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Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse

Titel: Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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zurück.
    Draußen in der Marsch wich Nerulf langsam vor dem Hezeptor zurück, der mit hoch erhobenen Armen und gespreizten Klauen drohend auf ihn zugewatet kam. Nerulf versuchte eine Finte mit dem Schwert, und es gelang ihm, die Schulter des Hezeptors zu durchbohren. Ein wütendes Zischen war die Antwort. Der rechte Zeitpunkt war gekommen. Dhrun rief: »Dassenach! Zu mir!«
    Das Schwert entwand sich mit einem Ruck Nerulfs Fingern und flog über die Marsch direkt in Dhruns Hand. Mit düsterer Miene schob er es in die Scheide. Der Hezeptor torkelte vorwärts, packte Nerulf und zog den schreienden Bösewicht hinunter in den gurgelnden Sumpf.
     
    Inzwischen hatte sich Dunkelheit über das Land gesenkt, und die Sterne leuchteten am Himmel. Dhrun und Glyneth stiegen auf einen grasbewachsenen Hügel gleich am Rande der Straße. Sie sammelten Gras, richteten sich ein weiches Bett und streckten ihre müden Glieder aus. Eine halbe Stunde lagen sie noch wach und betrachteten die Sterne, die groß und silbrigweiß am Himmel funkelten. Dann übermannte sie die Müdigkeit, und sie schliefen, dicht aneinandergekuschelt, tief und fest bis in den Morgen.
    Zwei vergleichsweise ereignislose Tage später kamen Dhrun und Glyneth an einen breiten Fluß, der Murmeil, wie Glyneth vermutete. Die gepflasterte Straße endete hier. Eine massive Steinbrücke überspannte den Fluß.
    Ehe er einen Fuß auf die Brücke setzte, rief Dhrun erst dreimal laut nach dem Zollabnehmer, aber niemand zeigte sich, und sie überquerten die Brücke unbehelligt.
    Nun mußten sie sich zwischen drei Wegen entscheiden. Einer führte am Fluß entlang nach Osten, der zweite verlief direkt neben dem Fluß stromaufwärts, der dritte wand sich Richtung Norden, so als hätte er kein bestimmtes Ziel.
    Dhrun und Glyneth wählten den Weg, der nach Osten führte. Zwei Tage folgten sie dem Fluß durch Landschaften von wunderbarer Schönheit. Glyneth freute sich über das schöne Wetter. »Bedenke doch einmal, Dhrun! Wenn du wirklich mit Pech geschlagen wärest, dann würde uns Regen bis auf die Haut durchnässen, es gäbe Schnee und Frost, und wir würden frieren bis auf die Knochen!«
    »Ich wünschte, ich könnte das glauben.«
    »Daran gibt es nicht den geringsten Zweifel. Und schau doch einmal, die herrlichen Beeren dort! Gerade recht zu unserem Mittagessen! Ist das nicht wahrhaft Glück?«
    Dhrun war bereit, sich überzeugen zu lassen. »Es sieht wirklich fast so aus.«
    »Aber gewiß! Laß uns nicht mehr von Pech und Unglück sprechen.« Glyneth lief zu den Sträuchern, die einen kleinen Bach säumten, nahe an der Stelle, wo der Bach sich einen Abhang hinunter in den Murmeil ergoß.
    »Warte!« rief Dhrun. »Laß uns das Pech nicht herausfordern!« Er rief laut: »Verbietet uns jemand, von den Beeren zu essen?« Es kam keine Antwort, und die beiden aßen sich an den köstlichen reifen Brombeeren satt.
    Danach lagen sie eine Weile im Schatten und ruhten sich ans. »Nun, da wir fast aus dem Wald heraus sind, ist es Zeit, daß wir Pläne schmieden«, sagte Glyneth. »Hast du schon überlegt, was wir machen sollen?«
    »O ja. Wir wandern hierhin und dorthin und versuchen, meinen Vater und meine Mutter zu finden. Wenn ich wirklich ein Prinz bin, dann werden wir auf einem Schloß leben, und ich werde darauf bestehen, daß auch du zu einer Prinzessin gemacht wirst. Du sollst feine Kleider haben, eine Kutsche und eine Katze wie deine Pettis.«
    Glyneth küßte Dhrun lachend auf die Wange. »Ich würde gern auf einem Schloß wohnen. Bestimmt werden wir deinen Vater und deine Mutter finden, denn so viele Prinzen und Prinzessinnen gibt es ja nicht!«
    Glyneth wurde müde. Die Augen fielen ihr zu, und sie nickte ein. Dhrun, der unruhig wurde, stand auf, um einen Pfad zu erkunden, der entlang dem Bach verlief. Er ging hundert Schritte und schaute zurück. Glyneth lag noch immer schlafend da. Er ging weitere hundert Schritte und noch einmal hundert. Der Wald schien vollkommen still. Die Bäume erhoben sich zu majestätischer Größe, sie waren höher als alle, die Dhrun je gesehen hatte, und ihre Kronen vereinigten sich hoch oben zu einem leuchtenden grünen Baldachin.
    Der Pfad führte über einen felsigen kleinen Hügel. Dhrun stieg hinauf. Oben angekommen, fiel sein Blick über einen kleinen See, der ganz im Schatten der hohen Bäume lag. Fünf nackte Dryaden wateten in den seichten Stellen des Sees: schlanke Geschöpfe mit rosaroten Mündern und langem braunem Haar, kleinen

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