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Lyonesse 2 - Die grüne Perle

Titel: Lyonesse 2 - Die grüne Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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einen matten Abglanz einstiger Pracht. Die Flügel waren abgeschlossen, ebenso die oberen Geschosse, mit Ausnahme der Räumlichkeiten, die von König Gax bewohnt wurden: eine düstere, trostlose Zimmerflucht, die mit Schilfmatten ausgelegt war und deren wuchtige, schlichte Möbel von den Schrammen und Narben jahrhundertelanger Benutzung gezeichnet waren. Brennstoff war ein knappes und kostbares Gut; das Schlafgemach, in dem König Gax im Sterben lag, wurde nur spärlich von einem kümmerlichen, matt schwelenden Torffeuer gewärmt.
    In der Blüte seiner Jahre war Gax ein Mann von bemerkenswerter Statur und Körperkraft gewesen. Dreißig Jahre lang hatte er vergeblich versucht, dem Vorrücken der schwarzen Ska-Bataillone Einhalt zu gebieten. Immer weiter waren sie vorgedrungen, erst auf das Vorland, dann weiter nach Nord-Ulfland. Er hatte tapfer gekämpft und schwere Verwundungen davongetragen, aber die Ska waren unerbittlich. Sie vernichteten seine Streitkräfte und zermalmten drei stolze dautische Armeen, die in Erfüllung eines gegenseitigen Beistandspaktes auf seiner Seite kämpften. Schließlich drängten die Ska Gax hinter die Mauern seiner befestigten Stadt Xounges zurück. Seitdem herrschte ein Patt: die Ska waren außerstande, Xounges einzunehmen, und Gax vermochte keinen Druck gegen die Ska auszuüben.
    Von Zeit zu Zeit überbrachten Abgesandte der Ska lauwarme Angebote, in denen sie ihm Amnestie zusagten, wenn er die Tore von Xounges öffnete und zugunsten eines noch zu ernennenden Ska-Kandidaten abdankte. Gax lehnte alle diese Angebote ab; er klammerte sich noch immer sehnsüchtig an die verzweifelte Hoffnung, daß König Audry eines Tages den alten Beistandspakt erneuerte und eine große Armee sandte, die die Ska ins Meer treiben würde.
    Seine Untertanen, die für sich keinen Vorteil in einer Ska-Herrschaft sahen, unterstützten seine Politik. Auch Sir Kreim, der nächste in der königlichen Thronfolge, bestärkte ihn in seiner Unnachgiebigkeit, wenngleich aus ganz anderen Gründen. Sir Kreim war ein stämmiger, grobgesichtiger Mann von mittlerem Alter, mit schwarzem Haar, buschigen schwarzen Augenbrauen und einem kurzen, lockigen schwarzen Bart, der in hartem Kontrast zu seinem bleichen Gesicht stand. Sein Appetit war beträchtlich; sein Geschmack war derb; sein Ehrgeiz war zügellos. Wenn er erst den Thron innehatte, hoffte er, das Amt zu seinem besten persönlichen Vorteil ausnutzen zu können, entweder, indem er ein Bündnis mit den Ska einging, oder durch Abdankung zu einem Preis, der es ihm erlauben würde, ein luxuriöses Anwesen in Dahaut zu erwerben und sich dortselbst für den Rest seines Lebens sorgenfrei niederzulassen.
    Die Zeit verging, und König Gax zögerte sein Ableben in geradezu aufreizender Weise hinaus. Wenn die Gerüchte stimmten, dann zügelte Sir Kreim seine Ungeduld nur mit größter Anstrengung; hier und da wurde sogar gemunkelt, er habe schon über Methoden nachgedacht, wie er den natürlichen Gang der Dinge beschleunigen könne.
    Als der Kämmerer Rohan dahinterkam, daß Sir Kreim großes Wohlwollen gegenüber zwei von den Gardisten, die König Gax' Schlafgemach bewachten, an den Tag gelegt hatte, ließ er sofort neue Schlösser an den Türen anbringen und versetzte die Gardisten zum permanenten Nachtdienst auf die Außenmauern. Zudem ersann Rohan ein System, welches garantierte, daß König Gax' Nahrung die bekömmlichste in ganz Xounges war: jeder der Köche war verpflichtet, Gax' Speisen vorzukosten, bevor sie aufgetischt wurden.
    Sir Kreim, dem diese Vorsichtsmaßnahmen natürlich nicht entgingen, lobte Rohan für seine Treue gegenüber König Gax und beschied sich zähneknirschend damit, zu warten, bis König Gax ohne fremdes Dazutun starb.
    Unterdessen dauerte das Patt an. König Audry war nicht nur außerstande, seinen Bündnispartner König Gax zu entsetzen, er mußte überdies auch noch hinnehmen, daß die Ska frech nach Dahaut vordrangen und die Festung Poëlitetz einnahmen. Außer sich vor Entrüstung, sandte König Audry eine Reihe von Protestnoten an die Ska, und als diese unbeantwortet blieben, Warnungen und schließlich Drohungen. Als auch dies nichts fruchtete, wandte König Audry seine Aufmerksamkeit schließlich anderen Dingen zu. Zu gehöriger Zeit würde er eine unbesiegbare Armee aufstellen, mit hundert Kriegswagen, tausend Rittern in voller Rüstung und zehntausend bewaffneten und berittenen Soldaten. Einer gleißenden, unwiderstehlichen Woge gleich, mit

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