Lykandras Krieger 1 - Wolfsängerin (German Edition)
verliere alles Menschliche, bin aber auch kein Tier. Vielmehr ein Monster.“ Sein Blick traf den ihren. „Du würdest dich vor mir fürchten, wenn du mich in dieser Gestalt sehen würdest.“
Joli schüttelte den Kopf, um ihm zu zeigen, dass sie sich nicht vorstellen konnte, vor ihm zurückzuschrecken. Nicht wenn sie wusste, dass es Remierre war, der vor ihr stand.
„Ich versuche, mich dem Vollmond nicht auszusetzen. Die Verwandlung ist sehr schmerzhaft, auch wenn ich mittlerweile lernte, sie zu steuern und zu beschleunigen.“
Kein Wunder sprach er nicht gerne darüber. „Also gab dieser Baal nicht nur Pyr und ihren Kindern Nachteile. Auch die Werwölfe müssen unter seinem Fluch leiden?“
„Das haben Flüche so an sich. Baal trieb ein übles Spiel mit beiden Schwestern. Sein Ziel war und ist es, die Seelen der Vampire und Werwölfe an sein Reich zu binden. Er weiß, dass sie sich früher oder später gegenseitig vernichten oder der Ewigkeit und ihrer eigenen Existenz überdrüssig werden.“
„Ich stell es mir schön vor, ewig zu leben“, sagte Joli nachdenklich. „Wie kann man dessen überdrüssig werden?“
Rem schmunzelte und sah sie an, als hätte er diese Frage schon mehr als ein Mal gehört.
„Das kann nur eine Sterbliche fragen.“
„Wie meinst du das?“
„Lebe erst mal einige hundert Jahre, dann weißt du, wovon ich spreche. Irgendwann verliert alles seinen Reiz.“
„Wirklich alles?“ Joli konnte sich das kaum vorstellen. Die Welt war doch so groß, es gab immer etwas Neues zu entdecken.
Er musterte sie auf merkwürdige, fast sehnsüchtige Weise und seine hellen Augen wirkten mit einem Mal geradezu feurig.
„Fast alles.“
„Hast du etwas dagegen, wenn ich zuerst unter die Dusche gehe?“, fragte Joli, nachdem sie sich auf ihr Doppelzimmer zurückgezogen hatten.
„Nein, geh ruhig.“
Sie nahm den Kulturbeutel aus ihrer Reisetasche und verschwand im Bad. Sie streifte ihre Kleider ab, von denen sie gehofft hatte, Rem würde sie ihr in wilder Leidenschaft vom Leib reißen. Aber daraus würde heute wohl nichts.
Sie schaltete die Heizung ein und stieg in die Kabine, um das Wasser heiß aufzudrehen. Gleichmäßige, feine Strahlen prasselten auf sie herab, während sie die Kabinentür zuschob und mit beiden Händen durch ihr nasses Haar fuhr. Ach, was für eine Wohltat. Sie schloss die Augen und genoss diesen entspannenden Moment. Ihre Hände glitten von ihren Haaren über ihren Hals, zu ihren Brüsten. Sie traute sich nicht, den Kristall zu berühren, der in deren Mitte prangte. Stattdessen wanderten ihre Finger hinab zu ihrem Bauch, der nun, nachdem sie Schweinshaxe und Schupfnudeln zum Abendbrot gegessen hatte, leicht gewölbt hervorstand. Sie wünschte sich, es wären Remierres Hände, die sie dort und an empfindlicheren Stellen berührten.
Seit sie nach Moorgrund zurückgekehrt waren hatte er sich eigenartig verhalten und sie fragte sich warum. Vermutlich hatte es etwas damit zu tun, dass sie ihn erregt hatte. Joli gehörte wahrlich nicht zu den Menschen, die von sich selbst eingenommen waren. In diesem Fall aber war es nur zu offensichtlich, was oder viel mehr wer ihn so sehr aus der Fassung gebracht hatte. Insgeheim wünschte sie, er würde dort weiter machen, wo er auf dem Friedhof aufgehört hatte.
Jolis Hand tastete sich die Wand entlang, auf der Suche nach der Halterung, auf der sie ihr Duschgel abgestellt hatte. Als sie die Halterung endlich fand und ins Leere griff, stellte sie ernüchtert fest, dass sie ihren Kulturbeutel noch gar nicht geöffnet hatte. Seufzend schob sie die Kabinentür zurück, um das nachzuholen, als sie aus leicht zusammengekniffenen Augen eine große Gestalt bemerkte, die gerade dabei war, ihrerseits die Kabinentür zurück zu schieben. Joli machte überrascht einen Schritt zurück und prallte gegen die geflieste Wand. Wasser rann in ihre Augen, Mund und Nase. Erschrocken schnappte sie nach Luft. Mit beiden Händen wischte sie sich rasch das Wasser aus den Augen, als sie sein Blick traf. Sein Gesichtsausdruck wirkte entschlossen und in seinen Augen bemerkte sie ein eigenartiges Funkeln, das ihr einen heißkalten Schauer über den Rücken jagte.
Er stieg zu ihr in die Kabine und legte besitzergreifend beide Hände auf ihre Hüften und sah ihr dabei tief in die Augen.
„Joli“, flüsterte er.
Ehe sie antworten konnte, umschlossen weiche Lippen ihren Mund.
Remierre. Seine Zunge erforschte ihren Mund und Joli erwiderte den Kuss voller
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