Lyon - A.M.O.R. 01
…
Er fuhr sich durchs nasse Haar. Weshalb sollte sie sich von einem entstellten Monster angezogen fühlen, das ihr zudem noch prophezeite, sich in ein ebensolches zu verwandeln? Er stand jetzt schon da wie ein Trottel, einer, der nicht einmal fähig war, sie zu beschützen. Und noch dazu hatte er ihr versprochen, ihr zu beichten, dass er ihre Zukunft bereits wie einen Zigarettenstummel zerquetscht hatte – vor fast einem halben Jahrtausend.
Adina nahm Lyons herben Duft nach Sandelholz und Moschus wahr, ehe sie ihn in knackiger Bluejeans und Shirt, mit feuchter Mähne und auf dem Rücken verschränkten Armen am anderen Ende des Schlafzimmers erblickte. Er schaute aus einem Panoramafenster, das die gesamte Wand einnahm und einen Blick auf einen sich über Hügel erstreckenden Wald im Nebel bot. Die fantastische Aussicht erweckte den Eindruck, als schwebten sie in den Wolken. Das diffuse Licht ließ auf die Morgendämmerung schließen, der Raum dagegen strahlte hell. An der marmorierten Stuckdecke tanzten detailgetreu gearbeitete Tiere und Menschen. Zu ihrer Linken führte eine Flügeltür auf einen Balkon hinaus. Nach rechts konnte sie nicht sehen, da ein schwerer Samtstoff vom Himmel des Bettes herabhing. Dicke, verzierte Pfosten trugen den Traum aus dunklem Rot. In der Mitte des Gemachs thronte ein Springbrunnen mit Engeln, über dessen Ränder regenbogenfarbenes Wasser plätscherte. Dieses einmalige Zimmer mutete feminin an, gehörte vielleicht ehemals einer Königin …
„Gefällt es dir?“
Ein Prickeln überlief sie, als sie verstand, welch Magie die zauberhafte Atmosphäre des Raumes erschuf.
„Du brauchst keine Angst zu haben.“
Sie sah zu Lyon auf. Er sprach ruhig und war langsam näher gekommen. Sein Duft intensivierte sich. Er stand reglos vor dem Bettende, hielt den Blick gesenkt. Sein langes Haar glänzte feucht.
„Habe ich nicht. Du bist ja bei mir.“
Er schien verlegen, lächelte.
„Können wir jetzt reden?“ Sie musste endlich mehr erfahren.
Lyon zog sie plötzlich an den Füßen zu sich heran. Seine muskulösen Arme stützten sich beidseits ihrer Hüften ab und sein Gesicht beugte sich bis zu ihrem.
„Geht es dir gut?“
Sie nickte und brachte trotz des kurzen Schrecks und des aufbauschenden Herzklopfens ein Lächeln zustande. Er war ihr so nah. Seine schwarzen Augen schillerten.
„Ich war nicht zu grob?“, fragte er mit heiserer Stimme.
Adina unterdrückte ein Grinsen, was misslang und schüttelte, jetzt auch ein wenig verlegen, den Kopf. Wenn er wüsste, wie sehr sie sich danach verzehrt hatte.
„Ehrlich?“
Ihr Lächeln verbreiterte sich. Sie nickte.
Er richtete sich etwas auf. „Dann ist gut.“
„Lyon?“ Sie wusste nicht, was sie fragen oder sagen wollte, aber er sollte sich keinesfalls zurückziehen.
„Hm?“ Er zog die Stirn in Falten, als erwartete er doch noch eine Standpauke.
„Küss mich.“
Durch seine Iris zog ein roter Nebel und aus seiner Kehle drang ein tiefes, besitzergreifendes Schnurren. Er zögerte. Sie befürchtete, er würde sich trotz seines offensichtlichen Verlangens abwenden, aber dann beugte er sich langsam vor.
Voller Vorfreude schloss Adina die Lider, wartete, bis seine Lippen ihre sanft wie ein Flügelhauch streiften. Die bisher verwehrte Intimität durchrieselte sie wie Champagner. Ihr Herz wummerte gegen die Brust, ihr Atem ging viel zu schnell. Selbst ohne ihn zu sehen, beseelte Lyons Ausstrahlung sie. Sie öffnete leicht den Mund, reckte das Kinn. Sie brauchte mehr. Seine Lippen legten sich warm auf ihre, unendlich zart, liebkosten sie. Seine Zunge bat um Einlass, stupste sich in ihre Mundhöhle und nahm sie und ihr Denken in Besitz.
Sein Kuss benebelte sie wie schwerer Wein, sie registrierte kaum, wie Lyon sich auf das Bett begab. Eine Handfläche hielt ihren Hinterkopf mit liebevollem Druck. Er küsste göttlich. Niemals wieder durfte er damit aufhören. Das volltönende Vibrieren, das er aussandte, überschwemmte sie wie ein aphrodisischer Trank. Er schmeckte so verführerisch wie er duftete.
Ob es jedes Mal so sein würde, wenn er sie küsste? Würde er sie noch einmal küssen? Morgen? Übermorgen? Ihre sich seit Wochen entfaltenden Geschmacksknospen meldeten einen Hauch von Whiskey und ihre Schammuskeln zogen sich willig zusammen, als hemmungsloser Sex in ihrem Bewusstsein aufblitzte. Ein leises Stöhnen kam ihr über die Lippen, das er begierig aufsog. Adina rekelte sich vor aufgestauter Sehnsucht unter ihm,
Weitere Kostenlose Bücher