Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lyon - A.M.O.R. 01

Lyon - A.M.O.R. 01

Titel: Lyon - A.M.O.R. 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Madea
Vom Netzwerk:
winzigen Schultern legen. Wieder auf der Stufe sitzend suchte er einen Platz für die Schuhe, die er nicht auf das Innenfutter des Mantels stellen wollte.
    „Schon okay. Ich schenk ihn dir.“ Lyon hob mit äußerster Vorsicht die dü n nen Beinchen in die Mitte auf den Stoff und klappte das Leder vor ihm z u sammen. Amorphen froren nicht, sie trugen Kleidung nur, um sich den Me n schen anzupassen. Außerdem tröstete ihn das warme Gefühl, das in ihm au f stieg, auf angenehmere Weise.
    „Danke“, fiepste der Junge und schob seine Hände durch die Ärmel, bis die Fingerspitzen vorn hinausragten. „Aber der ist viel zu groß.“
    „Ach, bald passt er.“
    „Sooo groß wie du werd ich nie.“ Seine Stimme brach. „Meine Ma war auch klein.“
    Lyon schloss die Augen. Er ahnte, dass das Kind einen Elternteil oder Ve r wandten verloren hatte .
    „Sei nich traurig“, flüsterte der Kleine, „Ich hab nämlich gelauscht.“
    „Was hast du gehört?“ Argwohn regte sich. Was stellte bei dem Winzling Fantasie und was die Wirklichkeit dar? Er schien keine fünf zu sein, dafür aber ein wenig verwirrt. Vermutlich war es auf die Trauer zurückzuführen, oder er hatte verlernt, mit Kindern umzugehen, was ihm einst viel Freude bereitet ha t te. Als König hatte man eigentlich einen ganzen Stall voller glücklicher Kinder.
    „Hm.“
    „Mir kannst du es sagen. Ich verrate es niemandem, Ehrenwort.“
    Das Kerlchen kuschelte sich in den Mantel, versank regelrecht hinter dem Kragen. „Da ham mich welche gesucht. Aber ich lag im Wäschekorb, ganz u n ten. Sie ham geflüstert, dass ich ihr bald folgen werd.“ Er atmete tief aus. „Deshalb bin ich weg und nicht so traurig, weißt du. Bin ja dann bald bei Ma.“
    Lyon nickte und legte ihm in einer ruhigen Bewegung die Linke auf die Schulter, die nicht halb so groß war wie seine Handfläche. Der Kleine war u n terernährt und sein Magen knurrte wie ein ausgewachsener Löwe. De r Geruch eines weiteren Menschen wehte ihm um die Nase und er sah über den leeren Brunnenplatz. Es dauerte eine Weile, bis eine alte Frau um eine Hausecke hinkte.
    Sie schien halb blind, denn sie brauchte einige Zeit, bis sie den Kleinen und ihn sah. Dann aber drohte sie lauthals mit erhobenem Stock, stützte sich s o gleich wieder ab und kroch vorwärts. Sie beeilte sich sichtlich, den Platz zu überqueren, und hätte dennoch jedes Schneckenrennen verloren. Der Knirps versteifte sich, was Lyon einen derben Stich versetzte. Er musste nicht etwa bei der Alten wohnen?
    „Wie heißt du?“
    „Kevin.“ Er stand auf, schwankte unter dem Gewicht des Mantels und tap s te die Stufen hinab.
    Lyon erhob sich ebenfalls.
    „Kev! Kev? Alles in Ordnung, mein Junge? Lassen Sie den Jungen los!“
    Das Krächzen klang grausam in Lyons Ohren. Obwohl schwach, knirschte es wie Sand zwischen den Zähnen. „Wer ist das?“, wollte Lyon wissen.
    „Ursula.“
    Er zog die Brauen hoch und schmunzelte.
    „Öhm … Mas Oma?“ Er kicherte hinter vorgehaltener Hand. „Ich weiß nich genau.“
    „Ist sie nett?“
    „Hm, joa, aber alt.“
    „Kannst ihr ja ein bisschen im Haushalt helfen.“
    „Ich kann schon Milch einfüllen und mich anziehn, allein.“
    „Das nächste Mal, wenn du rausgehst, denkst du an deine Jacke.“
    Er grinste breit und entblößte eine Zahnlücke. „Weißt du“, sagte Kevin und schälte sich aus dem Leder, „nimm mal zurück. Hier ist’s auch kalt für dich.“
    „Ich habe ihn dir geschenkt.“ Lyon verdrehte innerlich die Augen. Der Ju n ge benötigte ein liebevolles Zuhause, warme Mahlzeiten und jemanden, der ihm über die Trauer hinweghalf. Sicher keinen viel zu großen Ledermantel.
    Kevin mühte sich mit dem Gewicht ab, versuchte, so wenig wie möglich von dem Stoff auf dem Boden schleifen zu lassen und blieb vor Lyon stehen. Sein Kopf reichte knapp bis zum Gürtel. „Die nehmn ihn mir eh weg.“
    Lyon griff den Mantel, warf ihn sich um. Er durfte sich nicht einmischen. Außerdem hatte er weiß Gott andere Probleme. Dennoch legte er dem Jungen die wärmende Hand auf die Schulter. Die Uroma zuckelte näher, musterte Lyon, als wäre er ein Kinderschlächter, dem sie mit ihrem Kampfstock das Handwerk legen wollte.
    „Und wer bist du?“, fiepste Kevin und sah zu ihm auf.
    Er beugte sich hinunter. „Ich heiße Lyon.“
    Kevin hopste die Stufen hinab und blickte kurz sehnsüchtig gen Himmel. „Dauert bestimmt nicht mehr lang.“ Er lächelte selig und winkte, bevor er sich ungeduldig dem

Weitere Kostenlose Bücher