Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse
andere.«
Bruder Umphred kam taumelnd auf die Beine, unzusammenhängende Phrasen stammelnd.
»Traue uns!« herrschte Aillas ihn an. »Du bist Priester, und ich rate dir, mach es gut!«
Bruder Umphred brauchte einige Zeit, seine Soutane zu richten und seine Fassung wiederzugewinnen. »Euch trauen? Das ist nicht möglich.«
»Gewiß ist es möglich«, wandte Suldrun ein. »Ihr habt doch auch Trauungen unter der Dienerschaft vorgenommen.«
»In der Kapelle von Haidion.«
»Das hier ist eine Kapelle. Ihr selbst habt sie geweiht.«
»Sie ist nun wieder entweiht worden. Und überhaupt, ich kann die Sakramente nur getauften Christen spenden.«
»Dann tauft uns rasch!«
Bruder Umphred schüttelte lächelnd den Kopf. »Erst müßt ihr wahrhaftig glauben und Katechumenen werden. Und außerdem würde König Casmir in furchtbarem Zorn entbrennen und schreckliche Vergeltung an uns allen üben!«
Aillas hob ein kräftiges Stück Treibholz auf. »Priester, dieser Prügel macht König Casmirs Vergeltung überflüssig. Traue uns, oder ich schlage dir den Kopf ein!«
Suldrun fiel ihm in den Arm. »Nein, Aillas! Wir heiraten nach der Art des Volkes, und er soll Zeuge sein. Damit ist die Debatte, wer Christ ist und wer nicht, überflüssig.«
Wieder begehrte Bruder Umphred auf. »Ich kann nicht an eurem heidnischen Ritus teilnehmen.«
»Du mußt«, erwiderte Aillas.
Die zwei stellten sich vor den Tisch und sangen die Litanei der bäuerlichen Trauungszeremonie:
»Seid alle Zeugen, wie wir zwei das Gelübde der Ehe tun! Mit diesem Brot, das wir zusammen essen.«
Die beiden brachen ein Stück Brot und aßen es.
»Mit diesem Wasser, das wir zusammen trinken.«
Die zwei tranken Wasser aus derselben Tasse.
»Mit diesem Feuer, das uns beide wärmt.«
Die zwei fuhren mit der Hand durch die Flamme der Kerze.
»Mit diesem Blut, das wir vermischen.«
Mit einer dünnen Nadel stach Aillas erst in Suldruns, dann in seinen Finger. Dann hielten sie die Finger aneinander, so daß sich das Blut vermengte.
»Mit der Liebe, die unsere Herzen aneinander bindet.«
Die beiden küßten sich und lächelten.
»So sind wir denn feierlich und förmlich in Ehe verbunden und erklären uns zu Mann und Weib, im Einklang mit den Gesetzen der Menschen und dem gütigen Wohlwollen der Natur.«
Aillas holte Feder, Tinte und Pergament hervor. »Schreib, Priester! ›In dieser heutigen Nacht war ich Zeuge der Trauung von Suldrun und Aillas.‹ Und unterschreibe mit deinem Namen.«
Mit zitternden Händen stieß Bruder Umphred die Feder beiseite. »Ich fürchte den Zorn König Casmirs!«
»Priester, fürchte mich mehr!«
Bebend vor Angst tat Bruder Umphred wie geheißen. »Und nun laßt mich gehen!«
»Damit du zu König Casmir läufst und ihm alles erzählst?« Aillas schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Ihr habt nichts zu befürchten!« krächzte Bruder Umphred. »Ich werde schweigen wie ein Grab! Ich kenne tausend Geheimnisse!«
»Schwört!« rief Suldrun. »Auf die Knie mit Euch! Küsset das heilige Buch, das Ihr in Eurem Beutel tragt, und schwört bei Eurer Hoffnung auf Erlösung und bei Eurer Furcht vor der ewigen Hölle, daß Ihr nichts verraten werdet von dem, was Ihr heute nacht gesehen, gehört und getan habt!«
Bruder Umphred, aschfahl und vor Schweiß triefend, schaute von einem zum andern. Dann sank er langsam auf die Knie, küßte das Buch des Evangeliums und legte seinen Schwur ab. Dann raffte er sich schwer atmend auf. »Ich habe bezeugt, ich habe geschworen, nun ist es mein Recht, zu gehen!«
»Nein«, sagte Aillas mit düsterer Stimme. »Ich traue dir nicht. Ich fürchte, daß dein Haß dein Ehrgefühl besiegt und uns also vernichtet. Dieses Risiko kann ich nicht eingehen.«
Bruder Umphred war einen Augenblick lang sprachlos vor Entrüstung. »Aber ich habe bei allem geschworen, was mir heilig ist!«
»Und genauso leicht könntest du deinen Schwur widerrufen und dich so von der Sünde reinwaschen. Soll ich dich kaltblütig töten?«
»Nein!«
»Dann muß ich etwas anderes mit dir machen.« Die drei standen einen Moment wie erstarrt da und schauten einander an. Aillas regte sich als erster. »Warte hier, Priester, und versuche nicht, zu fliehen, bei Strafe einer Tracht Prügel mit diesem Knüppel. Suldrun und ich gehen einen Moment vor die Tür.«
Aillas und Suldrun gingen hinaus in die Nacht. Ein paar Ellen von der Tür der Kapelle entfernt blieben sie stehen. Aillas sagte mit gesenkter Stimme, aus Furcht, daß Bruder
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