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Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse

Titel: Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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Macht.« Er versetzte Dhrun einen Tritt. »Auf die Füße!«
    »Du hattest mir gesagt, du hättest dein früheres Verhalten bereut!« rief Dhrun empört.
    »Ganz recht! Ich war nicht hart genug. Ich ließ zuviel Nachlässigkeit durchgehen. Doch das wird jetzt anders. Zum Wagen! Alle miteinander!«
    Die verängstigten Kinder scharten sich am Wagen zusammen und warteten, bis Nerulf aus einem Erlenzweig und drei Schnüren eine primitive, aber brauchbare Peitsche gefertigt hatte.
    »Stellt euch auf!« bellte Nerulf. »Aber flugs! Pode, Daffin, muß ich euch erst Beine machen? Möchtet ihr gerne die Peitsche schmecken? Ruhe! Hört mir jetzt alle aufmerksam zu, ich sage meine Worte nicht ein zweites Mal!
    Erstens: Ich bin euer Herr, und ihr habt meine Befehle zu befolgen.
    Zweitens: Der Schatz gehört mir. Jedes Juwel, jede Münze, jede noch so kleine Kleinigkeit.
    Drittens: Unser Ziel ist Cluggach in Godelia. Die Kelten stellen weit weniger Fragen als die Daut und kümmern sich nicht so sehr um anderer Leute Angelegenheiten.
    Viertens:« – hier hielt Nerulf inne und lächelte unangenehm – »Als ich mich nicht wehren konnte, nahmt ihr Stöcke und verprügeltet mich. Ich erinnere mich an jeden einzelnen Schlag, und wenn die, die mich geschlagen haben, jetzt ein Kribbeln auf der Haut spüren, so sind ihre Befürchtungen sehr wohl begründet. Nackte Hintern werden sich zum Himmel recken! Gerten werden durch die Luft pfeifen, und es wird Striemen geben!
    Das ist alles, was ich euch zu sagen habe, aber ich bin gern bereit, auf Fragen zu antworten.«
    Niemand sprach. Ein düsterer Gedanke ging Dhrun durch den Kopf: Die sieben Jahre hatten kaum begonnen, und schon hatte das Pech mit grausamer Gewalt zugeschlagen.
    »Dann nehmt eure Plätze an der Deichsel ein!«
    »Heute geht's geschwind voran, jetzt weht ein anderer Wind! Nicht wie gestern, als ihr lahm dahintrottetet!« Nerulf stieg auf den Karren und machte es sich bequem. »Los geht's! Frisch voran! Den Kopf in den Nacken geworfen, und dann will ich die Hacken fliegen sehen!« Er ließ die Peitsche knallen. »Pode! Die Arme geradehalten und nicht so mit den Ellenbogen gerudert! Daffin! Halt die Augen auf, sonst landen wir alle noch im Graben! Dhrun, etwas energischer; zeig uns mal einen flinken, kräftigen Schritt! Und auf geht's, frisch durch den wunderschönen Morgen, und die Beine geworfen, daß es nur so eine Lust ist ... Heda! Wieso plötzlich so langsam? Ihr Mädchen da, ihr lauft ja wie die Hühner!«
    »Wir sind müde«, keuchte Glyneth.
    »So schnell? Nun, vielleicht habe ich eure Kraft überschätzt, weil es von hier oben so leicht aussieht. Ich will nicht, daß ihr mir zu schlaff werdet. Schließlich habe ich heute nacht noch etwas anderes, nicht minder Anstrengendes mit euch vor. Haha! Vergnügen für den, der die Peitsche schwingt! Vorwärts jetzt, aber nur mit halber Geschwindigkeit.«
    Dhrun nutzte die Gelegenheit, Glyneth heimlich zuzuflüstern: »Sei ohne Sorge, er wird dir nichts tun. Mein Schwert ist ein Zauberschwert, es kommt auf meinen Befehl zu mir zurück. Ich werde es in einem günstigen Moment in meine Hand rufen und ihn in Schach halten.«
    Glyneth nickte verzagt.
     
    Zur Mitte des Nachmittags begann die Straße vor einer Hügelkette anzusteigen, und die Kinder vermochten das vereinte Gewicht von Karren, Schatz und Nerulf nicht länger zu bewegen. Als er einsah, daß auch die Peitsche nicht half, stieg er ab, und schließlich half er schieben. Mit vereinten Kräften gelang es ihnen, den Karren das restliche Stück bis zur Kuppe hinaufzuschieben. Eine kurze, aber steile Gefällstrecke lag zwischen ihnen und dem Ufer des Lingolen-Sees. Nerulf fällte mit Dhruns Schwert eine vierzig Fuß hohe Kiefer und band sie als Dregge an das Heck des Karrens. Mit der Bremswirkung des Baumes schafften sie das Gefälle sicher.
    Sie befanden sich nun auf dem sumpfigen Bruch-land zwischen dem See und den dunklen Hügeln, hinter denen die Sonne allmählich zu sinken begann.
    Eine Reihe von Inseln ragten aus dem Sumpfland. Eine von ihnen diente als Zuflucht für eine Räuberbande. Ihre Späher hatten den Karren schon bemerkt und kamen aus dem Hinterhalt gesprungen. Die Kinder standen einen Moment lang vor Schreck wie gelähmt da, dann stoben sie in alle Richtungen davon. Als die Räuber sahen, welcherart ihre Beute war, ließen sie jeden Gedanken der Verfolgung fahren.
    Dhrun und Glyneth flohen gemeinsam über die Straße nach Osten. Sie rannten, bis ihre Lungen

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