Lykandras Krieger 1 - Wolfsängerin (German Edition)
Im Gegenteil.
„Was geschieht, wenn ein Werwolf das Blut eines Vampirs trinkt? Wird er dann ein Werpir oder ein Vamwolf?“ Sie fand ihren Scherz gelungen und spürte, wie sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht bildete, das noch größer wurde, als sie merkte, dass auch Remierre sich darüber amüsierte und sich sein Gesicht etwas aufhellte.
„Vampire sind gegen Wolfsbisse immun, genauso wie Werwölfe so viel Vampirblut trinken können, wie sie wollen, ohne dass es Auswirkungen hätte.“
„Und was hat Auswirkungen auf einen Werwolf?“
„Das ist ein Geheimnis.“ Nun war er es, der sie mit seinem Schmunzeln ansteckte.
„Noch ein Geheimnis also.“
„Je mehr Geheimnisse ein Mann hat, desto interessanter ist er für eine Frau.“
War das etwa ein Flirtversuch? Sie war nicht ganz sicher, denn bisher hatte sich Remierre eher reserviert gezeigt. Außerdem schien ihr diese Aussage nicht ganz zu einem Adligen aus dem 18. Jahrhundert zu passen.
„Und ich dachte immer, es sei andersherum“, sagte sie und musterte ihn aus dem Augenwinkel. Er war wahrhaftig ein Bild von einem Mann mit einem Profil zum Dahinschmelzen. Ihr Blick fiel auf seine wilden Haare, die er zu einem Zopf gebunden hatte und der nun in seinem Nacken lag. Optisch gab es wirklich nichts an ihm auszusetzen. Ganz im Gegensatz zu ihr, der Brillenschlange Joli, die mit ihren 24 Jahren gerade mal mit einem festen Freund aufwarten konnte, der sie auch noch nach Strich und Faden belogen hatte. Sie beschloss diese Gedanken nicht weiter zu vertiefen, denn das Thema war zu frustrierend.
Remierre bog in die nächste Ausfahrt ein, die nach Moorgrund führte. Zumindest behaupteten das die Ausschilderungen. Angeblich trennten sie nur noch acht Kilometer von ihrem Zielort. Joli lauschte der Musik aus dem Autoradio, während sie einen Blick in den Rückspiegel warf. In dem kleinen Kofferraum lagen ihre Reisetasche und Remierres Ausrüstung, verstaut in einem altmodischen Koffer. Sie fragte sich, was genau er mitgenommen hatte. Bevor sie losgefahren waren, hatte er eine Andeutung gemacht. ‚Jagdinstrumente.’ Vermutlich handelte es sich um sein Spezial-Equipment zur Vernichtung von Vampiren. Wenn sie hier auf der richtigen Fährte waren, würde seine Ausrüstung schon bald zum Einsatz kommen. Sie konnte nur hoffen, dass alles gut gehen würde und spürte, wie ihr Hals ganz trocken wurde, bei dem Gedanken den Vampiren zum ersten Mal gegenüberzutreten. Noch immer fühlte sie sich nicht wirklich vorbereitet. Hoffentlich wusste Remierre, was er tat. Sie wollte lieber nicht daran denken, was geschah, wenn er den Blutsaugern nicht gewachsen war und sie ihm etwas antun würden.
Zehn Minuten später erreichten sie Moorgrund, das sich hinter einem Waldgebiet versteckte. Wie zu erwarten war, handelte es sich um eine überschaubare Gemeinde mit nur wenigen Häusern, die alle im Heile-Welt-Stil gehalten waren. Remierre parkte den Wagen in einer kleinen Seitenstraße, welche die einzige Hauptstraße der Gemeinde im Zentrum der Ortschaft kreuzte.
„Endlich.“ Remierre klang erschöpft. Er öffnete die Wagentür und stieg aus. „Das ist es also.“ Er erhob sich zu seiner ganzen beeindruckenden Größe und drehte sich einmal um sich selbst. „Ich hatte etwas anderes erwartet. Bist du dir sicher, dass es das richtige Moorgrund ist?“
Joli tat es ihm gleich. Nachdem sie sich um ihre Achse gedreht hatte, hatte sie alles gesehen, was es in dieser Gemeinde zu sehen gab. „Es ist das einzige Moorgrund, das ich finden konnte. Die Moorgrunder haben sogar eine eigene Webpräsenz.“
„Machen wir uns auf die Suche nach dem Friedhof.“ Er lief die Straße hinunter zur großen Kreuzung.
„Viel los ist hier aber nicht“, sagte Joli und hechtete hinter ihm her. „Nun ja, wen wundert es. Man kann hier ja auch nicht viel unternehmen.“ Sie richtete den Blick gen Norden, hin zu einem Hügel unweit entfernt, auf dem ein altes Schloss erhaben über der Landschaft thronte. „Sieh mal, Rem. Dort drüben.“
„Wie war das?“
„Dort drüben.“ Sie deutete mit dem Zeigefinger auf ihre Entdeckung. Der Hügel, auf dem das Jagdschloss stand, ragte wie eine Insel aus dem Waldmeer.
„Wie hast du mich gerade genannt?“
„Oh, ähm, Rem.“ Sie schabte verlegen mit dem Turnschuh im Kies. Er war ihr doch hoffentlich nicht böse deswegen.
Doch statt sich zu empören, stemmte er die Hände in die Seiten und lachte. „So hat mich schon lange niemand mehr genannt.“ Ein
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