Lykandras Krieger 3 - Wolfskriegerin (German Edition)
liebe dich, Joli“, flüsterte er in ihr Ohr.
Doch seine Stimme klang so fern, dass sie nur raten konnte, was er gesagt hatte, und im nächsten Augenblick war sie eingeschlafen.
Das Nächste, was Joli spürte, war der kalte Steinboden unter sich. Sie versuchte, ihn mit der Hand abzutasten, aber das war unmöglich, denn ihre Handgelenke waren festgebunden. Auch um ihre Füße lagen Fesseln. Erschrocken riss sie die Augen auf. Wo war sie?
Es dauerte eine Weile, ehe sich ihre Augen an die neue Umgebung gewöhnt hatten. Der Raum war düster. Ein paar Fackeln brannten an steinernen Wänden, spendeten genügend Licht, um Einzelheiten erkennen zu lassen. Der Ort war ihr vertraut. Es fühlte sich an, als wäre sie schon einmal hier gewesen. Vor nicht allzu langer Zeit. Riesige Steinquader türmten sich zu gewaltigen Wänden auf. Das Gebäude musste sehr alt sein. Die Fenster hingen direkt unter der gewölbten Decke. Sie musste sich in einem riesigen Kellerraum befinden. Aber wie war sie hierhergekommen? Wer hatte sie an diesen finsteren Ort gebracht?
Joli spürte, dass sie nicht allein war. Jemand war im Schatten und beobachtete sie. Ihr Herz schlug schneller, als sie in der Dunkelheit eine bedrohliche Bewegung ausmachte.
„Rem?“, rief sie aufgeregt, doch es antwortete niemand. Sie zog an den Fesseln, versuchte, sich zu befreien, doch sie saßen zu fest. „Wer sind Sie? Was haben Sie mit mir vor?“
Knarrend schob sich eine mächtige Tür auf und Schritte klangen zu ihr herüber. Viele Schritte. Der Raum füllte sich. Sie versuchte, den Kopf zu wenden, um die Fremden zu erkennen, doch sie trugen schwarze Kutten, die ihre Gesichter verbargen. Die Männer schritten zu ihr herüber. Geisterhaft. Langsam. Fast schienen sie zu schweben. Sie sahen wie Gespenster aus. Allmählich bildeten sie einen Kreis um sie. Joli erkannte Hände, die unter den langen Ärmeln hervorragten und je eine Kerze hielten. Ihre Haut war totenbleich. Dicke Adern schlängelten sich über die Handrücken und die spindeldürren Finger.
„Wer seid ihr?“, rief sie, aber niemand antwortete. Stattdessen setzten sie sich geisterhaft in Bewegung,schritten um sie herum, stimmten leise Gesänge an, die mehr ein Flüstern waren und ihr eine Gänsehaut bereiteten.
„Hilfe! Hört mich denn niemand? Ich bin hier unten!“ In Schloss Hornbach! Plötzlich wusste sie es wieder. Das Sanatorium, in das man sie gebracht hatte, weil sie von ihrem Freund, dem Werwolf Remierre, fantasierte. Aber Rem existierte nicht, er war nur ihrer Traumwelt entsprungen. Es gab keine Werwölfe und keine geisterhaften Gestalten. Sie musste nur aufwachen. Aber wenn das so einfach wäre.
Die Stimmen der Männer wurden lauter und eindringlicher. Joli geriet in Panik, wollte fort von hier. Erneut riss sie an ihren Fesseln, aber die zogen sich noch fester um ihre Glieder, schnitten ihr ins Fleisch.
„Dr. Freck, helfen Sie mir!“, rief sie in Panik, da trat der stumme Beobachter aus dem Schatten und sie erkannte in dem hageren Mann mit dem weißen Kittel und den Heuschreckenbeinen ihren behandelnden Arzt wieder.
„Ich bin schon hier, Fräulein Balbuk“, sagte er, beugte sich zu ihr herunter und grinste sie an.
Seine schmale Oberlippe zog sich hoch und sie erkannte die spitzen Eckzähne, die tödlich blitzten. Ein Vampir! Dr. Freck war ein Vampir! Er sprang auf und riss beide Arme in die Höhe. Abrupt hielten die Kuttenträger inne.
„Dies ist die Nacht, in der unsere Königin zu uns zurückkehren wird! Lang lebe Pyr!“
Aus seiner Kitteltasche zog er ein Pergament, das er ausrollte und in einer fremden Sprache las er vor, was dort geschrieben stand. Die Kuttenträger stellten ihre Kerzen zwischen ihren Beinen ab und pressten die Handflächen aneinander, als würden sie beten. Mehrstimmig hallte ihr Gesang durch das Gewölbe, einige Stimmen klangen tief und grollend, andere hoch und sanft wie die von Engeln. Doch es waren keine freundlich gesonnenen Engel, sondern welche, die Angst einjagten, Gänsehaut bereiteten.
„Heute Nacht öffnen wir ein Portal in die Unterwelt. Pyr wird unseren Ruf erhören und ihm folgen. Das Sternenlicht wird ihr den Weg in unsere Welt leiten, um in den Körper dieser Frau einzufahren und ihn in Besitz zu nehmen“, verkündete Freck und lachte irre.
Dann warf er das Pergament achtlos weg, zückte einen Dolch und beugte sich zu ihr herunter, hielt die blitzende Klinge dicht vor ihr Gesicht. Was hatte dieser Verrückte vor? Sie kannte die
Weitere Kostenlose Bücher