Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Lyonesse 2 - Die grüne Perle

Titel: Lyonesse 2 - Die grüne Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
Vom Netzwerk:
anschaute, wo das Sonnenlicht, das sich in einer Kuppel aus kristallenen Prismen brach, im sprühenden Wasser funkelte.
    Endlich erschien der Hohe Kammerherr. Er hörte sich Sir Tristanos Bitte um eine Audienz bei König Audry an und schüttelte zweifelnd den Kopf. »Seine Majestät empfängt selten jemanden ohne vorherige Vereinbarung.«
    »Ihr mögt mich als Gesandten König Aillas von Troicinet melden.«
    »Sehr wohl. Dann kommt hier entlang, wenn Ihr so freundlich sein wollt.« Er führte Sir Tristano in einen kleinen Salon und ließ ihn dort allein.
    Sir Tristano wartete eine Stunde, dann noch eine Stunde; schließlich hatte König Audry nichts Besseres zu tun und ließ sich herab, ihn zu empfangen.
    Der Hohe Kämmerer führte Sir Tristano durch die Galerien des Palastes und hinaus in den Park. König Audry saß mit drei Kumpanen zwanglos an einem Marmortisch; sie sahen einer Schar Jungfern beim Kegelspiel zu.
    König Audry war darin vertieft, mit seinen Freunden Wetten auf das Spiel abzuschließen, und so konnte er sich nicht sogleich um Sir Tristano bekümmern, der still dastand und den frivolen König von Dahaut abschätzend betrachtete. Was er sah, war ein großer gutaussehender Mann mit leichtem Doppelkinn, feuchten runden Augen und massigen Hinterbacken. Schwarze Locken umrahmten die Wangen; schwarze Brauen berührten einander fast über der Wurzel der langen geraden Nase. Der Gesichtsausdruck wirkte großzügig und gelassen, aber sein Naturell war wohl eher weinerlich als bösartig.
    Endlich hörte König Audry mit hochgezogenen Brauen zu, wie der Hohe Kammerherr Sir Tristano vorstellte. »Eure Majestät, dies ist der Abgesandte aus Troicinet: Sir Tristano von Schloß Mytric, ein Vetter des Königs Aillas.«
    Sir Tristano verbeugte sich, wie es Sitte war. »Eure Majestät, mit Freuden entbiete ich meine besten Empfehlungen und Grüße von meinem König Aillas.«
    Audry lehnte sich zurück und betrachtete Sir Tristano aus halb geschlossenen Augen. »Mein Herr, ich muß sagen, daß ich bei einer Mission von solcher Bedeutung jemanden von hehrerer Weisheit und größerer Erfahrung erwartet hätte.«
    Sir Tristano lächelte. »Herr, ich gebe zu, daß ich nur drei Jahre älter bin als König Aillas, der mich aber vielleicht just aus diesem Grunde in einem Lichte sieht, wie Ihr es beschreibt. Doch wenn Ihr nicht zufrieden seid, werde ich mich auf der Stelle nach Troicinet zurückverfügen und Eure Ansichten meinem König Aillas zum Ausdruck bringen. Ich bin sicher, er wird einen geeigneten Botschafter finden können: weise, reif an Jahren – einen Mann Eurer Generation. Gebt Ihr mir die Erlaubnis, mich zurückzuziehen?«
    Audry grunzte verdrossen und richtete sich auf seinem Stuhl auf. »Sind alle in Troicinet so anmaßend in ihrer Würde? Bevor Ihr wutschnaubend davonstürmt, würdet Ihr mir vielleicht wenigstens erklären, wie es zu dem bedauerlichen Übergriff Troicinets auf Süd-Ulfland gekommen ist.«
    »Herr, mit Vergnügen.« Sir Tristano warf einen Blick auf die drei Höflinge, die mit unverhohlenem Interesse zuhörten. »Es möchte indessen sein, daß Ihr unsere Konferenz lieber so lange verschiebt, bis wir allein sind, denn es werden heikle Angelegenheiten zur Sprache kommen.«
    Audry gab einen Laut der Ungeduld von sich. »Heimlichkeit, Geflüster, Intrige: Wie ich sie verachte, alle miteinander! Sir Tristano, erfahret meine Philosophie: Ich habe keine Geheimnisse! Gleichwohl und wie auch immer ...« Audry gab seinen Freunden ein Zeichen, und diese zogen sich ungnädig zurück.
    Audry deutete auf einen Stuhl. »Nehmt Platz, wenn Ihr wollt ... Nun denn: Ich bin noch immer erstaunt über diesen närrischen Ausflug Troicinets.«
    Tristano lächelte. »Eure Überraschung überrascht mich. Zwei ausgezeichnete und naheliegende Gründe bewogen uns, in Süd-Ulfland einzudringen. Der erste versteht sich von selbst: Es war die Krone, die durch legitime, gewöhnliche Thronfolge an Aillas gefallen ist; er ist nur gekommen, um zu beanspruchen, was ihm gebührt. Er fand das Reich in einem beklagenswerten Zustand und arbeitet jetzt daran, alles wieder ins Lot zu bringen. Der zweite Grund ist ebenso simpel wie der erste. Wenn Aillas nicht vermocht hätte, sich der beiden Festungen Kaul Bocach und Tintzin Fyral zu versichern, die auf halbem Wege zwischen Lyonesse und Süd-Ulfland liegen, dann würde jetzt König Casmir in Süd-Ulfland herrschen. Nichts hätte ihn daran hindern können, in Eure Westmark einzufallen

Weitere Kostenlose Bücher