Lyonesse 2 - Die grüne Perle
klingendem Spiel und fliegenden Fahnen, würde diese gewaltige Armee über die Ska hinwegbranden und sie ins Meer spülen; und hingerissen von der Vorfreude auf diesen grandiosen Sieg, sandte Audry König Gax sogleich ein Dokument, in dem er ihm diese seine feste Absicht und grimmige Entschlossenheit mitteilte.
König Gax verließ nur selten sein Bett. Er spürte, wie seine Lebenskraft mehr und mehr dahinschwand, und manchmal glaubte er, das Verrinnen der Stunden und Minuten geradewegs so zu spüren, als wären es Sandkörner in einem Stundenglas. Sein Gesicht, einst von rosiger Farbe, war eingefallen und grau, aber in seinen Augen leuchtete noch immer der rauchiggelbe Glanz der Intelligenz. Er lag reglos, den Oberkörper auf ein Kissen gestützt, die Arme auf demÜberwurf, und verbrachte lange Stunden damit, in das flackernde Torffeuer in seinem Kamin zu starren.
Gelegentlich konferierte er unter Rohans wachsamen Augen mit seinem Stab und empfing Besucher, darunter auch eine Abordnung hochrangiger Ska: die Herzöge Luhalcx und Ankhalcx und ihr Gefolge von niedereren Adelsherrn. Wenngleich sie unverblümt und ohne Schnörkel zur Sache sprachen, hielten sie sich strikt an die Anstandsformen, und König Gax fand nichts an ihrem allgemeinen Verhalten auszusetzen.
Während der ersten Audienz der Ska-Abordnung bei König Gax, welche notwendigerweise in seinem Schlafgemach stattfand, waren auch Sir Kreim und zwei andere zugegen. Herzog Luhalcx legte das Anliegen der Abordnung dar: »Eure Hoheit, wir bedauern es, Euch siech anzutreffen, aber jeder muß einmal sterben, und es scheint, daß Eure Zeit bald gekommen ist.«
König Gax brachte ein müdes Lächeln zuwege. »Solange noch Leben in mir ist, lebe ich noch.«
Herzog Luhalcx quittierte des Königs Erwiderung mit einer knappen Verbeugung. »Die Bemerkung war von mir lediglich als Einleitung für den Kernpunkt meiner Botschaft gedacht, welche ich nunmehr darlege: Die Ska-Nation regiert Nord-Ulfland und beabsichtigt, den alten Glanz wiederherzustellen. Wir werden unsere Macht ausdehnen: zuerst nach Süden, dann nach Osten. Die Stadt Xounges ist uns ein Ärgernis: ein Stein auf unserem Wege. Wir müssen ihre Zugänge bewachen, um zu verhindern, daß Dahaut einen Entsatz versucht, welcher eine Bedrohung unserer Flanke sowie unserer Kontrolle über Poëlitetz darstellen würde. Wir wollen sowohl die Stadt Xounges als auch die nominelle Herrschaft über Nord-Ulfland, damit wir den Vertrag mit Dahaut für nichtig erklären können. Ist unsere Flanke gesichert, haben wir freie Hand für die Unterwerfung Süd-Ulflands, dessen neuer König allmählich lästig wird.«
»Ich habe kein Interesse daran, Eure Eroberungspläne zu fördern. Im Gegenteil.«
»Aber Ihr sterbt, und die Ereignisse werden Euch überholen. Es gibt keinen königlichen Prinzen in der gesetzlichen Thronfolge.«
Hier meldete sich Sir Kreim entrüstet zu Wort. »Absurd und falsch! Ich bin der direkte rechtmäßige Thronfolger, und ich werde der nächste König von Nord-Ulfland sein!«
Herzog Luhalcx lächelte. »Wir verstehen Eure Ambitionen sehr wohl, habt Ihr sie uns doch schon bei verschiedenen Anlässen mitgeteilt. Wir beabsichtigen weder Xounges noch den Titel von euch zu kaufen.« Er wandte sich wieder König Gax zu, der den Wortwechsel mit einem frostigen Lächeln verfolgt hatte. »Eure Hoheit, wir fordern, daß Ihr sofort den von uns Ausersehenen zum König von Nord-Ulfland salbt!«
»Eure Majestät!« schrie da Sir Kreim. »Die Unverschämtheit dieses Ansinnens wird nur noch von seiner kaltblütigen Arroganz übertroffen! Wir weisen es selbstverständlich mit Empörung zurück!«
Herzog Luhalcx beachtete ihn gar nicht. »Wir gewähren daraufhin Euch und allen Bewohnern dieser Stadt Straffreiheit für zu unserem Nachteil begangene Akte, und wir werden weder Geld und Gut noch sonstige Besitztümer konfiszieren. Wollt Ihr diesem Vorschlag zustimmen?«
»Natürlich nicht!« erklärte Sir Kreim.
Gax sprach verärgert: »Sir Kreim, gestattet mir bitte, meine Antworten selbst zu formulieren.« Er wandte sich wieder Herzog Luhalcx zu. »Wir leben schon viele Jahre mit diesem verdrießlichen Zustand. Warum sollten wir das nicht weiterhin tun?«
»Ihr könntet diese Politik nur so lange garantieren, wie Ihr lebt. Nach Eurem Tode wird Sir Kreim, sollte er König werden, versuchen, uns Reichtümer abzunötigen. Unser einfachster Weg ist, zu zahlen und uns sodann diese Reichtümer durch eine Umlage auf
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