Lykandras Krieger 1 - Wolfsängerin (German Edition)
sein Rudelführer hatte erleiden müssen. Seitdem waren Menschen für ihn bestenfalls Abschaum und es nicht wert, sich ihrer anzunehmen. Viele Mitglieder des Rudels hatten es ähnlich gesehen, aber eben nicht alle.
Remierre hatte sich nach dem erfolgreichen Angriff der Werwölfe zurückgezogen, um sich in einen Menschen zu verwandeln und nach den Dirnen zu suchen, um sie sicher in die Stadt zu geleiten, denn ihr Schicksal war ihm nicht gleich gewesen. Er war bei den Menschen aufgewachsen, ein Teil von ihm gehörte zu ihnen.
Das Knacken eines Zweiges unter seiner Pfote riss ihn in die Gegenwart zurück. Er würde seinen ersten Auftrag nie vergessen.
Remierre beschloss, zu Joli zurückzukehren, obgleich seine Neugierde, was den Duft dieser Wölfin betraf, längst nicht gestillt war. Je länger er darüber nachdachte, desto sicherer war er sich, ihren Geruch schon einmal wahrgenommen zu haben. Der Duft hatte etwas Vertrautes an sich. Remierre hatte sich zwar eine Art Datenbank der Gerüche angelegt, doch nach 200 Jahren war einiges an Geruchsinformationen zusammengekommen, sodass er diesen Geruch im Moment nicht zuordnen konnte.
Joli saß noch immer auf der Bank mit dem Rücken ihm zugewandt und blickte in die Richtung, aus der sie ihn erwartete.
Remierre wollte sich zurückverwandeln, als er jedoch ihren blumigen Duft empfing und inne hielt. Hätte er diesem Geruch eine Farbe zuordnen müssen, er hätte ein zartes Rosé gewählt, weil ihr Duft so lieblich und süß war, dass er ihn berauschte.
Er schloss die Augen und genoss das Aroma, das ihn von innen zu beleben schien. Es war frisch, lebendig und erinnerte ihn an den Frühling, wenn die Natur zu neuem Leben erwachte. Noch nie hatte er solch einen frischen Duft bei einem Menschen gerochen. Jolis Duft verzauberte ihn. Er nahm ihn in sich auf und hatte plötzlich eine Vorstellung davon, wie ihre sinnlichen Lippen schmecken könnten. In ihm erwachte ein brennendes Verlangen, sie zu küssen, zu liebkosen, ihren Duft aus nächster Nähe einzuatmen und ihren Körper an seinem zu spüren. Während er langsam auf sie zu ging, erhob er sich auf die Hinterläufe. Er wollte ihr nah sein. Sie berühren.
Die Verwandlung setzte ein, und wie er es zuvor beschrieben hatte, rauschte das Blut heiß durch seine Adern und sammelte sich zwischen seinen Beinen. Einen Moment lang wurde ihm schwindelig, da die Verwandlung ganz schnell ging und ein Großteil seines Blutes in seine Lenden floss. Er wollte nicht nur ihrem Duft nahe sein, sich an ihm berauschen, er wollte in ihr sein, sie spüren, sich in ihr bewegen. Schnell und kraftvoll. Er spürte die zunehmende Hitze, die in ihm hochstieg. Bevor er seine Gedanken unter Kontrolle bringen konnte stand er auch schon hinter ihr.
Zwei kühle Hände legten sich plötzlich auf ihre Schultern. Joli zuckte zusammen.
„Keine Angst, ich bin es“, vernahm sie Rems Stimme.
Er stand hinter ihr und drückte ihren Hinterkopf sanft an seine Bauchmuskeln. Oh, es tat so gut, seine Nähe zu spüren. Gott sei Dank war er wieder bei ihr. Nicht auszudenken, wenn die angriffslustige Wölfin zurückgekehrt wäre und sie erneut bedrängt hätte.
Sie schmiegte ihren Kopf dankbar und zugleich erleichtert an seine warme Haut. Seine Haut.
Ihr Blick glitt zu seinen Kleidern, die nach wie vor ordentlich zusammengelegt und gestapelt neben ihr auf der grüngestrichenen Holzbank lagen.
Er war nackt. Vollkommen nackt. Und er drückte sie an sich, wie es sonst nur ein Liebhaber tat.
„Alles ist gut, die Gefahr ist vorüber“, flüsterte er. Seine Lippen berührten zart ihren Schopf.
Joli drehte den Kopf, um ihm in die Augen zu sehen. Sorge lag in seinem Blick, aber auch etwas anderes. Etwas, das sie aufwühlte, nervös machte.
Sanft strich er ihr eine Strähne aus dem Gesicht. Seine Fingerspitzen auf ihren Schultern zu spüren, ganz nah an ihrem Hals, zu dem sie nun glitten und ihn streichelten, fühlte sich so herrlich sinnlich an. Joli überlegte, ob sie aufstehen sollte, um ihn zu umarmen, oder vielmehr, um in seine Arme zu fallen. Doch sie fürchtete diesen wunderbaren Moment durch eine unbedachte Bewegung zu zerstören. Seine Hände wanderten über das Gestell ihrer Brille und nahmen sie behutsam ab. Er betrachtete ihr Gesicht.
„Ich bin froh, nicht weitsichtig zu sein. Sonst könnte ich dich nicht sehen. Das wäre sehr schade“, sagte sie. Sie liebte sein warmes Lächeln.
„Wozu sehen, wenn man auch fühlen kann?“
Seine Hand glitt über ihr
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