Lyonesse 2 - Die grüne Perle
Sorgen um ihn gemacht hatten.
»Ich habe Ihnen versichert, daß du wohlauf bist«, sagte Sir Tristano. »Ich habe einen Instinkt für solche Dinge; er sagte mir, daß du zu irgendeinem bemerkenswerten Abenteuer aufgebrochen seist. Hat mein Instinkt mich getrogen?«
»Ganz und gar nicht!« Aillas schilderte seiner gebannt lauschenden Zuhörerschaft die Ereignisse, die ihn so weit nach Norden verschlagen hatten.
»Wir haben nichts auch nur annähernd Gleichwertiges zu bieten«, sagte Sir Tristano. »Seit der Einnahme von Suarach hat sich nichts Bemerkenswertes ereignet. Wir durchstreifen jetzt Nord-Ulfland nach Belieben, stets Ausschau haltend nach Gelegenheiten für wohlfeile Siege, aber die bieten sich nur mehr selten, da die Ska sich nicht mehr in kleinen Gruppen hinauswagen.« Er zog ein Päckchen hervor. »Dies sind die Depeschen aus Domreis. Da du abwesend warst, habe ich mir die Freiheit genommen, sie zu lesen. Darunter ist eine, die ich ein wenig mysteriös finde. Sie ist unterzeichnet mit ›S-T‹, was auf Sion-Tansifer hindeutet, aber die Worte sind nicht von ihm.«
»Das ist die Weise, in der Yane seine Unsichtbarkeit bewahrt. Wenn die Depesche abgefangen wird und irgend etwas in ihr anstößig oder nicht auf der Höhe ist, dann fällt die Schuld auf Sion-Tansifer.« Er las die Botschaft:
Die Kogge
Parsis
ist, von Lyonesse kommend, in Domreis eingetroffen. Unter den Passagieren befindet sich ein gewisser Vishbume, ein Zauberer von geringem Rang und Spitzel im Dienste von König Casmir. Schon einmal kam er mit der
Parsis
nach Domreis und fragte, wie ich erst jüngst erfuhr, Ehirme und andere Mitglieder ihrer Familie über Dhrun und Glyneth aus. Vishbume hat sich nunmehr zu dem Dorf Wysk nahe bei Watershade begeben und durchstreift dort die Wälder, angeblich auf der Suche nach seltenen Kräutern. Er steht unter Überwachung, aber irgend etwas brodelt unter der Oberfläche, und die
Zeichen sind nicht gut. Natürlich steckt Casmir dahinter, der nichts unversucht läßt, aber wer steht hinter Casmir? Ich bin geneigt, Euch zu empfehlen, daß Ihr möglichst rasch nach Hause zurückkehrt, wenn möglich gemeinsam mit Shimrod.
S-T
Aillas las die Depesche noch einmal, bei jedem Wort die Stirn runzelnd. Er schaute zu Sir Tristano. »Hast du Shimrod gesehen?«
»In jüngster Zeit nicht. Hast du damit gerechnet, ihn hier anzutreffen?«
»Nein ... Es scheint, daß ich auf dem schnellsten Weg nach Domreis zurückkehren muß. Wenn Terrier bellen, kann man sie ignorieren. Wenn aber der alte Jagdhund anschlägt, dann muß man sofort zu den Waffen springen.«
VII
Das Kriegsschiff
Pannuc
lief am Morgen eines sonnigen Sommertages in den Hafen von Domreis ein und machte an einem Liegeplatz hart unter den Mauern von Miralda fest. Ohne auf das Ausklappen des Landungsstegs zu warten, sprang Aillas an Land und rannte hinauf zur Burg. Als er in die Kammer neben der Großen Halle kam, welche er als Büro benutzte, fand er dort Sir Este, den Hausmeier, auf einem Stuhl dösend vor.
Sir Este schrak hoch und sprang auf. »Eure Hoheit! Wir ahnten nichts von Eurem Kommen!«
»Schon gut; das macht nichts. Wo ist Prinz Dhrun?«
»Er ist seit drei Tagen fort, Herr, nach Watershade.«
»Und die Prinzessin Glyneth?«
»Sie ist ebenfalls in Watershade.«
»Und Sir Yane?«
»Er hält sich irgendwo in der Burg auf, Herr, oder vielleicht in der Stadt. Oder er ist zu seinem Landsitz hinausgeritten. Ich habe ihn seit gestern nicht mehr gesehen.«
»Sucht ihn bitte, und schickt ihn zu mir.«
Aillas badete sich und schlüpfte in frische Kleider. Als er in seinen Salon kam, wartete Yane schon auf ihn. »Endlich!« rief Yane aus. »Der wandernde König kehrt zurück, und verblüffende Gerüchte eilen ihm voraus!«
Aillas lachte und schloß den Freund in die Arme. »Ich habe dir viel zu erzählen! Wärst du überrascht, wenn du erführest, daß ich jetzt König von ganz Ulfland bin, in aller Form? Und zweifelsohne zu Casmirs königlichem Verdruß. Nein? Du bist nicht überrascht?«
»Die Nachricht erreichte uns vor zwei Tagen per Brieftaube.«
»Ich habe noch mehr Überraschungen! Du erinnerst dich an Herzog Luhalcx von Burg Sank?«
»Und ob ich mich an ihn erinnere!«
»Dann wirst du mit Vergnügen vernehmen, daß ich ihm auf eine höchst befriedigende Weise, die Nase langgezogen habe! Er verflucht jetzt den Tag, an dem er Cargus, Yane und Aillas gekränkt hat!«
»Das ist fürwahr eine erfreuliche Nachricht! Erzähl
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