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Lyonesse 2 - Die grüne Perle

Titel: Lyonesse 2 - Die grüne Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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Konnte sie es wagen, das Wasser und die Früchte von Tanjecterly zu essen? Gewiß waren sie giftig. Im Geiste sah sie sich in eine Frucht beißen, würgen, blau anlaufen und zu einem Zerrbild ihrer selbst anschwellen.
    »Ich muß aufhören, solche Dinge zu denken!« ermahnte sie sich energisch. »Aillas wird mir helfen, sobald er von meinem Verschwinden erfährt, und Shimrod ebenfalls, und natürlich auch mein lieber Dhrun ... Je eher, desto besser, denn dies ist ein schrecklicher Ort!«
    Kugelförmige Bäume mit rotem, blauem und schwarzblauem Laubwerk säumten zu beiden Seiten das Ufer. Ein paarmal sah Glyneth Tiere am Rande des Flusses: einen weißen Bullen, der den Kopf eines Insekts hatte und Stacheln auf dem Rücken trug; einen spindeldürren, fünfzehn Fuß hohen Stelzenmann mit einem langen, dünnen Hals und einem abstoßenden, spitzen Gesicht, der in den Baumkronen nach Nüssen und Früchten stöberte.
    Glyneth erkundete den Inhalt des Ranzens. Sie fand ein ledergebundenes Buch mit dem Titel Twittens Almanach, offenbar eine jüngere Abschrift eines älteren Werkes. Sie fand eine kleine Flasche Wein und eine kleine Dose mit einem Kanten Brot und einem Stück Käse. Dies war Vishbumes einzige Verpflegung, und sie vermutete daher, daß sowohl die Flasche als auch die Dose sich nach Verzehr stets auf magische Weise neu füllten. Sie entdeckte weitere Gegenstände, deren Zweck nicht so klar war, darunter ein halbes Dutzend kleine Glaskolben, in deren Innerem Insekten in großer Zahl schwirrten und krabbelten.
    Nun, da sie Vishbume entronnen war, fühlte sie sich schon nicht mehr gar so verzweifelt. Früher oder später würden ihre Freunde sie finden und sie nach Hause zurückbringen; dessen war sie ganz sicher ... Welchen Grund mochte Vishbume haben, so hartnäkkig nach den näheren Umständen von Dhruns Geburt zu fahnden? Er konnte nur im Interesse König Casmirs handeln, und von daher würde eine Enthüllung des Geheimnisses aller Wahrscheinlichkeit nach nicht zum Guten Dhruns sein.
    Das Boot trieb in sumpfige Untiefen. Glyneth griff ins Wasser und bekam einen treibenden Ast zu fassen, den sie benutzte, um das Boot ans Ufer zu staken. Sie erklomm die Uferböschung und spähte flußaufwärts, entdeckte aber kein Zeichen von Vishbume. Als sie den Blick flußabwärts wandte, entdeckte sie eine Kette von Felsenklippen, die sich von einem hohen Bergkamm herunter zum Fluß zog. Glyneth betrachtete diese Felsenklippen mißtrauisch, war doch nicht auszuschließen, daß dort wilde Tiere hausten. Das Boot und der kleine Mann mit dem breiten braunen Hut, der am Ufer gegraben hatte, deuteten auf die Existenz einer menschlichen Bevölkerung hin – aber wo? Und welche Art von Menschenwesen?
    Glyneth stand am Ufer und schaute unschlüssig über das Land: eine bejammernswerte, traurige Gestalt in einem hübschen blauen Kleid. Möglicherweise würde nicht einmal Shimrods beste Magie es zuwege bringen, sie zu finden, und sie würde den Rest ihres noch so jungen Lebens unter den grünen und gelben Sonnen Tanjecterlys verbringen müssen – wenn nicht Vishbume sie aufspürte und sie mit seiner kleinen silbernen Flöte hypnotisierte.
    Sie blinzelte, um die Tränen zu vertreiben. Das Wichtigste war jetzt erst einmal, daß sie einen Schlupfwinkel fand, in dem sie vor Vishbume sicher war.
    Die Felsenklippen, die sich von dem hohen Berg her zum Fluß herunter erstreckten, faszinierten sie. Wenn sie hinaufstieg, konnte sie von dort oben weit über das Land schauen und vielleicht eine menschliche Ansiedlung entdecken. Der Gedanke war nicht ohne bange Ahnungen! Fremde erfuhren nicht überall freundliche Gastlichkeit, nicht einmal in den Ländern der Erde.
    Deshalb zögerte Glyneth zunächst noch und überlegte, welche Möglichkeiten es sonst noch geben mochte. Der Kahn bot zumindest ein gewisses Maß an Sicherheit, und der Gedanke, ihn zurückzulassen, bereitete ihr Unbehagen.
    Ihre Unentschlossenheit sollte im selben Moment mit einem Schlag hinweggefegt werden: aus dem Wasser tauchte ein sehniges Glied auf, so dick wie ihr eigener Körper, welches in einem keilförmigen Kopf mit einem einzigen grünen Auge und einem riesigen, fangzahnbewehrten Maul endete. Das Auge richtete sich auf Glyneth, das Maul öffnete sich weit und bot Einblick in einen dunkelroten Schlund; der Kopf schnellte vor, aber Glyneth war bereits zurückgesprungen.
    Der Kopf und der Hals tauchten wieder unter. Am ganzen Leibe vor Angst und Entsetzen zitternd, wich

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