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LYING GAME Und raus bist du

LYING GAME Und raus bist du

Titel: LYING GAME Und raus bist du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shepard Sara
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den Parkplatz umgab. Die schimmernde Bergkette ragte in den blauen Himmel hinauf. Winzige Wildblüten sprenkelten den Wanderpfad rosa, gelb und violett.
    Perfekt, dachte Emma. Instinktiv zog sie ihre alte Polaroidkamera aus der Reisetasche. Sie hatte nicht viel nach Tucson mitgenommen – nur ihren Geldbeutel, Socktopus, Kleider zum Wechseln, die Kamera und ihr Tagebuch, ohne das sie nirgends hinging. Alles andere, auch ihre Ersparnisse, hatte sie in einem Schließfach am Busbahnhof von Vegas gelassen. Die Kamera schoss mit einem Surren ein Foto. Emma beobachtete, wie sich das Bild langsam entwickelte. Getrennte Schwestern treffen sich zum ersten Mal , untertitelte sie es in Gedanken.
    Es war Punkt sechs. Sie setzte sich auf eine Bank, holte einen Maybelline-Klappspiegel aus der Tasche und überprüfte ihr Spiegelbild. Sie trug ein gestreiftes Jerseykleid von Gap, das sie in Cinnamon’s gefunden hatte, einem Secondhandshop in der Nähe von Clarice’ Haus. Außerdem hatte sie eine Menge Lipgloss aufgetragen. Unauffällig beschnüffelte sie ihren Arm. Hoffentlich roch sie nicht nach Busabgasen oder Chili-Chips. Das Treffen mit Sutton erinnerte sie an die vielen ersten Male, die sie einer neuen Pflegefamilie begegnet war. Die Eltern musterten sie immer von oben bis unten und entschieden sofort, ob sie etwas taugte oder nicht. Bitte habt mich gern , hatte sie in unzähligen Küchen oder auf austauschbaren Veranden gedacht. Bitte lass es hier erträglich werden. Bitte lass mich keinen Popel an der Nase haben.
    Ein paar Leute kamen vom Wanderpfad auf den Parkplatz. Emma schaute auf die Uhr an ihrem Handy. Es war zehn nach sechs. Kam Sutton etwa immer zu spät? Solche Leute machten Emma wahnsinnig. Und was sollte sie eigentlich zu ihr sagen? »Hi, Sutton«, improvisierte Emma und probte ihr Lächeln. »Becky hat dich also auch verloren, was?« Sie streckte die Hand aus, schüttelte dann den Kopf und zog sie wieder ein. Sie würden sich doch sicher umarmen, oder? Oh Gott, vielleicht standen sie auch nur wie Ölgötzen voreinander und starrten sich an.
    Der seltsame Film lief wieder in ihrem Kopf ab.
    Wer ließ sich denn aus Spaß fast erwürgen? Sie dachte an die Mädchen, die Travis gestern erwähnt hatte.
    »Oh!«, rief jemand hinter ihr.
    Emma fuhr zusammen, drehte sich um und betrachtete den fremden Mann in Shorts und Polohemd, der ein paar Meter von ihr entfernt stand. Mit seinem grau melierten Haar und dem rundlichen Körperbau erinnerte er Emma an Dr. Lowry, den einzigen Sozialarbeiter, den sie je gemocht hatte, vor allem, weil er sie wie ein menschliches Wesen und nicht wie einen Pflegekind-Freak behandelt hatte.
    Aber dann erinnerte sie sich an das Foto von Charlotte und Sutton mit diesem Mann auf dem Tennisplatz. Bei den Arizona Tennis Classics mit C. und Mr Chamberlain. Dieser Mann gehörte zu Suttons Welt, nicht zu ihrer.
    Ich erinnerte mich allerdings auch nicht an ihn.
    Der Mann wirkte irgendwie besorgt. » W … was machst du denn hier draußen, Sutton?«
    Emma blinzelte heftig, als ihr klar wurde, wie er sie genannt hatte.
    Sie lächelte ihn unsicher an, während ihre Zunge schwer und wie angeschwollen in ihrem Mund lag. Sag niemand, wer du bist , hatte in der E-Mail gestanden. Es ist gefährlich.
    »Ach, ich hänge hier nur so rum«, antwortete Emma und kam sich total bescheuert vor. Auch ihre Handflächen juckten, wie immer, wenn sie Erwachsene anlog.
    »Willst du wandern gehen?«, bohrte Charlottes Dad weiter. »Trefft ihr Kids euch inzwischen hier?«
    Emma schaute zur Straße und hoffte darauf, gleich werde ein Mädchen, das genauso aussah wie sie, aus einem Wagen springen und die Sache aufklären. Ein paar Autos fuhren vorbei. Ein paar Kids fuhren auf Schwinn-Fahrrädern über den Parkplatz und lachten. »Äh, eigentlich nicht.«
    Ein Hund auf dem Wanderpfad bellte laut auf. Emma erstarrte – als sie neun Jahre alt gewesen war, hatte ein Chow-Chow sie gebissen, und seitdem hatte sie Angst vor Hunden. Aber der Hund verbellte nur einen Hasen, der plötzlich um die Kurve gehoppelt war. Charlottes Dad steckte die Hände in die Hosentaschen. »Okay, also bis dann. Schönen Abend noch.« Er walkte mit schnellen Schritten um die Kurve.
    Emma sank auf die Bank. Peinlich. Die Uhr auf ihrem Handy zeigte jetzt 6 Uhr 20 an. Sie klickte ihren Posteingang an, aber sie hatte keine SMS mit den Worten Bin spät dran, aber gleich da! erhalten. Auf einmal erschien ihr ihre Umgebung nicht mehr so zauberhaft wie zuvor.

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