Lynne Graham
hatte er sich zu seiner Verantwortung bekannt und war bereit, sie finanziell zu unterstützen. Aber kein einziges Mal hatte er mit ihr darüber gesprochen, was er bei dem Gedanken, Vater zu werden, empfand. Jetzt begriff sie, dass es auch gar nicht nötig war, denn sein Verhalten sagte alles. Er wollte sie nach Frankreich bringen, wo sie unter falschem Namen leben sollte und wo sich ihre Wege nur kreuzten, wenn er es wünschte.
Kathy glaubte, dass Sergios Partyleben eine Reaktion auf die neue Situation war. Er wollte kein Vater sein, und noch weniger erfreut war er darüber, dass die Mutter seines Kindes eine verurteilte Diebin war. Es wurde Zeit, dass sie sich mit diesen Tatsachen abfand und es ihm in Sachen Unabhängigkeit gleichtat.
Langsam musste sie ihre nächsten Schritte planen. Sie brauchte Zeit und Ruhe, um sich darüber klar zu werden, was sie machen wollte, wenn das Baby erst einmal auf der Welt war. Darauf zu warten, dass Sergio Torrente ihr Antworten auf ihre Zweifel, Fragen und Ängste gab, war der beste Weg, um enttäuscht zu werden.
An diesem Abend saß sie mit Bridget zusammen und sprach mit ihr über ihre Absichten. „Ich muss aus London weg. Wenn ich nicht mehr im Café arbeite, kann ich meine Miete nicht mehr bezahlen“, erklärte sie traurig. „Aber ich will Sergio nicht um Hilfe bitten und mich von ihm abhängig machen.“
„Warum nicht?“
Kathy wühlte in ihrer Tasche und zog die Zeitung hervor.
Bridget las den Artikel sorgfältig durch, hob die Augenbrauen und legte die Zeitung ohne ein Wort zur Seite. „Wenn du nichts dagegen hast, zu kochen und Kinder zu betreuen, kannst du zu meiner Patentochter nach Devon gehen“, sagte sie schließlich.
„Die Immobilienmaklerin?“, fragte Kathy stirnrunzelnd.
„Nola ist genauso tatkräftig und praktisch veranlagt wie du. Ihr werdet euch mögen. Ihr Mann ist Journalist und nur selten zu Hause. Sie ist mit dem vierten Kind schwanger und braucht dringend Hilfe“, erklärte Bridget. „Ihre Nanny hat gerade geheiratet. Was meinst du?“
„Sehr gern“, antwortete Kathy. „Es gibt nichts, was mich hier hält.“
7. KAPITEL
Kathy hatte gerade das Maklerbüro betreten, als sie zum ersten Mal diesen Schmerz spürte. Mit einem unterdrückten Keuchen packte sie die Kante eines Schreibtischs und hielt sich fest. „Was ist los?“, wollte Nola wissen und unterbrach ihre Unterhaltung mit einer Kollegin.
„Ich glaube, das Baby kommt“, flüsterte Kathy zitternd. Sie war weiß wie die Wand hinter sich. „Aber es ist doch noch viel zu früh!“
Nola Ross reagierte umsichtig und führte Kathy zu einem Stuhl. „Atme ganz langsam ein und aus. Bestimmt geht es dir bald besser.“
Doch der Schmerz kehrte immer wieder, und die Frauen beschlossen, dass Kathy im Krankenhaus besser aufgehoben sei. Dort angekommen, bestand sie darauf, dass Nola ins Büro zurückkehrte, da sie wusste, dass sie Kunden erwartete. Der Arzt versuchte, die vorzeitigen Wehen mit Medikamenten zu unterdrücken, und traf Vorbereitungen, um sie in eine Einrichtung mit einer Frühgeborenenstation verlegen zu lassen.
Inzwischen waren bereits mehrere Stunden vergangen. Da kein Bett für sie frei war, lag Kathy auf einer Rollliege im Flur, während sie auf den Transport wartete. Sie betete und bemühte sich, ihre Panik in Schach zu halten. Sie war erst in der fünfunddreißigsten Woche, und es wäre ein Risiko für ihr kleines Mädchen, wenn es jetzt schon zur Welt käme.
Wie einen Film ließ Kathy die letzten sieben Monate noch einmal vor ihrem geistigen Auge vorbeiziehen. Sie hatte nicht lange als Nolas Haushaltshilfe gearbeitet. Kaum war deren viertes Kind auf der Welt, da verließ ihr Mann sie wegen einer anderen Frau, und die Familie Ross stürzte in ein einziges Chaos. In dieser Zeit waren Nola und Kathy gute Freundinnen geworden.
Inzwischen war ihr nicht mehr jeden Morgen übel wie am Anfang, und als Nola nach der Geburt eine Weile zu Hause blieb, half Kathy im Immobiliengeschäft aus. Sie stellte fest, dass sie ein Naturtalent war, wenn es darum ging, Häuser zu verkaufen. Vor drei Monaten hatte Nola ein Kindermädchen eingestellt und Kathy einen Job als Maklerin angeboten. Ihr Umzug von London in das Städtchen in Devon war also in jeder Beziehung ein Erfolg.
Doch jetzt drohte Kathy in einen Abgrund aus Furcht und Schuldgefühlen zu stürzen. Sie hatte sich angestrengt, in der kurzen Zeit möglichst viel zu lernen, denn ein guter Job war die beste Sicherheit für eine
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