Lykandras Krieger 3 - Wolfskriegerin (German Edition)
das, was zwischen den Welten ist, haben besondere Gaben, welche die eines normalen Vampirs übersteigen. Manche von uns, jene, in denen das Blut Leonidas besonders stark ist, besitzen sogar mehr als nur eine Gabe, verstehen es, in die Köpfe anderer zu dringen oder ihre Schatten auszusenden.“
Er ließ von dem Mädchen ab und es beruhigte sich. Der Knebel in ihrem Mund verhinderte, dass sie schrie und die Zeremonie störte.
„Die Geschichte des Leonidas’ soll uns warnen. Vor Leichtgläubigkeit, falschen Freunden, vor der Gier nach Macht.“
Der Sprecher legte eine Pause ein, ehe er mit einer Hand zu der golden gekleideten Gestalt deutete.
„Heute Nacht ehrt uns ein besonderer Gast mit seiner Anwesenheit. Ihr alle habt von ihm gehört, ist er ein enger Vertrauter des Mächtigsten. Liebe Schwestern, liebe Brüder, begrüßt mit mir den Empathen Ror.“
Die Vampire klatschten begeistert und Ror verbeugte sich vor ihnen. Killian sagte dieser Name etwas. Er meinte, ihn schon einmal gehört zu haben. Ja, das war im Zusammenhang mit Lord Vasterian. Aber was machte er hier bei diesen Abtrünnigen?
„Dies ist eine besondere Nacht, meine Kinder. Nicht allein feiern wir unsere Opfernacht, es ist auch ein Wendepunkt für uns alle, eine neue Ära wird beginnen.“
Killian spürte, dass die Wölfe zu ihm blickten. Sie warteten auf sein Zeichen.
„Ihr habt es gesehen, ich habe es gesehen. Pyr wird zurückkehren und es ist an uns, dies zu verhindern. Ich habe alles in die Wege geleitet und noch heute Nacht, das verspreche ich euch, wird der Spuk ein Ende haben und wir werden die Anerkennung erfahren, die uns zusteht.“
Er riss die Arme in die Höhe, sodass die Kuttenärmel über seine Ellenbogen glitten und zwei spindeldürre bleiche Ärmchen entblößten. Erneut brachen die Vampire in Jubel aus.
Keira saß noch immer in Rems Wagen und kämpfte mit ihren Dämonen. Irgendwie schaffte es Kill immer wieder, sie aus ihrem Wahnzustand zurückzuholen. Aber jetzt war er nicht hier. Sie sehnte sich nach ihm. Nach seinen Berührungen. Und den Gefühlen, die er auslöste. Er war eine Art Grashalm, an dem sie sich festhalten konnte, um nicht im Sumpf aus Wahnsinn zu versinken.
Ein Blick auf die Uhr des Autoradios verriet, dass die anderen seit über einer Stunde fort waren. Das dauerte verdächtig lange. Plötzlich bemerkte sie eine Bewegung im Rückspiegel des Wagens. Erschrocken fuhr sie herum und sah eine junge Frau, die durch den Wald schlich. Sie wirkte desorientiert, wie jemand, der sich verlaufen hat und zugleich nachtblind ist. Sie bewegte sich sehr vorsichtig und hatte die Arme leicht nach vorne ausgestreckt. Ein riesiger Schatten ging ihr voran, seltsamerweise sah er jedoch nicht wie der Schatten einer Frau aus, und dann erkannte Keira ihr Gesicht. Joli! Was machte sie hier? Ihre Körperhaltung war steif, die Schritte unsicher. Sie sah wie eine Schlafwandlerin aus. Irgendetwas stimmte hier nicht.
Rasch stieß sie die Wagentür auf, um Joli zu folgen, doch sie war bereits zwischen den Bäumen verschwunden. War das womöglich eine Wahnvorstellung? Das Resultat eines weiteren Anfalls? Allein dieser Schatten hatte so surreal gewirkt, er konnte nicht echt sein. Dennoch folgte sie ihr eilig ins Dickicht. Just in dem Moment stürzten sich zwei vermummte Gestalten auf Joli und packten sie an den Armen. Keiras Sinne schärften sich reflexartig, das Adrenalin schoss pochend durch ihren Körper, belebte sie, brachte sie auf Hochtouren, verdrängte den Schmerz. Sie schoss auf die Kuttenträger zu, griff einen an. Er stürzte überrumpelt zu Boden. Keira riss ihm die Kapuze ab und blickte in das entsetzliche Gesicht eines Vampirs, der sie wie eine Raubkatze anfauchte und seine spitzen Zähne bleckte.
Schon vergrub sie ihre Faust in seinem Gesicht, sodass die Knochen knirschten. Der zweite Vampir packte sie an den Schultern, wirbelte sie herum und warf sie zu Boden. Keira prellte sich ihr Becken und den Brustkorb bei dem unsanften Aufprall. Eine spindeldürre Hand griff nach ihren Haaren und zog ihren Kopf hoch, sodass sich ihr Hals schmerzhaft nach hinten beugte.
„Lauf weg, Joli!“, rief Keira in der Hoffnung, sie würde die Flucht ergreifen und diesem widerlichen Gesindel entkommen. Doch Joli rührte sich keinen Zentimeter. Sie starrte unverwandt auf Keira herab. Ihre Augen wirkten fern, die Pupillen waren klein, trotz der Dunkelheit, die sie umgab. Irgendetwas stimmte nicht. „Lauf weg!“, rief Keira, aber Joli
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