesem Moment näherten sich Stimmen. Mehrere Vampire eilten aus dem Saal über den schmalen Hof und drängten dann in das enge Turmgelass. Es wunderte Franz Leopold nicht, Matthias unter ihnen zu sehen. Natürlich hatte er inzwischen bemerkt, dass der Sarg seines Herrn leer war, und sich unverzüglich auf die Suche gemacht. Die anderen waren der Clanführer der Lycana, Donnchadh, sein Schatten Catriona, Ainmire und Berghetta, zwei Lycana, die Franz Leopold nicht kannte, und - das allerdings überraschte ihn ein wenig - Luciano und Alisa.
    »Was ist hier los?«, verlangte Donnchadh zu wissen und deutete auf den verbarrikadierten Zugang.
    Ivy berichtete in einigen Sätzen, was sich am frühen Morgen zugetragen hatte. Wie geschickt sie die Einzelheiten überging, die Franz Leopold nur ungern vor den anderen erwähnt gehabt hätte!
    In Windeseile räumten die herbeigerufenen Servienten Steine und Hölzer zur Seite und liefen dann die Wendeltreppe hinunter. Donnchadh und Catriona folgten ihnen. Und da niemand sie aufhielt, stiegen auch die vier jungen Vampire in die Grotte hinab.
    »Jedenfalls haben sie nicht versucht, in die Burg zu gelangen«, sagte Donnchadh. »Die Fallen wurden nicht ausgelöst.«
    »Wenn sie denn so funktionieren, wie sie gedacht sind!«, murmelte Franz Leopold.
    Catriona wandte sich um und fixierte ihn, bis er den Blick senkte. »Das tun sie, es sei dir versichert, junger Dracas!«
    Die Servienten traten bereits in die Grotte. Wie Raubtiere vor dem Sprung schoben sie sich langsam vorwärts, während sie ihre Umgebung aufmerksam mit allen Sinnen abtasteten. Kein Boot lag vor Anker, und auch die Kisten, von denen Ivy berichtet hatte, waren verschwunden. Dafür hatte jemand den Körper der britischen Servientin mit ausgestreckten Armen und Beinen auf dem Steg drapiert und ihren Kopf auf einen Steinblock gelegt, sodass sie ihnen nun entgegenblickte. Alisa stöhnte. »Ireen hat

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