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Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse

Titel: Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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machst du da?« fragte Aillas erstaunt.
    »Bruder Umphred mag vielleicht von diesem Hinterzimmer wissen, von dem anderen wird er jedoch nichts wissen.«
    Die Tür ging auf. Grünes und purpurfarbenes Licht flutete ihr entgegen. Suldrun flüsterte: »Wenn er näher kommen sollte, verstecken wir uns hier drinnen.«
    Aillas, der noch immer durch den Spalt spähte, antwortete: »Nein, er kehrt um ... Jetzt verläßt er den Saal. Suldrun?«
    »Ich bin hier drin. Dies ist die Kammer, in der mein Vater, der König, seine magischen Dinge aufbewahrt. Komm, schau sie dir an!«
    Aillas ging zögernd zum Türeingang und spähte vorsichtig nach links und rechts.
    »Hab keine Furcht«, ermutigte ihn Suldrun. »Ich war schon mehrmals hier. Der kleine Kobold ist ein Skak; er ist sicher in seiner Flasche gefangen. Ich bin sicher, daß er die Freiheit vorziehen würde, aber ich fürchte seine Bosheit. Der Spiegel ist Persilian; er spricht zur gehörigen Zeit. Das Kuhhorn gibt entweder frische Milch oder Honigwasser, je nachdem, wie man es hält.«
    Aillas näherte sich langsam. Der Skak starrte ihn wütend an. Bunte, in Röhren eingefangene Lichtstäubchen schossen aufgeregt in ihren Gefängnissen umher. Eine hoch oben im Schatten hängende Wasserspeier-Maske schickte ein hämisches Grinsen herunter.
    Bestürzt rief Aillas: »Komm, ehe uns ein Unglück widerfährt!« Suldrun versetzte: »Keines von diesen Dingen hat mir je Leid zugefügt. Der Spiegel kennt meinen Namen und spricht zu mir!«
    »Zauberstimmen sind von Unheil! Komm! Wir müssen dem Palast entfliehen!«
    »Einen Moment, Aillas. Der Spiegel hat freundlich gesprochen, vielleicht tut er es noch einmal. Persilian?«
    Aus dem Spiegel kam eine melancholische Stimme: »Wer ruft da ›Persilian‹?«
    »Ich bin es, Suldrun! Du hast schon einmal mit mir gesprochen und mich beim Namen genannt. Hier ist mein Geliebter, Aillas!«
    Persilian stieß einen Seufzer aus, dann sang er mit tiefer, voll tönender Stimme, ganz langsam, so daß jedes Wort klar und deutlich zu verstehen war:
     
    »Aillas kam mit dunkler Flut
    Suldrun barg ihn vor dem Tod
    Sie einten ihre Seele in ehelichem Band
    Und schenkten Leben einem Sohn
     
    Aillas: wähl aus vielen Wegen
    Sie alle führ'n durch Blut und Pein
    Doch mußt, die Vaterschaft zu siegeln
    Noch heut du Suldrun frei'n
     
    Lang dient' ich König Casmir
    Er frug mich Fragen drei
    Doch niemals er die vierte stellt
    Die endlich mich macht frei
     
    Aillas, du mußt mich nehmen nun
    Verbergen ganz allein
    Bei Suldruns Baum, dort will ich ruh'n
    Wohl unter einem Stein.«
     
    Als bewege er sich in einem Traum, streckte Aillas die Hände nach Persilian aus. Er hob ihn von dem metallnen Pflock, mit dem er an der Wand befestigt war. Dann hielt er den Spiegel hoch vor sein Antlitz und fragte verblüfft: »Wie kann ich noch heute Suldrun freien?«
    Persilians weiche, volle Stimme ertönte aus dem Spiegel: »Du hast mich Casmir gestohlen, ich gehöre nun dir. Dies ist deine erste Frage. Zwei weitere Fragen darfst du noch stellen. Fragst du aber eine vierte, dann bin ich frei.«
    »Sehr gut, wie du es wünschst. Wie also werden wir getraut?«
    »Kehrt in den Garten zurück, der Weg ist sicher. Dort soll euer Ehebund geschmiedet werden. Sorge dafür, daß er stark und fest wird. Doch nun hurtig, die Zeit drängt! Ihr müßt weg von hier, ehe die Tore Haidions für die Nacht verriegelt werden!«
    Ohne weitere Umstände verließen Suldrun und Aillas die geheime Kammer und zogen die Tür fest hinter sich zu, so daß kein purpurfarbenes und grünes Licht mehr hindurchsickerte. Suldrun lugte durch den Spalt im Vorhang. Das Ehrenhaus war leer bis auf die vierundfünfzig Stühle, die sie in ihrer Kindheit so sehr in ihren Bann geschlagen hatten. Jetzt kamen sie ihr eingeschrumpft und alt vor, und ein Teil ihrer Herrlichkeit war von ihnen gewichen. Doch immer noch spürte Suldrun ihre düstere Präsenz, als sie und Aillas durch den Saal eilten.
    Die Lange Galerie war leer. Die beiden rannten zum Oktagon und von dort hinaus in die Nacht. Sie wollten gerade die Arkade hinunterlaufen, als ein Quartett von Palastwächtern in waffenklirrendem Marschtritt vom Urquial her nahte. Hastig wichen die beiden in die Orangerie.
    Die Schritte der Soldaten verhallten. Das Mondlicht, das durch die Bögen hereinfiel, malte silbergraue Streifengebilde an die Wand der Arkade, die sich abwechselten mit den tiefschwarzen Schatten der Säulen. Über der Stadt Lyonesse flackerten noch

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