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Lyonesse 2 - Die grüne Perle

Titel: Lyonesse 2 - Die grüne Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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freundliche Antwort geben. Ihr werdet meine gute Meinung gewinnen, und ich werde keine Schuld empfinden.«
    Vishbume kicherte leise in sich hinein. »Schuld, meine Liebste? Niemals! Komm doch näher zu mir; ich möchte dir über dein glänzendes Haar streicheln und vielleicht einen Kuß von dir zur Belohnung bekommen.«
    Glyneth wich einen Schritt zurück. Vishbumes eindeutige Absichten waren in der Tat verhängnisvoll für sie, denn wenn er sie mißbrauchte, würde er nicht wagen, sie freizulassen, aus Angst, daß sie alles ausplaudern würde. In dem Fall bestand ihr einziger Schutz darin, ihm die gewünschte Auskunft zu verweigern.
    Vishbume schaute sie verstohlen von der Seite an; dabei lächelte er verschlagen wie ein Fuchs, so als könne er ihre Gedanken lesen. Er sagte: »Glyneth, ich bin ein Mann, der gern zu einer fröhlichen Weise tanzt! Doch kann ich, so es die Umstände erfordern, auch zu düsteren Klängen tanzen. Ich hasse Ausschreitungen, bei welchen zärtliches Vertrauen auf immer erschüttert wird. Verstehst du, was ich damit sagen will?«
    »Ihr wollt, daß ich Euch gehorche, und Ihr droht mir Strafe an, wenn ich es nicht tue.«
    Vishbume kicherte. »Das ist unverblümt und direkt; die Musik zu diesen Worten ist nicht hübsch. Gleichwohl ...«
    »Sir Vishbume, ich mache mir nicht das geringste aus Eurer Musik. Ferner muß ich Euch sagen, wenn Ihr mir nicht sofort gestattet, diesen Ort zu verlassen, werdet Ihr Euch vor König Aillas verantworten müssen, und das ist so sicher wie die Tatsache, daß die Sonne des Morgens aufgeht und am Abend untergeht!«
    »König Aillas? O la la! Die Sonnen von Tanjecterly gehen weder auf noch unter; sie wandern in anmutig kreisender Bahn am Himmel entlang. Wohlan! Das Band unserer Liebe ist noch nicht zerrissen! Sag mir, was ich wissen möchte – und so Großartiges ist es ja nicht –, oder ich muß dich zu süßem Gehorsam zwingen. Ich werde dir einen Vorgeschmack geben, damit du meine Macht kennenlernst. Schau!«
    Vishbume ging zu einer nahegelegenen Hecke und pflückte eine Blume mit zwanzig rosafarbenen und weißen Blütenblättern. »Siehst du diese Blüte? Ist sie nicht niedlich und unschuldig? Schau, was ich mit ihr mache.« Vishbume stieß seine langen dünnen weißenFinger aus den schwarzen Ärmeln heraus und zupfte langsam die Blätter von der Blüte, eines nach dem andern, bis keines mehr übrig war. Bei jedem Blatt lächelte er Glyneth an, die sein Zerstörungswerk in gebanntem Entsetzen verfolgte.
    Vishbume warf die tote Blume achtlos fort. »Hierdurch habe ich den Hunger meiner Seele ein wenig besänftigt. Aber es ist nur eine Kostprobe, und ich möchte lieber ein richtiges Mahl! Schau!«
    Vishbume kramte in seinem Ranzen und holte eine kleine silberne Flöte hervor. Dann ging er erneut zu der Hecke und begann, auf der Flöte zu spielen. Glyneths Blick fiel auf eine Scheide an der Außenseite des Ranzens, aus der der Griff eines kleinen Dolchs hervorlugte. Sie machte einen Schritt zu dem Ranzen hin, aber Vishbume hatte sich umgedreht, und sie wandte rasch den Blick von dem Dolch ab.
    Ein Vogel mit einer blauen Haube auf dem Kopf kam zu der Hecke geflogen, angelockt von Vishbumes Flötenspiel. Mit flinken weißen Fingern spielte Vishbume Triller, zierliche Schnörkel und wilde kleine Arpeggien, und der Vogel legte den Kopf schief und lauschte gebannt den wundervollen Klängen, die Vishbume seinem Instrument entlockte.
    Glyneth, die durch Elfenmagie die Gabe erlangt hatte, die Sprache aller Lebewesen zu sprechen, schrie entsetzt: »Flieg, Vogel, flieg rasch davon! Er will dir Leid antun!«
    Der Vogel zwitscherte ängstlich und versuchte, davonzufliegen, aber Vishbume hatte ihn schon gepackt und trug ihn zu der Bank. »Und nun, meine Teuere, gib acht! Und bedenke, alles, was ich tue, hat seinen Grund.«
    Glyneth mußte in ohnmächtigem Grauen mit ansehen, wie Vishbume gräßliche Taten an dem Vogel verübte und die gemarterte Kreatur schließlich achtlos zu Boden fallen ließ. Er wischte sich die Finger sorgfältig an einem Grasbüschel sauber und sagte lächelnd zu Glyneth: »Das ist die Weise, auf welche ich mein Blut in Wallung bringe, und unser Wissen voneinander ist nun um eine süße Beimengung bereichert. So komme doch näher, süße Glyneth, ich bin bereit, deinen warmen Leib zu herzen.«
    Glyneth holte tief Atem und zwang sich zu einem verkrampften Lächeln. Langsam ging sie auf Vishbume zu, der vor Entzücken krähte. »Ach, süße, süße,

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