Lyon - A.M.O.R. 01
betreten anscheinend nur mit Magie.
Das Wort unmöglich wollte sich in ihr Bewusstsein schieben, doch seit Lyon in ihr Leben getreten war, war vieles Unmögliche möglich geworden und sie schien imstande, Irreales zu akzeptieren. Dennoch breitete sich Unruhe aus wie zähe Melasse. Sie beäugte den Vampir und biss sich auf die Lippe, als der Groschen fiel. Der einzige Weg heraus lag vor ihr. Scheiße, verreckte der Kerl, starb sie ebenfalls. Lebendig begraben unter einer Sextillion Tonnen Bergg e stein, elendig verdurstet. Ein eisiger Schauder überlief sie und es kostete sie weitere Kraftreserven, bis sie die Furcht in ein Verlies ihres Ichs zurückg e drängt und eingeschlossen hatte, um logisch nachdenken zu können.
Der Jäger hatte sie hierher gebracht, sprich, er kannte auch den Weg hinaus. Sie war Medizinerin, also? Adina hatte sehr schlimm verletzte Unfallopfer no t versorgt, aber ihr Widerwille, sich diesem Magyc zu nähern, schien stärker als alles, was sie bisher empfunden hatte. Es fühlte sich an, als warnte ihr Ve r stand sie nicht nur, einen bösen Feind vor sich zu haben, sondern er packte sie mit unsichtbarem Griff im Nacken und zerrte sie regelrecht in die hinterste Ecke der Höhle. Der Gedanke an Lyon erfüllte ihr Herz, ihr Bedürfnis, ihm erneut zu begegnen, um eine gemeinsame Zukunft zu ermöglichen. Er schen k te ihr Kraft und Zuversicht und sie kniete sich in sicherem Abstand neben den Mann auf den Steinboden und betrachtete sein Gesicht. Er lag still wie tot. Es sollte ein professionelles Vorgehen werden, doch seine feinen Züge muteten so attraktiv an, ließen ihre Überlegungen abdriften. Sie wusste, woher auch immer, dass er alt war , obwohl seine dunkel gebräunte Gesichtshaut wenige Falten zeigte. Oval, maskulin, mit einem Fünftagebart. Er strahlte Macht aus und übte eine ähnliche Faszination aus wie Lyon. Was er wohl gerade tat? Ob er so häufig an sie dachte wie sie an ihn? Sie neigte kurz den Blick. Diese Vampire bes a ßen ein bezauberndes Charisma, wovor sich die Menschen nicht schützen konnten oder wollten. Sie erlag dem scheinbar ebenso, s ogar bei e i nem Feind, hoffte nur, es jedes Mal zu bemerken, um trotzdem Herr ihrer Sinne zu ble i ben.
Adina suchte nach dem Grund seiner Qual. Seine legere Kleidung lag wie e i ne zweite Haut auf seinen Muskelbergen. Das Shirt klebte nass geschwitzt auf dem Oberkörper, seine Brustmuskulatur hob und senkte sich ruhig. Sie legte ihm behutsam die Hand auf die feuchte Stirn.
Plötzlich sprang er mit schreckgeweiteten Augen auf und schrie.
Adina tat dasselbe. Ihr Puls hämmerte vor Schock, sie wich zurück und drückte sich gegen die Wand. Er starrte sie an, scheinbar auf einmal erholt, viel zu erholt für ihren Geschmack.
„Verdammt noch mal!“ Torkelnd kam er auf sie zu, ballte die Fäuste, die so groß schienen wie ihr Kopf.
Sie hob abwehrend die Handflächen, duckte sich in Erwartung eines Schl a ges. Er fluchte weiterhin, packte ihre Gelenke und fesselte sie waagerecht li e gend stramm an zwei Ringe. Dann ließ er sich keuchend an der Felswand g e genüber hinabrutschen und schloss die Lider.
Das lähmende Zittern verebbte und Adina argwöhnte, dass er mehr Scheu vor ihr empfand als sie vor ihm. Je länger sie ihn betrachtete, desto einleuc h tender fand sie den Gedanken, obwohl ihr den Blödsinn offenkundig einer i h rer neuen Instinkte oder Sinne eintrichterte. Völlig absurd, er war der Feind. Brutal, blutrünstig, unberechenbar … Er hatte sie verfolgt und entführt. We s halb sollte er Angst vor ihr haben? Sie sollte sich vor ihm fürchten, doch g e nauso, wie ihr Nacken sie vor ihm warnte, zog eine diffuse Ahnung sie zu ihm hin. Und es war gewiss nicht seine Ausstrahlung. Aber was zum Teufel dann?
Adina schluckte. Es gab nur eins, was sie wirklich musste – hier raus! Nur aus eigener Kraft war es unmöglich. Hier war das Wort leider allzu passend. Sie hatte nur die Chance, ihn zu überzeugen, sie freizulassen oder … Ihr war schmerzlich bewusst, sich an einen Strohhalm zu klammern, der ganz schnell abknicken konnte.
„Adina.“ Sie stellte sich gehaucht vor. Das Wort kam ihr sogar über die Li p pen, ohne ihren Rachen zu zerfetzen.
Er blickte auf, blinzelte. Das feuchte Haar stand schräg zu Berge wie die Haube eines Kakadus. Seine Stirn furchte sich, als hätte sie ihn nach seiner P e nislänge gefragt.
Adina deutete mit einem Finger auf ihren Hals. „Wasser?“
Seine vollen Brauen formten auf dem Rücken
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