Lykandras Krieger 3 - Wolfskriegerin (German Edition)
die nach Halt suchten. Er war versucht, ihre Hand zu nehmen, sie festzuhalten, ihr diesen Halt zu geben, doch ihre raue Schale hielt ihn ab.
Sie fuhr sich mit der Hand über die Stirn, als würde sie eine Kopfschmerzattacke quälen. Jetzt sah sie deutlich blasser aus als vorhin. Irgendetwas stimmte nicht mit ihr.
„Ich … ich fühle mich nicht gut, tut mir leid“, sagte sie, warf ein paar Münzen auf den Tisch, schob den Stuhl zurück, der knarrend über den Holzboden schabte, und stand auf.
Killian erhob sich ebenfalls. Viel rascher, als er eigentlich beabsichtigt hatte. „Wohin gehst du?“, fragte er und sein Herz klopfte schnell.
„An die frische Luft.“
Er folgte ihr, drückte dem Wirt im Gehen einen Schein in die Hand und erreichte mit ihr gemeinsam die Tür. Frische Abendluft wehte ihnen entgegen. Keira straffte die Schultern, atmete tief durch und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie bekam wieder etwas Farbe, wirkte aber noch mitgenommen. Und das so plötzlich. Hatte er etwas Falsches gesagt oder getan?
„Tut mir leid. Ich wollte dir den Abend nicht verderben“, flüsterte sie.
„Nicht schlimm. Es war dennoch ein netter Abend.“ Und das war nicht gelogen. Er war nicht enttäuscht, sondern besorgt.
„Ich bin es gewöhnt, allein zu arbeiten“, griff sie das Thema wieder auf. „Eigentlich hätte ich einen Lehrmeister haben sollen.“ Sie lief die Straße hinunter und Killian folgte ihr. „Jemand, der mich unterweist, der mich lehrt, zu überleben, der meine Fähigkeiten schult und mich zur Kriegerin ausbildet. Ich habe diesen Lehrmeister lange gesucht, ihn aber nie gefunden und es schließlich aufgegeben.“
Sie blickte ihm in die Augen. „Es gibt vieles, das ich mir selbst beibringen musste.“ Sie schob einen Kieselstein mit dem Stiefel vor sich her, bis dieser gegen eine Mülltonne stieß und eine Katze aufschreckte.
„Hat dich ein Werwolf verwandelt und dann allein gelassen?“
„Nein.“
Sie schüttelte den Kopf und ihre dunkelblonden Locken flogen hin und her. Wie schön sie im Licht des silbernen Mondes aussah. Surreal. Wie ein Engel.
„Der Mann, der mein Mentor hätte sein sollen, starb durch die Hand eines Vampirs. Er konnte mir nicht alles zeigen, alles beibringen, was ich hätte wissen müssen. Ich war auf mich allein gestellt, lernte, mich selbst zu versorgen, ohne Geld in den Taschen, ging auf die Jagd, lebte von dem, was ich erbeutete. So ging das eine Weile, bis mich ein Rudel fand.“
„Du warst Mitglied eines Rudels?“
Sie nickte.
„Das nenne ich Glück.“
„Nein, es war alles andere als das. Und ich blieb nur kurze Zeit. Ich sagte doch, ich arbeite lieber allein.“
Sie blieb stehen, stützte sich mit einer Hand an einer Straßenlaterne ab und atmete tief durch. Ihr Haupt senkte sich und ihre Locken flossen wie flüssiges Gold über ihre Schultern, verdeckten ihr Gesicht. In diesem Moment wirkte sie schwach, geradezu gebrochen und Killian verspürte den Drang, sie in die Arme zunehmen, zu halten, zu trösten, aber noch ehe er sich ihr näherte, richtete sie sich auf und drehte sich mit gestrafften Schultern zu ihm um.
„Ich weiß, dass du meine Gesellschaft wünschst“, sprach sie aus, was er nicht zu sagen, nicht einmal zu denken gewagt hatte. „Aber das ist keine gute Idee. Glaub mir. Ganz und gar keine gute Idee.“
Er war perplex, wusste nicht, wie er reagieren, was er sagen sollte. In ihm war der irrationale Wunsch, ihr nah zu sein, obwohl er sie kaum kannte.
„Ich wünsche dir viel Glück mit deiner Mission.“
Ihre Augen waren kalt und fern. Es schmerzte ihn, sie so zu sehen. Sie wirkte kühl, abweisend.
„Unsere Mission“, beharrte er, denn er wollte sie wiedersehen. Er musste! Und er wollte auch jetzt nicht, dass sich ihre Wege trennten. Es war unendlich lange her, seit er zuletzt in Gesellschaft von Wesen seiner Art gewesen war. Er hatte vergessen, wie sich das anfühlte. Ihre Nähe wirkte befreiend. Aufregend. Ein Abenteuer. Aber er empfand auch eine merkwürdige Geborgenheit, ein Gefühl, als sei er zu Hause angekommen, obwohl er sich nirgends mehr zu Hause gefühlt hatte. Bis heute.
Sie lachte, tief und kehlig, schüttelte dabei ihren Kopf.
„Ich meine das ernst“, sagte er. „Du hast gute Anlagen. Ich spüre, dass du eine hervorragende Wolfskriegerin sein könntest. Lass mich deine Ausbildung beenden. Du sagtest, du hast immer nach einem Lehrmeister gesucht. Ich bin ein Krieger, ich habe die Erfahrung und schon andere
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