Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Lyonesse 2 - Die grüne Perle

Titel: Lyonesse 2 - Die grüne Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
Vom Netzwerk:
dessen flog er nur um so schneller vor ihr her, bis er schließlich geradewegs in eine Holzfällerhütte flog, die mitten auf einer Waldlichtung stand.
    Äußerst seltsam, dachte Glyneth. Was für ein törichter Schmetterling! Sie spähte durch die Tür und meinte, einen seltsamen grüngelben Lichtschein wahrzunehmen, schenkte diesem aber keine weitere Beachtung. Sie trat in die Hütte und schaute sich überall um, aber der Schmetterling war verschwunden. Auf einem alten Tisch in der Mitte des Raums lag ein Stück Pergament. Glyneth hob es auf und las es.
     
    Du magst vielleicht überrascht sein, aber es ist alles in Ordnung, und alles wird gut werden. Dein guter Freund Sir Vishbume wird dir helfen und ist im Begriff, dich sehr glücklich zu machen. Nochmals! Hab keine Furcht! Vertraue voll und ganz dem edlen Sir Vishbume und tu, was er sagt.
     
    Höchst merkwürdig, dachte Glyneth. Wieso sollte sie überrascht sein? Und wieso sollte sie ihr Vertrauen in Vishbume setzen und tun, was er ihr sagte? Keinesfalls würde sie das! Dennoch: unbestreitbar geschahen hier seltsame Dinge! Erst der Schmetterling, dann dieses eigenartige Licht, das jetzt den ganzen Raum erfüllte. Hier war Magie am Werk! Glyneth hatte wahrlich genug an schlimmen Erfahrungen mit Magie gemacht, und sie wollte ähnliches nicht noch einmal erleben. Sie wandte sich zum Gehen. Schmetterling hin, Schmetterling her; Beeren hin, Beeren her – sie wollte nur noch eines: so schnell wie möglich zurück in den sicheren Hort von Watershade.
    Sie ging zur Tür hinaus. Aber wo war der Wald? Sie blickte in eine fremde, unbekannte Landschaft; wo mochte sie sein?
    Zwei Sonnen hingen am Zenit eines grauen Himmels und kreisten träge umeinander; die eine grün, die andere zitronengelb. Blaues Gras wuchs auf einem Hang, der zu einem kleinen, langsam dahinströmenden Fluß hin abfiel, welcher von rechts kommend in eine weite, flache Ebene floß. An dem Punkt, wo der Fluß den Horizont traf, hing ein Gegenstand am Himmel, der wie ein schwarzer Mond anmutete, und bei dessen Anblick sich Glyneth von unmäßiger Furcht, ja Entsetzen, gepackt fühlte. Vor Angst am ganzen Leibe zitternd, wandte sie den Blick von dem furchterregenden schwarzen Gebilde ab.
    Auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses wechselten niedrige Hügel und Täler einander in majestätisch wogendem Rhythmus ab, um schließlich am Horizont miteinander zu verschmelzen. Von links her schob sich in weiter Ferne eine düstere Bergkette in ihr Blickfeld, die irgendwo weit hinten über dem Horizont verschwand. Näher, an den Ufern des Flusses, wuchsen Bäume mit nahezu kugelförmigen Kronen von dunkelroter und blauer und blaugrüner Farbe. Unten, am Rande des Flusses, stand ein kleiner Mann und grub mit einem Spaten im Uferschlamm. Er trug einen dunkelbraunen Kittel und einen breitkrempigen braunen Hut, der sein Gesicht verdeckte. Hundert Schritte weiter dümpelte ein Kahn an einem groß gezimmerten Anlegesteg.
    Fasziniert ließ Glyneth den Blick über die Landschaft schweifen. Wie hell und rein die Farben waren! Das waren nicht die Farben der Erde! Wohin war sie geraten? ... Hinter sich hörte sie ein leises Husten; es war mehr ein Räuspern, wie wenn jemand sie auf seine Anwesenheit aufmerksam machen wollte. Glyneth fuhr herum. Auf einer Bank neben der Hütte saß der seltsame Fremde, der sie tags zuvor auf dem Wege zu ihrer Freundin angesprochen hatte. Sie starrte ihn mit einer Mischung aus Staunen und Bestürzung an.
    Vishbume stand auf und verneigte sich. Er trug weder Mantel noch Umhang, nur ein weites, wallendes Hemd aus schwarzer Seide mit bauschigen,überlangen Ärmeln, die ihm fast bis zu den Fingerspitzen reichten; um den Kragen trug er eine rot und schwarz gemusterte seidene Halsbinde. Seine Hosen waren ebenfalls weit und aus schwarzer Seide; sie reichten bis auf die Erde und verdeckten fast völlig seine langen, schwarzen Pantoffeln.
    »Sind wir uns nicht schon einmal begegnet?« frug Vishbume mit zuckersüßer Stimme.
    »Wir sprachen gestern auf der Straße miteinander«, sagte Glyneth und fügte in hoffnungsfrohem Ton hinzu: »Könnt Ihr mir bitte sagen, wie ich zum Wald zurückfinde? Ich werde daheim zum Mittagessen erwartet. Sicher sorgt man sich schon.«
    »Aha ha hah!« sagte Vishbume. »Er muß ganz hier in der Nähe sein.«
    »Das dachte ich mir auch, aber ich sehe ihn nirgends ... Warum seid Ihr hier?«
    »Im Moment bewundere ich die wunderschöne Landschaft von Tanjecterly. Du bist

Weitere Kostenlose Bücher