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Lyonesse 2 - Die grüne Perle

Titel: Lyonesse 2 - Die grüne Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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entschlossen, seine Abfahrt noch um einen oder zwei Tage hinauszuschieben, so daß mir Zeit bleibt, meine Geschäfte zu erledigen.«
    Tatzel sah ihn verwundert an. »Ich dachte, Ihr wäret bloß hierhergekommen, um mich meinem Vater zu übergeben.«
    »Das war in der Tat einer meiner Gründe. Doch dann hat König Gax mir freundlicherweise gestattet, der Krönungszeremonie beizuwohnen, die gewiß ein historisches Ereignis sein wird, weshalb ich sie nicht verpassen möchte.«
    Tatzel zuckte gleichgültig die Achseln. »Mir scheint dieses Ereignis nicht gar so wichtig, aber vielleicht habt Ihr recht. Nun muß ich gehen und meine eigenen Vorbereitungen treffen, auch wenn mir niemand Beachtung schenken wird.«
    »Vielleicht werde ich Euch beobachten«, sagte Aillas. »Euer Mienenspiel hat mich schon immer fasziniert.«
     

V
    Der Regen hörte auch am Nachmittag nicht auf. Aus schwarzgrauem Himmel fiel er auf Xounges herab. Er trommelte auf die Ziegeldächer und prasselte auf die schiefergrünen Wasser der Skyre.
    Trübes, dumpfiges Dämmerlicht fiel durch die hohen, schmalen Fenster der Großen Halle von Jehaundel. Vier große Feuer warfen einen etwas heiteren Glanz, der verstärkt wurde durch eine Reihe von Wandleuchtern.
    Ein Dutzend Banner, die den Glanz des Alten Ulfland symbolisierten, hingen an den steinernen Wänden; ihre Farben waren verblichen, die Taten, die sie verherrlichten, längst vergessen. Dennoch trieb der Anblick der uralten Standarten Tränen in die Augen von vielen jener Ulfländer, die gekommen waren, um Zeuge der Krönung des neuen Königs zu sein – ein Ereignis, das, so fühlten alle, die letzten flackernden Funken einer langen, großen Ära auslöschen würde.
    Außer den Herren der großen alten Herrschaftshäuser waren eine Abordnung des niederen Adels sowie eine Gruppe von acht Ska, die mit ernsten, abweisenden Mienen abseits standen, die Botschafter von Godelia und Dahaut und eine Abordnung von dem troicischen Kriegsschiff anwesend.
    Zwei Herolde mittleren Alters bliesen eine Fanfare; Sir Pertane, der Großkanzler, rief aus: »Ich verkünde den Einzug seiner Majestät, König Gax!«
    Sechs Lakaien trugen eine Plattform herein, auf welcher ein Thron stand, auf dem König Gax saß.Über eine Rampe stiegen die Lakaien auf ein niedriges Podest, setzten die Plattform ab und zogen sich zurück. König Gax, der einen Umhang aus rotem Plüsch mit einem schwarzen Pelzbesatz und die Krone von Nord-Ulfland trug, hob die zarte, zerbrechliche Hand zu einer Geste des Grußes. »Ich heiße euch alle willkommen. Die, die es wünschen, mögen sich setzen; die, die die Stütze ihrer Beine dem ihres Hinterns vorziehen, mögen stehenbleiben.«
    Ein Raunen und das Scharren von Füßen ging durch die Menge.
    König Gax sprach erneut. »Der Tod hat an meine Tür geklopft. Ich lasse ihn nicht gern in mein Haus; es heißt, er sei ein hartnäckiger Gast, der sich nicht abweisen läßt. Hört! Ich kann sein Klopfen sogar jetzt hören! Können andere diesen Laut auch hören, oder ist dieses
tap tap tap
allein für meine Ohren bestimmt? Je nun, wie dem auch sei; aber ich muß noch ein letztes Werk tun, bevor ich meinen ungebetenen Besucher empfange.
    Seht alle her! Ich trage die alte Krone! Einst kündete sie laut von Ruhm und Glanz! Dies war die Krone von Ulfland, da unser Land noch einen ruhmvollen Ehrenplatz unter den Nationen der Älteren Inseln einnahm! Damals gab es kein ›Nord‹- und kein ›Süd‹-Ulfland; es vereinte den gesamten Westen von Hybras, von Godelia bis zum Kap des Wiedersehens! Heute trage ich ein Symbol von Hilflosigkeit und Niedergang. Mein Reich erstreckt sich nur mehr so weit, wie der Klang meiner Stimme reicht. Die Ska haben unser Land erobert und eine Wildnis hinterlassen, wo einst ulfische Bauern die fruchtbare Erde ihrer Felder pflügten.«
    König Gax ließ den Blick durch die Halle schweifen. »Dort stehen die Ska!« Er stieß seinen weißen, dünnen Finger heraus und zeigte auf die abseits stehende Gruppe um Herzog Luhalcx. »Herzog Luhalcx rät mir an, zugunsten von Herzog Ankhalcx abzudanken. Herzog Luhalcx kennt unser alten Gesetze, und sein Kandidat ist zugegen. Herzog Luhalcx führt an, daß ich durch die Ernennung eines Ska zu meinem Nachfolger nichts anderes tue, als die faktische Realität zu legitimieren.
    Luhalcx führt gute Gründe ins Feld, aber andere haben noch bessere Gründe ins Feld geführt. Sie sagen, wenn die Krone nicht an die Ska, sondern an den gegenwärtigen

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