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Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse

Titel: Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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auf einem Balkon, flankiert von Dame Maugelin und Suldrun. Mit heller, näselnder Stimme rief sie herab: »Aufgepaßt, Gesinde! Ich zeihe diese Frau dort, Ehirme, der Missetat! Durch Torheit und Fahrlässigkeit bereitete sie uns Gram und Bestürzung, indem sie die Person der geliebten Prinzessin Suldrun unerlaubt vom Palast entfernte. Sprich, Weib, bereust du deine Übeltat?«
    Suldrun schrie laut: »Sie hat nichts getan! Sie hat mich heimgebracht!«
    Gepackt von jener eigentümlichen Leidenschaft, welche oft jene befällt, die einer Züchtigung beiwohnen, ließ Dame Maugelin sich dazu hinreißen, Suldrun beim Arm zu packen und sie roh zurückzureißen. »Schweig!« zischte sie.
    Ehirme jammerte: »Ich schäme mich, wenn ich Unrecht getan habe! Ich habe die Prinzessin doch nur in großer Eile heimgebracht!«
    Dame Boudetta erkannte plötzlich in aller Klarheit, daß Ehirme die Wahrheit sprach. Ihre Mundwinkel zuckten. Sie trat an die Brüstung. Sie konnte jetzt nicht mehr zurück; ihre Würde stand auf dem Spiel. Ohne Zweifel hatte sich Ehirme andere Vergehen zuschulden kommen lassen, bei denen sie der Strafe entronnen war. Und war nicht ihr freches Benehmen Grund genug, sie zu bestrafen?
    Dame Boudetta hob die Hand. »An alle, daß euch das eine Lehre sei! Erfüllt gehorsam eure Pflichten! Seid niemals anmaßend! Respektiert eure Vorgesetzten! Seid achtsam und bescheiden! Kerkermeister! Acht Streiche, hart, aber gerecht!« Der Kerkermeister trat zurück, zog sich eine schwarze Henkersmaske übers Gesicht und schritt dann hinter Ehirme. Er zog ihr den derben braunen Rock hoch bis über die Schultern, so daß ihr weißes, ausladendes Hinterteil entblößt lag. Bedächtig hob er seine Rute.
Zisch-klatsch!
Ein keuchender Aufschrei von Ehirme. Von den Gaffern die gemischten Laute von scharf eingesogener Luft und unterdrücktem Kichern.
    Dame Boudetta schaute teilnahmslos zu. Dame Maugelin zeigte ein spitzlippiges geistloses Lächeln. Suldrun stand still da und biß sich auf die Unterlippe. Mit selbstkritischer Bedächtigkeit schwang der Kerkermeister seine Rute. Wenn auch kein freundlicher Mann, fand er keinen Geschmack am Schmerz anderer, und überdies war er heute bei guter Laune. Er tat so, als würde er sich mächtig anstrengen, holte bei jedem Schlag weit aus, bog die Schulter zurück, schnaufte und ächzte, wenn er die Rute niedersausen ließ, legte aber nur wenig wirkliche Kraft in seine Hiebe und zerfetzte Ehirme nicht die Haut. Dennoch stöhnte sie bei jedem Schlag herzzerreißend auf, und alle waren beeindruckt von der Härte ihrer Züchtigung.
    »... sieben ... acht. Genug!« befahl Dame Boudetta. »Trinthe, Molotta, kümmert euch um das Weib. Reibt seinen Körper mit gutem Öl ein, und dann bringt es nach Hause. Die anderen gehen wieder an ihre Arbeit!«
    Dame Boudetta wandte sich um und marschierte vom Balkon in einen Salon, der den hochrangigen Dienstboten, zu denen neben ihr selbst der Seneschall, der Rentmeister, der Offizier der Palastgarde und der Haushofmeister zählten, als Aufenthaltsund Erfrischungsraum vorbehalten war. Dame Maugelin und Suldrun folgten ihr.
    Als Dame Boudetta sich Suldrun zuwenden wollte, mußte sie feststellen, daß diese schon auf halbem Wege zur Tür war.
    »Kind! Prinzessin Suldrun! Wohin lauft Ihr?«
    Dame Maugelin lief schwerfällig hinter Suldrun her und versperrte ihr den Weg.
    Suldrun blieb stehen und blickte erst die eine, dann die andere der beiden Frauen an. In ihren Augen glitzerten Tränen.
    »Bitte schenkt mir Eure Aufmerksamkeit, Prinzessin«, sagte Dame Boudetta. »Wir werden ab sofort mit etwas beginnen, das vielleicht schon viel zu lange hinausgezögert wurde: Eure Erziehung. Ihr müßt lernen, eine Dame von Achtung und Würde zu werden. Dame Maugelin wird Euch unterweisen.«
    »Ich will sie nicht!«
    »Aber Ihr werdet sie bekommen, auf den ausdrücklichen Befehl von Königin Sollace.«
    Suldrun schaute Dame Boudetta fest in die Augen. »Eines Tages werde ich Königin sein. Dann wirst du ausgepeitscht.« Dame Boudetta öffnete den Mund, dann schloß sie ihn wieder. Sie tat einen hastigen Schritt auf Suldrun zu, die halb abwehrend, halb herausfordernd dastand. Dame Boudetta blieb stehen. Dame Maugelin verfolgte die Szene mit einem freudlosen Grinsen von der Seite, ihr Blick wanderte flink zwischen den beiden hin und her.
    Dame Boudetta sagte mit krächzender, mühsam beherrschter Stimme: »Prinzessin Suldrun, wisset, daß ich nur aus Ergebenheit zu Euch handle. Es

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