LYING GAME Und raus bist du
niemand außer dir hat diese Brille. Damit bist du einzigartig.«
Sie klappte die Brillenbügel auf und setzte Madeline das Gestell auf die Nase. Madeline protestierte zuerst, rückte die Brille dann aber gerade und begutachtete sich im Spiegel. Emma lächelte. Sie hatte recht gehabt – die Brille betonte Madelines rundes Kinn und ihre hohen Wangenknochen. Als Mads sich nach links und rechts drehte, sah sie aus wie eine glamouröse Erbin im Urlaub.
Ihre Miene entspannte sich. »Okay, die ist wirklich ganz nett.«
»Sag ich doch.«
»Glaubst du wirklich, sie ist echt?«
»Sie ist echt, okay?«, lispelte der Verkäufer genervt und knallte seine Cosmo auf den Tresen. »Sehe ich etwa aus wie jemand, der Fälschungen verkauft? Kauf sie oder nimm sie von deiner kleinen Rotznase.«
Madeline schob die Sonnenbrille auf ihrem Nasenrücken nach unten und warf dem Verkäufer einen kühlen, arroganten Blick zu. »Ich kaufe sie, vielen Dank.«
Der Verkäufer kassierte schweigend, die Lippen zu einem spitzen Schmollmund verzogen. Sobald Emma und Madeline den Laden verlassen hatten, hielten sie sich aneinander fest und brachen in haltloses Gelächter aus. »Was hatte der denn an?« Madeline schüttelte den Kopf. »Eine tote Katze?«
»Kauf sie oder nimm sie von deiner kleinen Rotznase!«, äffte Emma ihn nach.
»Irre.« Madeline legte Emma den Arm um die Schultern. Ihr wurde ein bisschen leichter ums Herz. Einen Augenblick lang hatte sie ihre aussichtslose Lage tatsächlich vergessen.
Sie schlenderten Arm in Arm an den Boutiquen vorbei. Direkt vor der Rolltreppe erblickte Emma einen ihr bekannten dunklen Haarschopf auf der Ebene unter ihnen. Sie blieb stehen. Das Mädchen stand vor der Edel-Tierhandlung Fetch und begutachtete die Hundespielsachen und mit Nieten besetzten Leinen in der Auslage. Dann reckte sie den Hals, als spüre sie, dass sie jemand anstarrte. Nisha.
Auch Madeline betrachtete Nisha. »Ich habe gehört, sie ist als Nächstes dran«, flüsterte sie Emma ins Ohr. »Morgen zahlen wir es ihr heim.«
»Wie bitte?« Emma runzelte die Stirn.
»Charlotte hatte eine geniale Idee. Wir holen dich morgen um halb acht ab. Sei pünktlich fertig.«
Nisha schaute die Mädchen noch einmal an, warf dann ihr Haar zurück und stolzierte in die Richtung zurück, aus der sie gekommen war. Sei pünktlich fertig? Wofür denn? Sie schaute Madeline fragend an, aber deren Augen waren hinter ihrer neuen Gucci-Sonnenbrille nicht zu erkennen. Emma sah nur ihr eigenes Spiegelbild, das verwirrter aussah als je zuvor.
Mir ging es ebenso. Madelines Tonfall hatte mich nervös gemacht, und ich hatte das Gefühl, dass auf Nisha ein sehr … unangenehmes Erlebnis wartete. Aber sowohl Emma als auch ich würden bis morgen warten müssen, um herauszufinden, worum es sich dabei handelte.
15 – Der Tatort
Am folgenden Morgen fuhr Charlotte in ihrem schwarzen SUV so schwungvoll bei den Mercers vor, dass sie beinahe eine Mülltonne umstieß. Laurel kletterte schnell auf den Rücksitz. Madeline reichte ihr einen riesigen Starbucks-Becher. »Danke noch mal, dass ihr mich mitmachen lasst«, sagte Laurel begeistert.
»Du hast ein paar echt gute Ideen beigetragen«, murmelte Charlotte und tippte etwas in ihren BlackBerry. »Das verdient Anerkennung.«
Emma stieg neben Laurel ein. Madeline reichte auch ihr einen Becher heißen Kaffee, obwohl Emma keinen bestellt hatte. Sie nahm einen Schluck und verzog das Gesicht. Schwarz mit Süßstoff, igitt . Geschmacksknospen waren offenbar auch bei eineiigen Zwillingen unterschiedlich ausgebildet. »Was ist eigentlich los?«, fragte sie.
Charlotte winkte ihr mit dem kleinen Holzstab zu, mit dem sie ihre Latte macchiato umgerührt hatte. »Entspann dich einfach, Sutton. Diesmal sind wir dran. Du musst nur die Show genießen.«
Charlotte verließ Suttons Viertel und fuhr an dem Park vorbei, in dem Emma mit Ethan Tennis gespielt hatte. »Ich habe das Timing perfekt geplant«, sagte Charlotte leise. »Ich beobachte Nisha seit Montag.«
»Hast du gestern Abend alles vorbereitet?« Madeline trug ihre neue Gucci-Sonnenbrille. Das Sonnenlicht spiegelte sich in den goldenen Gläsern und warf Lichtreflexe durchs Auto. Charlotte nickte. »Es wird euch gefallen.« Sie verrenkte den Hals und schaute Laurel an. »Hast du mit Du-weißt-schon-wem gesprochen?«
»Jawoll«, kicherte Laurel.
»Perfekt!«
Minuten später fuhren sie auf den Schulparkplatz. Schulbeginn war erst in einer halben Stunde, deshalb waren die
Weitere Kostenlose Bücher