Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse
Ogers nörgeln oder über den Schlund eines Ossip? Der Tod ereilt alle Sterblichen.«
»Pah!« stieß Aillas hervor. »Flink ist schnell zu Fuße; laßt ihn doch mit dem Nimmerfehl in den Wald hinausrennen und meinen Sohn zurückholen.«
Gekicher erscholl von allen Seiten, das rasch wieder verstummte, als König Throbius – gar nicht ergötzt – gebieterisch den Arm hob. »Die Sonne steht hoch und brennt, der Tau trocknet, und die Bienen schwärmen um unsere Blumenkelche. Ich verliere die Lust an langen Verhandlungen. Was sind deine endgültigen Bedingungen?«
»Ich will nach wie vor meinen Sohn zurückhaben, sicher und wohlbehalten. Das bedeutet, das Mordet der sieben Jahre Pech muß aufgehoben werden, und mein Sohn Dhrun muß in meine sichere Obhut gelangen. Dafür gebe ich die Gemme her.«
»Man kann nur das Vernünftige und das Angemessene tun«, sagte König Throbius. »Falael soll das Mordet aufheben. Was Dhrun betrifft, hier ist das Nimmerfehl und mit ihm unsere Garantie: Es wird dich zu Dhrun in seiner vollen Lebenskraft führen. Nimm es nun.« Er drückte Aillas das Nimmerfehl in die Hand, der daraufhin seinen Griff um die Gemme lockerte. König Throbius ergriff sie und hielt sie hoch. »Sie ist unser!« Von allen Seiten kamen Seufzer der Ehrfurcht und der Freude: »Ah!« »Oh!« »Seht, welch ein Glanz!« »So ein Tölpel!« »Seht nur, was er für solch eine Kleinigkeit hergegeben hat!« »Für einen solchen Schatz hätte er ein Windboot verlangen können oder einen von Greifen getragenen Palankin und Elfenjungfern als Dienerinnen dazu!« »Oder eine Burg mit zwanzig Türmen auf der Nebelwiese!« »Oh, was für ein Tor er doch ist!«
Die Trugbilder verschwammen. König Throbius begann seine Umrisse zu verlieren. »Wartet!« schrie Aillas. Er bekam den scharlachroten Mantel zu fassen. »Was ist mit dem Mordet? Es muß aufgehoben werden!«
Bestürzt rief Flink: »Sterblicher, du hast es gewagt, den königlichen Mantel zu berühren! Das ist ein unverzeihliches Vergehen!«
»Eure Versprechungen schützen mich«, erwiderte Aillas. »Das Mordet muß aufgehoben werden!«
»Wie lästig«, seufzte König Throbius. »Ich muß mich wohl darum kümmern. Falael! Du da drüben, der du dir so fleißig den Bauch kratzest – hebe deinen Fluch auf, und ich befreie dich von dem Juckreiz.«
»Meine Ehre steht auf dem Spiel!« schrie Falael. »Wollt Ihr, daß ich als Wetterfahne dastehe?«
»Niemand wird auch nur die geringste Notiz davon nehmen.«
»Laßt ihn Abbitte tun für seine bösen Seitenblicke!«
»Als sein Vater«, sprach Aillas, »will ich stellvertretend für ihn handeln und hiermit sein tiefes Bedauern ausdrücken für alle solche Taten, die Euch gestört haben.«
»Schließlich war es nicht nett, mich so zu behandeln.«
»Gewiß nicht! Ihr seid feinfühlig und gerecht.«
»In dem Fall will ich König Throbius daran erinnern, daß das Mordet sein eigenes war. Ich habe Dhrun lediglich mit einer List dazu gebracht, sich noch einmal umzublicken.«
»Verhält es sich wahrhaftig so?« begehrte König Throbius zu wissen.
Flink rief: »Genauso, Majestät.«
»Dann kann ich nichts tun. Der königliche Fluch ist unauslöschlich.«
»Gebt mir den Stein zurück!« schrie Aillas. »Ihr habt Euch nicht an unsere Abmachung gehalten!«
»Ich versprach, alles Vernünftige und Angemessene zu tun. Das habe ich. Alles darüber Hinausgehende ist nicht angemessen. Flink! Aillas wird lästig. An welchem Saum hat er meinen Mantel gepackt – am nördlichen, östlichen, südlichen oder westlichen?«
»Am westlichen, Majestät.«
»Am westlichen, sagst du? Nun, wir können ihm kein Leid zufügen, aber wir können ihn von der Stelle bewegen. Schaff ihn nach Westen, denn das scheint seine bevorzugte Richtung zu sein, und zwar so weit wie möglich!«
Aillas fühlte sich gepackt und emporgewirbelt bis hoch in den Himmel. Der Wind heulte in seinen Ohren, Sonne, Erde und Wolken rasten um ihn herum. Hoch stieg er, immer höher, in wirbelndem Flug, dann senkte er sich auf eine sonnenglitzernde Wasserfläche zu, und kurz darauf landete er im Sand direkt vor der Brandung. »Nun bist du so weit im Westen, wie man nur sein kann!« rief eine vor Lachen halb erstickte Stimme.
»Sei uns dankbar! Wären wir unhöflich, dann wäre ›Westen‹ noch eine halbe Meile weiter gewesen.«
Die Stimme verhallte. Aillas raffte sich mit zitternden Knien auf. Er stand einsam auf einem kahlen Vorgebirge, nicht weit entfernt von einer
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