Lyon - A.M.O.R. 01
nun zweifellos einen Teil des geheimen Forschungsprojekts. Doch er lebte seit Jahrhunderten den Beruf des Jägers, antrainierte Instinkte, seine Würde und sein guter Ruf peitschten ihn vorwärts, er würde seinen u r sprünglichen Auftrag zu r volle n Zufriedenheit ausführen und die vor der Wandlung stehende Frau ins FAL bringen. Vor allem, weil er seinen letzten Auftrag von vor Jahrzehnten dermaßen vermasselt hatte. Er musste es wiede r gutmachen und würde sie abliefern. Das war so sicher wie das Amen in der Kirche.
Dann würde der Würdenträger Zymon-Ki unerwartet nach steiler Karriere und erlangter ruhmreicher Hochachtung bedauerlicherweise einem Unglück zum Opfer fallen und noch am selben Tag versterben. Wie tragisch.
Tehlic grinste. Er musste sich bis dahin überlegen, wie er Zymon-Ki unau f fällig über die Klinge springen ließ. Aber eins nach dem anderen.
Immer noch tausend Amorphen .
Er sollte das Kopfgeld für lebendig herbeigeschaffte Amorphen erhöhen, den Anreiz für seine Jäger verstärken.
Tehlic verließ den Labortrakt. Vor seinem Quartier wartete sein Privatsöl d ner Kaffkar Rakor. Seine grauen Schläfen verliehen ihm ein irreführendes, e r habenes Aussehen. Er war keineswegs alt und momentan der einzige Kopfj ä ger, der wusste, wo genau sich das FAL befand und der, egal was Tehlic ve r langte, ohne zu fragen beschaffte.
„Auftrag Yaden ausgeführt“, berichtete Kaffkar mit einem hämischen U n terton. „Er liegt gefesselt und betäubt im goldenen Zimmer.“
„Gut.“ Das war der sicherste Platz. Er händigte dem Kopfgeldjäger eine Ampulle aus. „Rest wie immer.“
Sicher gefiel Yaden der goldene Käfig, wenn er erwachte. Tehlic lachte leise in sich hinein. Nein, würde er sicher nicht. Schließlich hatte Yaden nicht die geringste Ahnung, weshalb man ihn entführt hatte.
9.9.2012 - Maine
L
yon vereinte sich mit einer Wolke und starrte hinab auf die vorbe i ziehende Landschaft. Wälder und Ackerland, Flüsse und Seen, Dörfer und Städte, alles sah doch irgendwie gleich aus. Er trieb, wohin der Wind ihn wehte, das Grau des Himmels tilgte Farben und Schö n heit, Leben hatte längst den Reiz verloren, auch wenn er gegen die negative Stimmung ankämpfte. Keine Aura rief ihn, keiner hörte seine stumme Frage, was er nun tun sollte. Er wollte und würde nicht verzweifeln, doch er hatte keinen zündenden Einfall, um den Problemen entgegenzutreten. Er konnte schlecht beim Monarchen der Magycen anklopfen, um sich zu erkundigen, ob er mit ihm den Pakt eingegangen war und ob der ihn verraten hatte. Trotz Bashs und Xenas unermüdlicher Bemühungen hatten sie keine Anhaltspunkte gefunden, weshalb sie nicht in der Lage waren, sich fortzupflanzen. Alles schien intakt – und war es dennoch nicht. Keine natürliche Befruchtung, keine Manipulation, keine fortschrittliche Technik hatte geholfen, einen Amorphen zu zeugen. Die Untersuchung der von Bash getöteten Magycen hatte keine brauchbaren Erkenntnisse zutage gefördert. Außer, und das hatte Lyon in a b solutes Erstaunen versetzt, den noch lebenden Magycen wohnte ebenso ein zweiter Herzmuskel inne, ihrem nicht unähnlich.
Minuten dehnten sich zu Stunden, während er intensiv nachdachte. Die Sonne versank als blasser Glutball am waldgesäumten Horizont, vertrieb die Wolken mit ihrer Pracht.
Es dauerte, bis er registrierte, was er sah. Das Kloster! Eine unerwartet hitz i ge Euphorie erfasste ihn. Er sauste als Mauersegler zur Erde hinunter, bremste mit ausgebreiteten Schwingen das Tempo ab und setzte sich auf den Dachre i ter über der Vierung der Klosterkirche. Aus dem entfernten Klausurtrakt drang kein Licht, der Garten lag im Stillen, nur aus dem Gotteshaus vernahm er leisen Gesang. Lyon flatterte hinunter, krallte sich so nah , wie es noch u n auffällig war , an einen Sims neben der offen stehenden Doppeltür.
Die Erinnerung an Adina überfuhr ihn heiß und kalt zugleich. Hier auf den Stufen hatte er sie genommen, von hinten, wie eine Frau, die es nicht wert war, angesehen, angehimmelt, verehrt zu werden. Dabei barg sie einen Zauber, der seine harte Hülle zerschmelzen ließ und sein Innerstes berührte, ihn und seine Gefühle verrücktspielen ließ. Ihr Zwiespalt musste sie erdrücken, einerseits i h re herzerwärmende Lebensfreude, andererseits ihre Furcht vor der Zukunft, vor dem Unbekannten. Ihr Schicksal zwang ihn förmlich, über seine Verga n genheit nachzudenken, die er j ahrhunderte lang erfolgreich verdrängt
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