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Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse

Titel: Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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Umphred sein Ohr zum Lauschen an die Tür gepreßt halten könnte: »Diesem Priester darf man nicht über den Weg trauen.«
    »Ich stimme dir zu«, sagte Suldrun. »Er ist glatt wie ein Aal.«
    »Trotzdem – töten kann ich ihn nicht. Wir können ihn aber auch nicht fesseln oder einsperren, auf daß Ehirme ihn versorge, weil dann ihre Hilfe ruchbar würde. Ich weiß nur einen einzigen Weg. Wir müssen uns trennen. Ich nehme ihn mit mir und wandere mit ihm nach Osten. Niemand wird Argwohn schöpfen. Wir sind keine Flüchtigen, die gesucht werden. Ich werde dafür Sorge tragen, daß er weder entflieht noch um Hilfe ruft: eine lästige und anstrengende Aufgabe, aber sie ist unumgänglich. In einer oder zwei Wochen werde ich ihn verlassen, während er im Schlummer liegt. Ich werde nach Glymwode eilen und dort zu dir stoßen, und alles wird so weitergehen, wie geplant.«
    Suldrun schlang die Arme um Aillas und legte den Kopf an seine Brust. »Müssen wir voneinander scheiden?«
    »Es gibt keinen anderen Weg, der sicher für uns ist, außer den Mann zu töten, aber dies vermag ich nicht kaltblütig zu tun. Ich werde ein paar Goldstücke mitnehmen. Nimm du den Rest mit dir, desgleichen Persilian. Morgen, eine Stunde nach Sonnenuntergang, gehst du zu Ehirme. Sie wird dich zu ihres Vaters Hütte schicken, und dort werde ich zu dir stoßen. Geh nun zum Lindenbaum und hole mir ein paar Schmuckstücke aus Gold, die ich gegen Essen und Trinken eintauschen kann. Ich bleibe hier und bewache den Priester.«
    Suldrun rannte den Pfad hinunter und kehrte gleich darauf mit dem Gold zurück. Sie traten in die Kapelle. Bruder Umphred stand am Tisch und starrte mürrisch ins Feuer.
    »Priester«, sagte Aillas, »wir beide werden eine Reise machen. Dreh dich um, ich muß dir die Arme auf dem Rücken zusammenbinden, damit du mir keine dummen Streiche machst. Wenn du folgsam bist, brauchst du kein Leid zu befürchten.«
    »Aber das ist schrecklich unbequem!« zeterte Bruder Umphred.
    »Das hättest du dir vorher überlegen sollen. Nun dreh dich um, leg deinen Talar ab, und verschränke die Arme hinter dem Rücken.«
    Aber Bruder Umphred dachte nicht daran. Er stürzte sich auf Aillas und schlug ihn mit dem Knüttel, den er heimlich aus dem Holzstapel gezogen hatte.
    Aillas taumelte zurück. Bruder Umphred stieß Suldrun zur Seite und hetzte aus der Kapelle. Er rannte, verfolgt von Aillas, den Pfad hinauf, durch die Hinterpforte und auf den Urquial, wobei er fortwährend aus Leibeskräften brüllte: »Wachen! Hierher zu mir! Hilfe! Verrat! Mord! Hilfe! Hierher zu mir! Ergreift den Missetäter!«
    Von der Arkade her nahten vier Palastwächter, dieselben, vor denen sich Aillas und Suldrun in der Orangerie versteckt hatten. Sie sprangen herbei und ergriffen sowohl Umphred als auch Aillas. »Was geht hier vor? Warum dieses schauerliche Gebrüll?«
    »Ruft König Casmir!« krächzte Bruder Umphred. »Vergeudet keine Zeit! Dieser Vagabund hat die Prinzessin Suldrun belästigt: eine schreckliche Untat!
    Bringt König Casmir her, sage ich! Sputet euch!«
    König Casmir wurde geholt, und Bruder Umphred sprudelte aufgeregt hervor: »Ich sah sie im Palast! Ich erkannte die Prinzessin, und ich sah auch diesen Mann bei ihr! Er ist ein Straßenvagabund! Ich folgte ihnen hierher und – stellt Euch diese Keckheit vor –, sie verlangten von mir, ich solle sie nach dem christlichen Ritus trauen! Ich widersetzte mich mutig diesem Ansinnen und warnte sie vor ihrem Verbrechen!«
    Suldrun, die bei der Hinterpforte stand, trat vor. »Herr, zürnt uns nicht. Das ist Aillas. Wir sind Mann und Frau. Wir lieben uns von ganzem Herzen. Bitte erlaubt uns, unser Leben gemeinsam in Ruhe und Frieden zu leben. Wenn Ihr uns dies gewährt, werden wir von Haidion fortgehen und niemals zurückkehren.«
    Bruder Umphred, immer noch voller Erregung über seine Rolle in der Affäre, wollte sich nicht beruhigen. »Sie bedrohten mich. Ich bin fast meines Verstandes beraubt ob ihrer Böswilligkeit! Sie zwangen mich, ihr Trauzeuge zu sein! Hätte ich nicht eingewilligt, ihre Zeremonie durch meine Unterschrift zu bezeugen, sie hätten mir den Hals gebrochen!«
    Casmir sprach mit eisiger Stimme: »Schweigt jetzt! Es reicht! Euch nehme ich mir später vor.« Er schnarrte einen Befehl: »Bringt mir Zerling her!« Dann wandte er sich Suldrun zu. In Augenblicken des Zorns oder der Erregung bemühte sich König Casmir immer um einen ruhigen und neutralen Tonfall, und das tat er auch jetzt.

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