Lyonesse 2 - Die grüne Perle
oder ohne Belang ist.«
»Mein Anliegen ist weder das eine noch das andere.«
Der Lakai holte den Großkanzler aus seiner Kanzlei, der fragte: »Ihr seid bestimmt kein Kurier aus Avallon?«
»Nein.« Aillas nahm den Großkanzler beiseite. »Ich bin in einer dringenden Angelegenheit hier. Ihr müßt mich direkt zu König Gax bringen.«
»Ah, aber das darf ich nicht. Wie lautet Euer Name, und in welcher Hinsicht ist Euer Anliegen so dringend?«
»Unterrichtet allein König Gax von meiner Anwesenheit, und dies nur unter vier Augen. Sagt ihm, daß ich ein Vertrauter von Sir Tristano von Troicinet bin, an den Ihr Euch vielleicht selbst noch erinnern werdet.«
»Ich erinnere mich in der Tat an ihn! Welchen Namen soll ich ihm also melden?«
»König Gax wird meinen Namen allein von mir genannt hören wollen.«
»Dann folgt mir bitte. Hier entlang.«
Der Großkanzler führte sie in die Haupthalle und deutete auf eine Bank an der Wand. »Bitte nehmt Platz. Sobald der König in der Lage ist, Euch zu empfangen, wird Rohan, der Kämmerer, Euch Bescheid sagen.«
»Denkt daran: niemand außer König Gax darf von meiner Anwesenheit erfahren!«
Eine halbe Stunde verstrich. Dann erschien Rohan, der Kämmerer: ein untersetzter, kurzbeiniger Mann von reifem Alter, mit schütterem weißen Haar und einem Ausdruck chronischen Argwohns im Gesicht. Er musterte die Gruppe mit automatischem Mißtrauen. Er sprach zu Aillas, der aufgestanden und ihm entgegengetreten war: »Der König hat Eure Nachricht mit wohlwollendem Interesse zur Kenntnis genommen. Er konferiert soeben mit den Ska, wird Euch aber in Kürze empfangen.«
Die Konferenz in König Gax' Schlafgemach war in der Tat von kurzer Dauer. Sir Kreim war bereits anwesend und starrte düster ins Feuer. Sobald die Herzöge Luhalcx und Ankhalcx eintraten, deutete König Gax auf einen jungen blonden Mann, der in dem grellen, prunkvollen Stil des Hofes zu Avallon gekleidet war.
»Dort ist der dautische Kurier. Herr, verlest König Audrys Botschaft bitte noch einmal.«
Der Kurier entrollte ein Pergament und las: »›An Gax, König von Nord-Ulfland: Königlicher Vetter! Ich übersende Euch meine besten Grüße! Bezüglich der Ska-Räuber rate ich Euch folgendes: fallt unerbittlich über sie her, und verteidigt Eure großartige Stadt noch für ein kurzes Weilchen, derweil ich hier noch ein oder zwei nagende lokale Probleme zu lösen habe. Sobald dies erledigt ist, werden wir gemeinsam diese bösartige menschliche Seuche ein für allemal ausrotten! Seid guten Mutes, und seid meiner besten Hoffnungen für den Erhalt Eurer Gesundheit versichert. Gezeichnet: Audry, König von Dahaut.‹«
König Gax sagte: »Das ist meine Botschaft von Au-dry. Es ist, wie ich erwartet habe; er beabsichtigt nichts zu unternehmen.«
Luhalcx nickte grimmig lächelnd. »Nun denn: was ist mit meinem Vorschlag?«
Außerstande, seine Wut im Zaum zu halten, schrie Sir Kreim: »Ich Sehe Euch an, Herr, legt Euch nicht fest, ehe wir miteinander konferiert haben!«
Gax ignorierte ihn. Zu Luhalcx sagte er: »Legt Euren Vorschlag in Form eines schriftlichen Protokolls nieder, und hebt Eure Garantien deutlich mit schwarzer Tinte hervor. In drei Tagen findet die Krönung statt.«
»Von wem?«
»Bringt mir Euer feierliches, handgeschriebenes Dokument.«
Luhalcx und Ankhalcx verbeugten sich und verließen den Raum. Sie stiegen die Treppe hinunter und schritten durch die Haupthalle. Auf einer Bank an der Seite der Halle saß eine Gruppe von fünf Personen. Eine junge Frau in ihrer Mitte schrie mit erschütternder Stimme: »Vater! Geh nicht an mir vorüber!«
Tatzel sprang auf und wäre durch die Halle gerannt, hätte Aillas sie nicht blitzschnell umfaßt und zurück auf die Bank gezogen. »Mädchen, sitz still und mache keinen Verdruß!«
Luhalcx starrte ungläubig erst auf Tatzel, dann auf Aillas, dann wieder auf Tatzel. »Was machst du hier, Tochter?«
Aillas sprach: »Richtet Eure Bemerkungen an mich! Das Mädchen ist meine Sklavin.«
Luhalcx fiel vor Verblüffung die Kinnlade herunter. »Höre ich recht? Was soll diese Narretei? Ihr irrt Euch, Mann! Dies ist die Lady Tatzel, eine edle Ska; wie kann sie Eure Sklavin sein?«
»Vermittelst der üblichen Methode, die gerade Euch, mehr denn jedem anderen, in allen Einzelheiten vertraut sein sollte. Kurz, ich nahm sie gefangen und unterwarf sie meinem Willen.«
Herzog Luhalcx kam langsam auf ihn zu. Seine Augen loderten. »Ihr könnt eine solche Tat nicht
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