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Lycana

Lycana

Titel: Lycana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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dankend eine Prise aus Angus’ Schnupftabakdose.
    »Ich wusste es von Anfang an«, sagte Columban. »Meine Großmutter erzählte mir als Kind immer von diesen Geschöpfen der Nacht, Blutsauger, die durch die Moore streifen und kleine Kinder  stehlen, um sich an ihnen zu laben. Ihr Blut soll ihnen am besten munden. Und doch sind auch Männer und Frauen, ja selbst Greise nicht vor ihnen sicher. Ich hätte nicht gedacht, dass sie mich einst heimsuchen würden, hier, so weit weg von den Mooren. Doch als Angus sie mit an Bord brachte, wusste ich, wen ich vor mir habe und dass mein Leben verwirkt ist.«
    »Warum bist du dann überhaupt mitgekommen? Du hättest im Hafen von Dublin zurückbleiben können«, sagte Liam.
    »Jetzt kommt er uns gleich mit einer rührseligen Versicherung seiner Freundschaft und der Treue, die die Mannschaft eines Schiffes in jeder Gefahr halten muss«, lästerte Angus.
    »Halt den Mund!«, herrschte ihn Liam an. Er kehrte nicht oft den Kapitän heraus, doch dann gehorchte man ihm besser.
    »Warum bist du mitgekommen«, wiederholte er seine Frage nun wieder mit seiner ruhigen, freundlichen Stimme.
    »Allein der Vorschuss, den du uns ausgezahlt hast, war beträchtlich«, sagte der Seemann und wurde ein wenig rot. »Und ich dachte, vielleicht gelingt es mir ja, auch den Rest meines Anteils zu erhalten - selbst wenn es mein Leben kostet.«
    »Unser guter Columban! Ich wusste ja gar nicht, dass du so geldgierig bist wie ich.« Angus grinste.
    »Wenn wir dabei sterben, haben wir nichts von dem Geld«, warf Fergal ein.
    Angus klopfte ihm anerkennend auf die Schulter. »Was bist du doch für ein schlaues Kerlchen.«
    »Ich brauche das Geld nicht für mich«, sagte Columban. »Meine Frau ist schwer krank und kann nicht arbeiten. Ich habe sieben Kinder daheim. Wenn sie auch noch den zweiten Anteil erhalten, sind sie für die nächsten Jahre versorgt.«
    »Unser guter Columban«, sagte der Kapitän herzlich. »Wenn sie uns das versprochene Geld bezahlen und nur einer von uns überlebt, dann wird deine Familie ihren Anteil bekommen!« Er sah die anderen scharf an.
    »Natürlich«, bestätigte Fergal, und sie wussten, dass er es so  meinte. Angus allerdings mied den Blick des Kapitäns, als er ihm mit wenig Enthusiasmus zustimmte. Dafür setzte er eine betont heitere Miene auf, die ein wenig unecht wirkte.
    »Ach, was seid ihr doch alle für Schwarzseher! Liam hat es vorhin doch selbst gesagt. Sie brauchen uns. Also können sie uns gar nichts antun, wenn sie ihren Plan nicht selbst zum Scheitern verurteilen wollen.«
    »Und was ist, wenn sie an ihrem Ziel angelangt sind?«, wandte der Kapitän ein.
    Panik huschte über Angus’ unrasiertes Gesicht. Doch er hatte sich schnell wieder im Griff und machte eine wegwerfende Handbewegung. »Dann brauchen sie uns immer noch für die Rückfahrt nach Dublin.«
    »Das nimmst du an«, sagte Columban. »Wie kannst du sicher sein, dass sie ein Schiff für ihre Rückfahrt brauchen - ja, dass sie überhaupt nach Dublin zurückkehren wollen?«
    Angus wurde bleich, doch es war Fergal, der den Vorschlag machte. »Wir haben bis zum Einbruch der Nacht Zeit. Wir können uns mit der Anzahlung begnügen und uns aus dem Staub machen, bevor sie zurückkehren. Wir verschwinden einfach von hier.«
    »Sie haben gedroht, dass sie uns jagen und finden werden«, sagte Columban leise. »Und ich glaube ihnen.«
    Mit einer abrupten Bewegung wandte sich Angus ab und begann, mit aufgesetztem Eifer sich an den Tauen zu schaffen zu machen. »Da haben diese Gestalten aber jemandem ganz schön Angst eingejagt. Pass bloß auf, dass du mit deinen zitternden Knien nicht bei der ersten Welle über Bord gehst.«
    Der Kapitän betrachtete Angus mit unbeweglicher Miene, doch der sah nicht von seinen Tauen auf. Schließlich wandte sich Liam ab.
    »Dann macht alles zum Auslaufen fertig, dass wir bereit sind, wenn sie uns den Befehl geben.«
    »Ich dachte, du allein gibst hier die Befehle«, sagte Fergal. »Du  bist doch der Kapitän, nicht?« Er wiegte den Kopf hin und her, begab sich aber unter Deck, um nach dem Stand des Bilgenwassers zu sehen.
     
    Die ersten Gedanken regten sich in Franz Leopolds Geist, sobald die Sonne hinter dem Hügel verschwunden war, und er wusste, dass er sofort wach werden und aus seinem Sarg herausspringen musste. Es war, als habe diese Gewissheit den ganzen Tag über dicht unter der Oberfläche gelauert.
    Mit einem kräftigen Stoß schob Franz Leopold die Platte beiseite. Er

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