LYING GAME Und raus bist du
wie ein roter Teppich für eine Königin. Ich konnte nur zusehen …
31 – Das ist nicht witzig, ihr Biester
Die unscharfe Gestalt packt meine Schultern und zieht mich aus dem Kofferraum. Ich schlage mir das Knie an und verdrehe mir den Knöchel, als ich auf dem Boden aufschlage. Hände drücken sich auf meine Schultern und schieben mich vorwärts. Ich senke den Kopf und versuche, den Boden unter mir zu erkennen, aber es ist zu dunkel. In der Ferne rieche ich ein Wüstenfeuer, aber ich habe keine Ahnung, wo ich bin. Vielleicht in Tucson, vielleicht auf dem Mond.
Dieselben Hände drücken mich auf einen Stuhl, der sich unter meinem Hintern wie ein hartes Brett anfühlt. Ich versuche zu schreien, der Knebel in meinem Mund ist nass von meinem Speichel.
»Halt’s Maul«, zischt jemand.
Ich versuche, die Person vor mir zu treten, aber mein Fuß schlägt hilflos in die Luft.
Wieder knirscht Kies, und dann klickt etwas leise. Durch die Augenbinde sehe ich ein kleines LED -Lämpchen. Ich beiße heftig in den Knebel.
»Los«, flüstert eine Stimme. Ein Mädchen. Wieder knirschen Schritte, dann packt jemand meinen Hals. Die Kette, an der das Medaillon hängt, das ich nie ablege, gräbt sich in meine Kehle. Mein Kopf wird nach hinten gerissen. Ich ringe die Hände, kann sie aber nicht aus den Fesseln befreien. Dafür strampele ich wie wild, treffe aber nur den kalten, harten Boden.
»Stärker«, flüstert jemand. »Ein bisschen weiter nach oben«, setzt jemand anders hinzu. Die Kette schnürt mir die Kehle zu. Ich versuche zu atmen, aber meine Luftröhre ist zusammengedrückt. Meine Lungen schreien nach Luft, mein ganzer Körper beginnt zu brennen. Ich werfe den Kopf vor und sehe das kleine rote Licht, das mich immer noch verfolgt. Zwei Gestalten ragen daneben auf. Ich sehe weiße Zähne, glitzernden Schmuck. Ich sterbe, denke ich. Sie bringen mich um.
Um mich herum wird alles grau, Flecken tanzen vor meinen Augen. Mein Herz hämmert, mein Gehirn verlangt verzweifelt nach Sauerstoff. Ich will mich wehren, aber auf einmal bin ich zu schwach, um zu treten oder zu strampeln. Meine Lungen wollen schaudernd aufgeben. Vielleicht wäre das am einfachsten. Nach und nach ergeben sich meine Muskeln. Das ist so herrlich entspannend wie ein Nickerchen nach dem Tennis. Alle Geräusche um mich herum verstummen. Ich sehe nur noch einen hellen Tunnel. Auch die Kette an meiner Luftröhre fügt mir keinen Schmerz mehr zu. Ich spüre, wie mein Kopf nach vorne sinkt. Dunkelheit umfängt mich. Ich sehe keine Engelsvisionen. Ich habe immer noch Angst, aber sie ist weit weg. Es hat keinen Sinn mehr, gegen den Tod anzukämpfen.
Ganz, ganz weit entfernt höre ich scharfes Flüstern. Dann ruft jemand meinen Namen. Ein gedämpfter Aufschrei ertönt, und dann weitere Schritte. Etwas Schweres fällt dumpf zu Boden. Sekunden später spüre ich, wie jemand mir die Augenbinde abnimmt und meine Wange berührt.
»Sutton?«, ruft jemand sanft. Ein Junge. Wind streicht mir übers Gesicht. Mein Haar kitzelt mir die Stirn. »Sutton?«, ruft die Stimme wieder.
Langsam finde ich wieder ins Bewusstsein zurück. Meine Fingerspitzen kribbeln. Meine Lunge dehnt sich aus. Ein heller Fleck erscheint vor meinen Augen, dann ein zweiter. Mein Augenlid zittert. Ich öffne die Augen und starre benommen umher. So habe ich mich gefühlt, als ich nach meiner Mandeloperation aus der Narkose aufgewacht bin. Wo bin ich?
Mein Blick klart auf, und ich sehe ein leeres Stativ vor mir. Daneben liegt eine Videokamera im Gras, das rote LED -Lämpchen blinkt jetzt. Ich sitze auf einer Lichtung, sehe aber weder Autos noch irgendwelche Lichter. Es riecht ein bisschen nach Rauch. Dann bemerke ich, dass jemand neben mir kniet. Ich zucke zusammen. »Bist du okay?«, schreit die Person. Er berührt das Seil, mit dem meine Hände gefesselt sind. »Jesus«, sagt er halblaut.
Ich schaue ihn desorientiert an. Er hat kurzes Haar und leuchtend blaue Augen, und er trägt ein schwarzes T-Shirt, grüne Cargohosen und schwarze Chucks. In der Hand hält er eine schwarze Augenbinde. Einen Moment lang frage ich mich, ob er mir das angetan hat, aber er schaut mich gleichzeitig so besorgt und angeekelt an, dass ich den Gedanken sofort wieder verwerfe. »Ich sehe nicht sehr gut«, sage ich mit heiserer Krächzstimme. »Wer ist da?«
»Ethan«, sagt er. »Ethan Landry.«
Ich blinzele. Ethan Landry. Meine Gedanken scheinen im Schlamm festzustecken, und einen Augenblick lang weiß ich nicht, woher
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