Lynne Graham
Behauptung lange nicht so überheblich klingen, wie Ophelia es sich gewünscht hätte. Sie stieß die Tür auf und schaute sich überrascht um. Das Bett war abgezogen und ihre Sachen nicht mehr zu sehen. „Was soll das?“
„Ehefrauen schlafen nicht am entgegengesetzten Ende des Hauses.“
Ihre Nackenhärchen richteten sich auf. Niemand hatte sie gefragt, ob sie in ein anderes Zimmer umziehen wollte. „Ich bin keine Ehefrau.“
„Jetzt schon, und inzwischen ist auch klar, dass du es die ganze Zeit darauf angelegt hattest.“ Lysander schwang sie zu sich herum. „ Du hast dafür gesorgt, dass alle es durch die Medien erfahren.“
Entsetzt stellte sie fest, dass sie gegen ein hysterisches Kichern ankämpfen musste. „So ein Unsinn! Wieso sollte ich wollen, dass alle Welt von diesem verrückten Arrangement weiß?“
„Damit du eine echte Ehefrau werden kannst.“
„Eine echte Ehefrau? Wovon redest du überhaupt?“ Verdattert trippelte sie hinter ihm her, als er die Galerie entlangging.
„Ab sofort tritt Plan B in Kraft.“ Er stieß die Tür zum großen Hauptschlafzimmer von Madrigal Court auf. Der riesige Raum war Ewigkeiten nicht mehr benutzt worden, seit die Familie festgestellt hatte, dass der hintere Flügel des Hauses mit wesentlich geringerem Aufwand zu beheizen war. Jetzt flackerte ein munteres Feuer im gereinigten großen Kamin und sandte tanzende Schatten über die holzvertäfelten Wände. Ein wunderschönes Himmelbett, ganz im Einklang mit der prachtvollen neuen Einrichtung, stand in der Mitte des Raumes und beherrschte das Zimmer.
Ophelia war nie besonders häuslich gewesen. Der Wunsch, neue Möbel zu kaufen oder neue Vorhänge für die Fenster auszusuchen, war nie in ihr aufgekeimt. Manchmal jedoch hatte sie eine Art Sehnsucht in sich verspürt, in einer wärmeren, gemütlicheren Umgebung zu leben. Jetzt starrte sie voller Verwunderung auf das riesige Bett mit den üppigen Stoffbahnen. „Deine Leute haben wirklich Erstaunliches geleistet. Ich habe all die Verbesserungen gar nicht so richtig mitverfolgt, weil ich so mit dem Garten beschäftigt war.“ Sie hob eine Augenbraue. „Warum hast du mich hergeführt?“
„Das ist unser Zimmer.“
„Unser Zimmer?“, wiederholte sie verständnislos.
Lysander musterte Ophelia mit einem vielsagenden Blick, der ihr ein heißes Prickeln über die Haut jagte. „Das eheliche Schlafzimmer.“
„So etwas brauchen wir nicht. Ich meine, wozu auch, nicht wahr?“ Sie lachte auf, doch so ganz wohl war ihr bei dem Gedanken nicht. Sie erinnerte sich an seine Bemerkung über Frauen in Stiefeln und entschied, dass sie seine Art von Humor ganz und gar nicht mochte.
„Um all die Dinge zu tun, die ein frisch verheiratetes Paar so tut, glikia mou “, erwiderte er träge. „Zu dieser Jahreszeit kann man auf dem Land ja nicht viel anderes unternehmen, und so halten wir uns wenigstens gegenseitig warm.“
Ophelia schnappte nach Luft. „Du erwartest von mir, dass ich das Zimmer mit dir teile?“
Lysander betrachtete sie amüsiert. Sie war wirklich gut als naives Mädchen vom Lande. Und ebenso war sie eine außerordentliche Schönheit. „Selbst wenn unsere Hochzeit geheim geblieben wäre, hätten wir uns ein Zimmer teilen müssen, wenn ich mich hier aufhalte. Wir haben schließlich eine Abmachung.“
„Sicher, aber ich hätte nie gedacht, dass das dazugehört. Und außerdem hat sich doch jetzt alles geändert …“
„Nur das Testament. Du bist immerhin meine Frau, und da das nun kein Geheimnis mehr ist, sind wir wohl mehr verheiratet, als ich mir vorgestellt hatte“, stellte er nüchtern fest.
Ein Hauch Rot überzog ihre Wangen. „Sicher, das ist mir auch klar.“ Er hob eine Hand und strich ihr mit dem Daumen über die bebende Unterlippe. „Ist es das wirklich?“
Das Rot wurde dunkler, ihr Magen fuhr Achterbahn. Und Lysanders tiefe Stimme sandte ihr heißkalte Schauer über den Rücken. Sie musste sich zusammennehmen, um sich nicht an ihn zu schmiegen. „Wenn andere von unserer Ehe wissen, wird das einen Unterschied machen.“
„Allerdings. Eine Ehe hat nie auf meiner Prioritätenliste gestanden“, fuhr Lysander fort. „Ich liebe meine Freiheit. Aber mittelfristig gesehen bleibt mir wohl keine andere Wahl, als mich wie ein frisch verheirateter Mann zu benehmen.“
Ophelia konnte den Tumult in ihm spüren, den er bisher verborgen hatte. Weder Gladys’ Testament noch das Auftauchen der Paparazzi hatte ihn die Beherrschung verlieren lassen.
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