Lynne Graham
alleinerziehende Mutter. Hatte sie vielleicht zu viel gearbeitet und sich zu wenig Ruhe gegönnt? Seit die anfängliche Übelkeit vorüber war, fühlte sie sich erstaunlich gesund. Langsam, aber sicher wurde ihr ungeborenes Kind das Wichtigste in ihrem Leben. Es war ihr nie in den Sinn gekommen, dass ihr eigener Körper sie im Stich lassen könnte.
„Kathy …?“
Als sie die unwiderstehliche tiefe Stimme erkannte, schrak sie auf. Erstaunt drehte sie den Kopf auf dem dünnen Kissen. Sergio Torrente stand nur wenige Meter entfernt und starrte sie aus seinen dunklen Augen an.
„Bist du in Ordnung?“, fragte er atemlos.
„Nein …“ Mühsam presste sie das Wort heraus, doch dann begann sie zu weinen, als würde ihr das Herz brechen. In den letzten Monaten hatte eiserne Selbstdisziplin sie davor bewahrt, allzu häufig sinnlosen Gedanken nachzuhängen. Aber ihn jetzt leibhaftig vor sich zu sehen war mehr, als sie im Moment ertragen konnte. Ihre Schutzmechanismen waren außer Gefecht gesetzt und ihre Gefühle außer Kontrolle geraten. „Geh weg!“, sagte sie schluchzend.
Doch stattdessen kam er auf sie zu, strich ihr die Haare aus der schweißnassen Stirn und ergriff ihre Hand. „Ich kann dich jetzt nicht allein lassen. Bitte mich nicht noch einmal darum.“
Kathy nahm das Taschentuch, das er ihr reichte. „Wie hast du herausgefunden, dass ich hier bin?“
„Das ist im Moment nicht wichtig. Ich habe bereits mit dem Arzt gesprochen. Ohne Zweifel geben die Angestellten hier ihr Bestes, aber das hier ist unzumutbar!“, murmelte Sergio mit einem zornigen Unterton. „Man lässt dich allein auf dem Gang liegen!“
„Es ist ein kleines Krankenhaus, und im Augenblick können sie nichts für mich tun“, erwiderte Kathy unsicher.
Er hielt ihre Hand ganz fest. „Ich habe schon einen Rettungshubschrauber angefordert. Der ist auf dem Weg, und eine Hebamme steht ebenfalls zur Verfügung. Bitte, lass mich dir helfen!“
Kathy brauchte nicht lange darüber nachzudenken, denn sie selbst konnte sich eine so teure Behandlung im Moment nicht einmal ansatzweise leisten. Außerdem bemerkte sie, dass Sergio eine komplikationslose Geburt genauso am Herzen lag wie ihr selbst. „In Ordnung.“
Eine schwere Last schien von ihm genommen, und er versuchte gar nicht erst, seine Überraschung zu verbergen. „Ich dachte, ich müsste dich mit einer langen Liste von Argumenten überzeugen.“
„Mir geht es nur um das Beste für mein Baby“, erklärte Kathy fest. „Unsere Streitereien sind im Moment egal.“
Danach ging alles sehr schnell. Auf einer Trage wurde sie zum Rettungshubschrauber gebracht. Zum ersten Mal seit Monaten machte Kathy sich Sorgen über ihr Aussehen, und zugleich begriff sie nicht, wie sie so dumm und oberflächlich sein konnte. Sie wusste, dass sie müde und abgespannt aussah, wie die meisten hochschwangeren Frauen nach einem anstrengenden Tag. Doch auch Sergios Äußeres war nicht ganz so perfekt wie gewöhnlich. Die Seidenkrawatte saß schief, und die Haare hingen ihm unordentlich in die Stirn. Ein leichter Bartschatten lag auf seinem Kinn und betonte den kräftigen sinnlichen Mund.
Sergio bemerkte, dass sie ihn anschaute, runzelte besorgt die Stirn und blickte sie fragend an.
Errötend schloss Kathy die Augen. Doch das Bild des Mannes, den sie liebte, verschwand nicht. Wie verrückt liebte sie ihn, und zugleich hasste sie ihn aus allen möglichen Gründen. Sie wusste, dass er nicht gut für sie war, aber er hatte bereits von ihr Besitz ergriffen. Egal, wie sehr sie es auch versuchte, sie konnte sich nicht von seinem Einfluss auf sie befreien.
In erstaunlich kurzer Zeit erreichten sie ein Privatkrankenhaus in London. Dort wurde als Erstes eine Ultraschalluntersuchung angeordnet.
„Ich würde gerne dabei sein“, sagte Sergio bestimmt.
Ein Widerspruch lag auf ihren Lippen, und ein kurzer Blick in sein angespanntes Gesicht zeigte ihr, dass er genau diese Reaktion von ihr erwartete. Kathy schluckte ihren Protest herunter. Er tat alles in seiner Macht Stehende, um ihr zu helfen, und es erschien ihr unfair, ihn jetzt auszuschließen. Als sie sich innerlich darauf vorbereitete, dass er ihren gewölbten nackten Bauch sehen würde, fiel ihr noch etwas ein. Sie zupfte an seinem Ärmel, um seine Aufmerksamkeit zu gewinnen.
Sergio beugte sich zu ihr hinunter.
„Es ist ein Mädchen!“, flüsterte sie.
Kurz starrte er sie an, dann lächelte er strahlend.
Als wenig später die Untersuchung begann,
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