Lyon - A.M.O.R. 01
gut. Nach einer Weile bekam außer ihm niemand in der Gegend mehr spezielle Aufträge, besonders knifflige Aufgaben, ranghohe Amorphen aus dem Untergrund zu treiben oder ihre Verstecke bei den Menschen aufzusp ü ren.
Es gab zwei Arten von Aufträgen.
Rot: Brachte man einen Amorphen tot, erhielt man Geld.
Blau: Brachte man ihn lebend, was sich um ein Vielfaches schwieriger gesta l tete, da Amorphen keine Skrupel hatten, sich für den Schutz ihrer Familie oder des Königs zu opfern, bekam man einen Haufen Geld und einen Trank, der einem das Gefühl vermittelte, unbesiegbar, gar unsterblich zu sein – zumindest für eine Weile.
Im Laufe der Zeit wollte das FAL alle Amorphen lebendig bekommen. Nun ahnte er, warum. Sie hatten an ihnen experimentiert, ebenso wie an seiner Ra s se.
„So ganz viel verstehst du nicht von Frauen, hm?“
Tropical saß auf dem verrosteten Geländer des Balkons und starrte wie Lyon in die Nebelschwaden, die sich im seichten Wind bewegten. Er hatte die U n terarme auf das Schmiedeeisen gelegt und dachte nach, als der Ozelot erschien. Alleinsein war eine Seltenheit geworden, doch Tropicals lockere Art tat ihm auch gut, erleichterte es, sich zusammenzureißen, nicht vor Sorge um Adina und seine Rasse völlig den Kopf zu verlieren.
„Du musst doch schon mal irgendwann Amorphinnen begegnet sein …“
Lyon überkam ein kurzes Lächeln wegen des sarkastischen Untertons in i h ren Worten. Er nickte. „Ziemlich oft. Schließlich war ich der Sohn des K ö nigs.“
„War? Mannomann, du bist es noch. Was für ein König bist du, der jeden Tag an seine Stellung erinnert werden muss?“
Das genau war das Problem, er hatte nie ein Anrecht auf den Thron gehabt. Er war der zweite Sohn, war dementsprechend aufgewachsen und erzogen worden. Zurückzustehen und respektvoll zu seinem großen Bruder aufzus e hen. Die Rollen waren klar verteilt. Josh hätte es werden sollen, hätte weise und besonnen regiert. Und er? Er wäre ohne Adina zu begegnen wieder z u rück … Lyon richtete sich abrupt auf. Das hatte er alles schon durchgekaut, mehr als einmal. Er verbot es sich, erneut im Treibsand aus Selbstzweifeln und Hoffnungslosigkeit zu versinken und sah der Raubkatze ins Gesicht. „Adina hat Angst. Vor mir, vor sich, vor der Zukunft, deshalb ist sie geflüchtet. Ric h tig?“
Tropical lächelte milde. „Ja, ich denke. Es war gut, sie gehen zu lassen. Ihr seid doch lääängst unzertrennlich. Sie wird wiederkommen.“
„Und wenn nicht, werde ich sie holen müssen“, brummte Lyon.
Tropical verdrehte die Augen. „Das solltest du nur tun, wenn unmittelbare Gefahr im Verzug ist. Sonst machst du wieder alles kaputt. Sie fühlt eure Ve r bindung, sie muss von selbst die Einsicht haben und zurückkehren. Du, mein Großer, musst dich zurückhalten.“
„Das fällt mir sehr schwer.“
„Casanova!“
„Sie braucht mich bei der Wandlung“, verteidigte er sich.
„Soweit ich informiert bin“, Tropical leckte sich theatralisch eine erhobene Pfote und suggerierte durch ihre Stimme und Haltung, genügend Argumente für eine derartige Diskussion parat zu haben, „ist sie noch keine 30, und da sie nicht so rein sein kann, wird sie sich erst in einiger Zeit wandeln. Denn würde sie sich schon jetzt wandeln, wäre sie reiner als du, eine Königin im Blute, und das wiederum wäre nur möglich, wenn du, mein Freund, sie gezeugt hättest, denn alle anderen Königsmitglieder sind längst …“
Lyon hob die Hand und Tropical verstummte respektvoll. Der furchtbare Brand, bei dem seine Familie umgekommen war, war ihm allzu bewusst, eri n nerte ihn an die versteckt liegende Höhle, die sein Zuhause hatte werden so l len. Die Kostbarkeiten, die zu Asche zerfallen waren. „Tropical. Wie sieht die Schatulle aus, von der du gesprochen hast?“
Die selbstsichere Miene des Ozelots veränderte sich schlagartig, er schluckte sichtbar und senkte die Lider.
„Ich mache dir keinen Vorwurf, Tropical. Irgendetwas muss sich in den Jahrtausenden ereignet haben, sonst wäre die Verbindung, von der du sprachst, nicht abgerissen, das Artefakt noch in dem Versteck. Erzähl.“
„Die Schatulle …“, Tropical flüsterte ehrfürchtig, „ist eine magische Truhe. Unscheinbar, nur etwa so groß wie deine Hand, mit silbernen Ornamenten verziert. Sie hat einen halbrunden Deckel, dessen Geheimnis nur ein würdiger, nur der richtige Nachfolger zu lüften vermag.“
„Wo sollte sie sein?“
„Unter einem uralten
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