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LYING GAME Und raus bist du

LYING GAME Und raus bist du

Titel: LYING GAME Und raus bist du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shepard Sara
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dann hatte Emma keine Wahl. Sie allein musste herausfinden, was hier eigentlich vorging. Aber sie war nicht allein. Ich fragte mich wieder einmal, warum ich hier bei Emma war und all ihre Schritte beobachtete. Warum ich hinter ihr stehen und zusehen musste, wie sie mein Leben übernahm, mit meinen Freundinnen herumhing und meinen Freund küsste. Die alte Mrs Hunt, unsere gruselige Nachbarin mit den vielen Katzen, hatte einmal zu mir gesagt, Geister blieben in unserer Welt gefangen, wenn sie noch Rechnungen offen hatten, die verhinderten, dass sie unsere Ebene verließen. Vielleicht war auch ich deshalb hier – um den Mord an mir selbst aufzuklären.

11 – Vorsicht vor dem Satansbraten!
    Zehn Minuten später stand Emma im Mädchenklo im ersten Stock der Hollier High. Der rosa geflieste Raum roch nach Ajax und kaltem Rauch. Gottseidank waren unter den Kabinentüren keine Füße zu sehen, und an den Waschbecken stand niemand. Emma war allein.
    Na ja, ich war auch da, aber ich hatte inzwischen akzeptiert, dass das nicht zählte.
    Sie starrte auf ihr tränenüberströmtes Gesicht in dem schmutzigen Spiegel. Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen, Sorgenfalten auf der Stirn und rote Flecken an Wangen und Kinn, wie immer, wenn sie heulen musste. Sie versuchte zu lächeln, aber ihr Mund weigerte sich, mitzuspielen. »Reiß dich zusammen«, tadelte sie ihr Spiegelbild. »Du schaffst es. Du kannst Sutton sein.«
    Sie musste es schaffen, zumindest so lange, bis sie irgendjemanden davon überzeugen konnte, ihr zu glauben. Gestern Abend war es ihr problemlos gelungen, aber da hatte sie auch noch nicht gewusst, was wirklich los war.
    Erneut stieg Trauer in ihr auf und ließ neue Tränen über ihre Wangen rinnen. Sie nahm ein Papiertuch aus dem Spender. Wie oft hatte Sutton wohl dieses Klo benutzt? Wie oft hatte sie sich in diesem Spiegel betrachtet? Was würde sie davon halten, dass Emma ihren Platz einnahm?
    Ich war mir ehrlich gesagt nicht sicher. Wie sollte Emma es schaffen, meinen Mörder zu finden … wenn sie ich war? Es schien unmöglich. Und doch … Emma war außer meinem Mörder die Einzige, die wusste, dass ich tot war. Sie war meine einzige Chance.
    Die Klingel ertönte. Emma tupfte sich ein bisschen Concealer, den sie in Suttons Tasche gefunden hatte, unter die Augen, schüttelte ihr dunkles Haar noch einmal auf und schritt so selbstbewusst als möglich aus dem Mädchenklo, obwohl sich ihr dabei der Magen umdrehte.
    Im Flur wimmelte es von Schülern, die an ihren Schließfächern standen. Mädchen umarmten sich und erzählten begeistert von ihren Urlaubserlebnissen, und Jungs in Football- und Basketballtrikots schubsten sich gegenseitig in die Trinkbrunnen.
    »Hi, Sutton!«, rief ein Mädchen im Vorbeigehen. Emma zwang sich zu einem Lächeln. »Ich freue mich auf deine Party nächsten Freitag!«, schrie ein Junge Emma vom anderen Ende des Flurs aus zu. In einem Klassenzimmer standen zwei Mädchen flüsternd beieinander und zeigten dann direkt auf sie. Emma dachte wieder an den Brief. Den könnte jeder geschrieben haben … sogar jemand aus der Schule.
    Sie zog den Stundenplan aus der Tasche, den Mrs Mercer ihr beim Frühstück gegeben hatte. Glücklicherweise befand sie sich ganz in der Nähe des Klassenzimmers, in dem Suttons erste Stunde stattfand, ein Kurs, der mit F-103 abgekürzt war. Raum 114.
    Als Emma durch die Tür ging, sah sie eine rot-weiß-blaue Flagge an der Tafel hängen. Ein Schild mit dem Schriftzug liberté, égalité, fraternité stand auf dem Lehrerpult. An der Wand hing ein Poster, das einen jungen Mann mit Baskenmütze und einem Baguette unterm Arm zeigte. In einer Sprechblase neben seinem Kopf standen die Wörter: un, deux, trois!
    Emma verzog das Gesicht. Na super. Das F auf dem Plan stand für Französisch. Un, deux, trois waren die einzigen französischen Wörter, die sie kannte. Perfekt. Sie zwang sich, nicht gleich wieder loszuheulen.
    Mehrere Kids lächelten Emma an, als sie den Gang entlangging und sich auf einen Stuhl im hinteren Teil des Raums fallen ließ. Dann bemerkte sie einen bekannten, dunkelhaarigen Typen, der am Fenster saß und auf die Aschenbahn starrte. Es war Ethan, der Sterngucker, den Emma gestern Abend kennengelernt hatte. Mr James Dean. Ethan drehte sich um, als spürte er, dass Emma ihn beobachtete. Als er sie ansah, leuchteten seine Augen auf. Emma warf ihm ein zaghaftes Lächeln zu. Er lächelte zurück. Doch als ein anderes Mädchen an ihm vorbeiging und »Hallo,

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