Lyon - A.M.O.R. 01
abhängig zu machen. Etwas, das freiwillig gegeben werden musste und nicht erzwungen werden konnte.“
Lyon hob die Augenbrauen. Sein Herzschlag beschleunigte sich.
Tropical hielt inne und lächelte ihn an. „Ich sehe, du ziehst bereits Vergleiche. Wunderbar. Bist ja doch nicht so schwer von Begriff.“ Sie fuhr die langen Krallen einer Pfote aus und begann, sie mit den Zähnen zu säubern. „Keine der vier Unterrassen der AMOR konnte zur Blutgabe gezwungen werden, dazu war jede für sich zu mächtig. Falls du es schon einmal versucht haben solltest, wirst du bemerkt haben, es gelingt nicht, du kannst nicht von jemandem trinken, wenn dein amorpher Drink es nicht will. Aber ich schätze mal, jede Frau hat dir eh zu Füßen gelegen, dankbar, dem König Blut spenden zu dürfen.“
Tropical zog den langen Schwanz nach vorn, klemmte ihn zwischen die Pfoten und leckte ihn ausführlich. „Als die machtgierigen AMOR die Freveltat der Hohepriester bemerkten, war es bereits zu spät, etwas dagegen zu unternehmen. Jede Unterrasse unterlag der Bestimmung, sich nur mit ihresgleichen zu paaren, um reine Nachkommen zu zeugen. Der Plan der Priester glückte. Durch die Auftrennung der vier besonderen Mächte – Gestalt – Magie – Dunkelheit und Verstand – ging den vier Spezies die Unsterblichkeit verloren.“
Lyon nickte gedankenversunken. Er war also ein Nachfahr der Amor. Ihm wohnte die Macht über die Gestalt und somit jede Art der Wandlung inne. Das Wissen um seine Herkunft war verloren gegangen. Unfassbar! Das Ereignis, von dem Tropical sprach, musste einige Jahrtausende zurückliegen.
Tropical half Momo die letzten Stufen hinab und die Maus ging im Dreck des Treppenhauses stöbern. Die Raubkatze streckte sich auf einem Absatz aus, legte die Vorderpfoten gemächlich übereinander. „Es heißt, sogar die unbesiegbaren AMOR aus der Führung entschieden sich nach langer, langer Bedenkzeit und vielen Gesprächen, sich nicht weiter gegenseitig zu nähren, um unsterblich zu bleiben. Nach und nach verloren die reinen AMOR ihre Macht und starben nach Jahrtausenden eines natürlichen Todes.“
Lyon fühlte sich, als durchlebte er die Vergangenheit in diesem Augenblick. Spürte, wie die Amor sich gegen das Leben ohne Tod entschieden, weil Freunde und Geliebte um sie herum nach einer langen Lebensspanne glücklich starben. Sie hatten ihren Fehler eingesehen und sich vernichtet.
„Spätere Generationen der Hohepriester erkannten, dass sie die AMOR nicht zur Räson gebracht, sondern zum unabwendbaren Untergang verurteilt hatten. Sie versuchten ihrerseits, den Schaden, der durch ihr Eingreifen entstanden war, wieder gutzumachen. Die Priester schufen vier einzigartige magische Schatullen, die nur von jeweils einem bestimmten der vier reinen Unterspezies geöffnet werden konnte. Die freigesetzte Magie sollte eines Tages vielleicht nochmals einen AMOR hervorbringen, der mit mehr Umsicht und Weisheit regieren und seine Allmacht nicht missbrauchen würde. Es war ihre letzte Hoffnung, deshalb schufen sie vier Geisterkatzen, die die Schatullen bewachen und deren reinen Besitzern sie zur Seite stehen und sie leiten sollten.“
Stille senkte sich über das düstere Treppenhaus. Lange Zeit schwiegen sie. Tropical schloss die Augen, lag da, als schliefe sie. Lyons Gedanken allerdings rasten wie nie zuvor. Eine der vier Geisterkatzen war ihm erschienen, sollte ihn begleiten. Was bedeuten musste, er war einer derjenigen, die die Bürde tragen sollten, einen AMOR neu zu erschaffen. Seinem Ursprung neues Leben einzuhauchen.
Himmel! Wieso ausgerechnet er? Dabei war er doch gerade erst dabei, zu versuchen, seine Rasse, die Amorphen, vor dem Untergang zu bewahren. Er runzelte die Stirn. Vier Geister, vier Schatullen, vier Unterspezies … vier Buchstaben? Er ahnte es, aber fragte dennoch. „Wofür stehen die vier Buchstaben in Amor?“
Tropical hob ein Augenlid zur Hälfte. „A – für amorphic natürlich, gestaltlos. Ein Amorph, wie du es einer bist.“
„Okay“, Lyon rieb sich die Hände. „Und weiter? M, O, R für …?“
„Magic, obscure, reason. Magie, Dunkelheit, Verstand, sagte ich doch schon.“
„Okay, okay.“ Lyon fasste immer mehr Vertrauen zu der Geschichte. „Du sollst mich also beschützen.“
„Tue ich.“
„Ach ja?“
Tropical senkte die Lider. Sah ihn herausfordernd an, bis bei ihm langsam eine Erkenntnis dämmerte.
„Du hast den Magycen im Wald vertrieben. Ich konnte mich nicht erinnern, was passiert
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