Lynne Graham
gesagt.“
Sergio antwortete nicht, und sie fragte sich, woran er wohl dachte. An Grazia? Wie aus dem Nichts tauchte dieser Name in ihrem Kopf auf und zerschmetterte ihre Gefühle wie ein herabstürzender Felsbrocken. War es nicht merkwürdig, dass er nicht einmal fragte, was Grazia gestern Abend zu ihr gesagt hatte? Er ist auch nur ein Mensch, überlegte sie unbehaglich, aber sie wollte nicht, dass er an seine Exverlobte und zukünftige Exschwägerin dachte.
„Hast du Grazia eigentlich sehr geliebt?“, fragte Kathy unvermittelt. Die Frage war ihr so überraschend über die Lippen gekommen, dass sie beinahe erschrocken zusammenzuckte.
Sergio ließ sie los und setzte sich aufrecht hin. „Wie kommst du denn jetzt darauf?“
Kathy antwortete mit einer Gegenfrage: „Hast du heute mit ihr gesprochen?“
Er stöhnte laut auf. „Nein, ich glaube, sie war nicht länger als zehn Minuten im Haus.“
Ihr Gesicht brannte. Sollte das eine Anspielung auf den Vorfall mit dem Rotwein sein? „Sie hat mir erzählt, dass sie sich von deinem Bruder scheiden lässt.“
Plötzlich wirkte Sergio sehr verschlossen. „Ich brauche eine Dusche.“ Er sprang aus dem Bett.
„Und du behauptest, du hättest dich geändert und seist offen zu mir?“, rief Kathy ihm zutiefst verletzt hinterher.
„ Madonna mia – verschone mich damit“, wehrte Sergio ab. Mit einem dumpfen Knall krachte die Badezimmertür zu.
Lektion eins: Ich darf Grazias Namen nicht erwähnen, dachte Kathy. Selbst nach acht Jahren schien die Sache noch nicht ausgestanden zu sein. Warum musste sie Sergio auch ausquetschen wie ein eifersüchtiges Schulmädchen? Sie wünschte, sie hätte den Mund gehalten und den kostbaren Moment der Nähe nicht mit ihren albernen Fragen zerstört.
Zehn Minuten später tauchte Sergio wieder auf. Das schwarze Haar war zurückgekämmt, und um die Hüfte hatte er ein Handtuch geschlungen. „Komm her, amore mio.“
Trotzig sah Kathy ihn an, während sie gleichzeitig seinen schönen Körper bewunderte. „Nein, ich schmolle“, erklärte sie, auf dem Himmelbett thronend.
„Willst du dich ein bisschen im Pool abkühlen?“
„Ich kann nicht schwimmen.“
Sergio konnte seine Überraschung nicht verbergen. „Wie bitte? Aber mit mir wird dir nichts passieren!“
Es war sehr heiß im Schlafzimmer, und die Aussicht auf ein kühles Bad war äußerst verlockend. Kathy schwankte zwischen dem Verlangen, ihn leiden zu lassen, weil ihr Stolz verletzt war, und der Lust, das Angebot anzunehmen.
„Unten wartet eisgekühlter Champagner auf uns.“
„Ich lege keinen Wert auf diese klassische Tour“, wehrte sie ab.
„Und ich habe deine Lieblingsschokolade aus der Schweiz besorgt.“
Diesem Angebot konnte Kathy nicht widerstehen. Ihr lief das Wasser im Mund zusammen. „In Ordnung – aber nur unter einer Bedingung: Du darfst mich nicht anfassen.“
„Mal sehen, wer zuerst schwach wird“, flüsterte Sergio.
Sechs Wochen später führte Sergio sie in ein Zimmer des Palazzos. Er hatte sie angewiesen, die Augen zu schließen, doch jetzt konnte Kathy es kaum noch aushalten.
„Darf ich endlich gucken?“
„Na los.“
Kathy blinzelte und sah sich um. Vor ihr auf einem Tisch stand ein Puppenhaus, das genauso aussah wie jenes, das sie als kleines Mädchen besessen hatte. Völlig verwirrt starrte sie es an. Sie konnte diesen Zufall einfach nicht fassen.
„Sag doch etwas“, drängte Sergio.
„Das kann nicht meins sein …“ Aber sie irrte sich. Zögernd streckte sie die Hand aus und nahm eine der kleinen Puppen in die Hand. Ein Bein fehlte, und sie trug ein viel zu großes Kleid, das ihre Mutter genäht hatte.
„Es ist deins“, bestätigte Sergio.
Kathy legte die Puppe wieder zurück und wandte ihre Aufmerksamkeit den anderen Dingen auf dem Tisch zu. Sie betrachtete die Sammlung von Porzellankatzen. Bei einigen war der Schwanz abgebrochen und wieder angeklebt worden. In einer Tasche entdeckte sie allerlei Schätze aus ihrer Jugendzeit und ein Schmuckkästchen. Daneben lagen ein paar Fotoalben. Ungeduldig blätterte sie darin, um die Bilder zu finden, die ihr am wichtigsten waren: Die Fotos ihrer Eltern waren unversehrt und wirkten frischer als die verblassten Bilder, an die sie sich erinnerte. Tränen liefen ihr über das Gesicht, ohne dass sie es überhaupt wahrnahm.
„Wo hast du das alles her?“, fragte sie mit erstickter Stimme.
„Dein Exfreund …“
„Gareth?“, rief sie überrascht.
„Seine Mutter sagte ihm, er
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