Lynne Graham
auch geradezu lächerlich dankbar für die Einladung, auch wenn da wahrscheinlich Lysander seine Finger im Spiel gehabt hatte. Die Hochzeit war jetzt sechs Wochen her, und obwohl Virginia schriftliche Glückwünsche geschickt hatte, konnte Ophelia sich des Verdachts nicht erwehren, dass Lysanders Mutter nicht unbedingt glücklich über seine Wahl einer Ehefrau war. Die langjährigen Verwicklungen der beiden Familien mussten eigentlich zwangsläufig für Peinlichkeiten sorgen.
Eine Limousine chauffierte Ophelia durch den dichten Londoner Stadtverkehr zu Virginias Apartment. In den letzten drei Wochen war Ophelia fast täglich zwischen Madrigal Court und Lysanders Londoner Stadthaus gependelt, während Lysander selbst in der Stadt blieb und arbeitete. Die Renovierungsarbeiten an der alten Villa hatten enorme Fortschritte gemacht, jetzt standen Entscheidungen für die Einrichtung an, und Ophelia wurde ständig von allen Seiten nach ihrer Meinung gefragt. Nicht nur war das anstrengend für jemanden, der sich eigentlich noch nie mit solchen Details wie passenden Farben und Stoffen beschäftigt hatte, es war auch eine zeitraubende Angelegenheit – Zeit, die sie viel lieber mit Lysander verbracht oder dafür genutzt hätte, um in ihrem Garten zu arbeiten. Nun, es konnte ja nicht ewig dauern, versuchte sie sich aufzumuntern.
Ihr Handy klingelte, als sie im Lift auf dem Weg nach oben zu Virginias Apartment war. Die Nummer auf dem Display kannte sie.
„Es gibt überhaupt keinen Grund, nervös zu sein“, hörte sie Lysanders Stimme an ihrem Ohr.
„Wie kommst du auf die Idee, ich könnte nervös sein?“, behauptete sie gespielt unbeschwert. „Ich bin fast da, anständig zurechtgemacht und bester Laune. Und falls du befürchten solltest, dass ich in das Fettnäpfchen unserer Familiengeschichte trete, so brauchst du keine Angst zu haben.“ Ihre Stimme klang ein wenig schrill. „Die uralten Leichen im Keller sind das Letzte, über das ich mit deiner Mutter reden möchte.“
Lysander unterdrückte ein Stöhnen. „Gut.“
„Falls sie mich auf Anhieb hasst, stört mich das auch nicht, ich werde freundlich und höflich bleiben, keine Sorge“, fügte sie noch hastig an.
„Niemand könnte dich hassen …“
„Unsinn“, murmelte sie. „Diese Exfreundin von dir da am Flughafen hat mich angeguckt … eigentlich hätte ich auf der Stelle tot umfallen müssen. Wenn ich daran denke, wie viele Ex von dir da draußen herumschwirren, dann …“
„So beruhige dich doch …“
„Lysander. Wann immer ein Mann einer Frau unnötigerweise sagt, sie soll sich beruhigen, wird sie erst recht nervös.“ Damit unterbrach sie die Verbindung, ließ das Handy in ihre Handtasche zurückgleiten und trat aus dem Aufzug.
„Ophelia …“ Virginia, eine große, überschlanke Frau mit grauem Haar, empfing sie mit sehr viel mehr Herzlichkeit, als Ophelia erwartet hätte. „Ich freue mich schon seit Ewigkeiten auf diesen Moment, aber mein Behandlungsplan musste erst abgeschlossen werden. Es schien mir nicht der richtige Zeitpunkt zu sein.“
Ein Behandlungsplan? Ophelia hatte keine Ahnung, wovon ihre Gastgeberin sprach. Hatte es mit ihrer Gesundheit zu tun, oder handelte es sich vielleicht um eine kosmetische Sache? „Ich freue mich auf jeden Fall, hier zu sein“, erwiderte sie liebenswürdig. „Und ich hoffe, dass Sie Ihr ehemaliges Zuhause besuchen kommen, wann immer Sie möchten.“
Virginias schmales Gesicht leuchtete auf. „Sie hätten nichts dagegen? Ich würde mir das Haus wirklich sehr gern wieder einmal ansehen, aber ich möchte mich nicht aufdrängen.“
Es dauerte nicht lange, bevor die beiden Frauen die erste höfliche Befangenheit ablegten, zum vertrauten Du übergingen und offen miteinander redeten.
Dennoch war Ophelia entsetzt über sich, als sie ohne nachzudenken erklärte: „Mum hat sich in deiner Gegenwart auch immer wohlgefühlt … Ach du meine Güte!“
„Oh bitte, erzähl mir von Cathy. In der Schule waren wir die besten Freundinnen. Ich bedaure es sehr, dass unsere Freundschaft so enden musste.“
„Ich mache dir wirklich keine Vorhaltungen“, beeilte Ophelia sich zu sagen.
„Überhaupt keine? Es überrascht mich, dass du Lysander nie von der Affäre erzählt hast, die Aristide mit Cathy über Jahre hin hatte.“
Ophelia musterte sie erstaunt. „Du wusstest davon?“
„Natürlich. Drei Leben wurden zerstört, weil ein Mann sich nicht für eine Frau entscheiden konnte. Und natürlich haben beide
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