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Lyonesse 2 - Die grüne Perle

Titel: Lyonesse 2 - Die grüne Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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Hecht.
    Für Aillas war Watershade der Schauplatz einiger seiner schönsten Erinnerungen, und im Laufe der Jahre hatte sich hier nur wenig geändert. Weare und Flora bezeichneten sich jetzt als ›Seneschall‹ und ›Kastellanin‹. Cern, einst Stallbursche und Aillas' Spielgefährte war zum ›Untermeister der Königlichen Stallungen‹ aufgestiegen. Tauncy, der einstige Vogt, war lahm geworden. Als ›Meisterwinzer der Königlichen Ländereien‹ beaufsichtigte er die Arbeit der königlichen Kellerei.
    Nach langem Zögern und nur auf die Bitten Weares hin fand Aillas sich bereit, die alten Gemächer seines Vaters zu beziehen; Dhrun nahm einstweilen die Räume, in denen Aillas früher gewohnt.
    »So muß es sein«, sagte Weare zu Aillas. »Man kann das Herbstlaub nicht am Fallen hindern, so wenig wie das frische Grün im Frühjahr am Sprießen. Wie ich schon oft zu Dame Flora sagte, neigst du vielleicht ein wenig allzusehr zur Sentimentalität. Aber es hat sich alles geändert! Wie kannst du daran denken, ein Königreich zu regieren, wenn du zu zaghaft bist, um dich aus den Gemächern deiner Kindheit hervorzuwagen?«
    »Weare, mein braver Bursche, da stellst du mir eine schwere Frage. Wenn ich die Wahrheit sagen soll, so brenne ich nicht darauf, ein Königreich zu regieren, von dreien ganz zu schweigen. Wenn ich hier in Watershade bin, kommt mir das alles wie ein Scherz vor.«
    »Nichtsdestominder sind die Dinge nun einmal, wie sie sind, und mir ist manches Gute über dich zu Ohren gekommen. Jetzt ist es nur recht, daß du die Staatsgemächer bewohnst.«
    Aillas verzog voller Unbehagen das Gesicht. »Zweifellos hast du recht, und so soll es sein, wie du es wünschst. Dennoch spüre ich meines Vaters Gegenwart allerorten. Wenn du denn die Wahrheit wissen mußt: Manchmal ist mir, als sähe ich seinen Schatten, wie er auf dem Balkon steht oder wie er in die Glut starrt, wenn das Feuer niedergebrannt ist.«
    Weare grunzte geringschätzig. »Na und? Ich sehe den guten Sir Ospero oft. Wenn ich in Mondnächten einmal in die Bibliothek komme, dann sitzt er dort in seinem Sessel. Er dreht sich um und schaut mich an, und sein Gesicht ist friedvoll. Ich vermute, er liebte Watershade so sehr, daß er es nicht einmal im Tode ertragen kann, von hier fortzugehen.«
    »Also gut«, sagte Aillas. »Hoffentlich verzeiht Sir Ospero mir mein Eindringen. Ich werde an seiner Einrichtung nichts verändern.«
    Wiederum sah Weare sich zum Protest genötigt. »Aber mein Junge! So würde er es nicht wollen, denn er liebte dich doch auch. Die Gemächer sind nun dein, und du mußt sie einrichten, wie es dir gefällt, nicht nach dem Geschmack eines Geistes.«
    »So soll es geschehen. Was schlägst du vor?«
    »Zunächst einmal sollte das Holzwerk gründlich geschliffen, gescheuert und frisch gewachst werden. Dann müßte man den Putz gründlich anstreichen; die grüne Farbe, habe ich bemerkt, wird mit der Zeit schmutziggrau. Warum nicht einmal ein hübsches Hellblau mit Gelb für die Wände?«
    »Ausgezeichnet! Genau das Richtige! Weare, du hast ein seltenes Talent für solche Dinge.«
    »Und da wir schon einmal davon sprechen: Wir sollten auch Lady Glyneths Gemächer instandsetzen. Ich werde natürlich noch mit ihr zu Rate gehen, aber ich schlage doch schon einmal vor, das Mauerwerk zu verputzen und dann rosarot und weiß und gelb zu kälken, auf daß sie morgens fröhlich und gutgelaunt erwacht.«
    »Das ist recht. Kümmere dich darum, Weare, wenn du die Güte haben möchtest.«
    Was Glyneth anging, so hatte Aillas sie auf einem hübschen kleinen Anwesen in einem Tal in der Nähe von Domreis untergebracht, aber sie zeigte kein großes Interesse an diesem Besitz und verbrachte ihre Zeit lieber in Watershade. Glyneth war inzwischen fünfzehn Jahre alt, und mit einer Mischung aus heller Einfalt und sonnigem Optimismus sowie einem freudigen Bewußtsein der Absurditäten dieser Welt erfüllte sie ihr eigenes Leben mit Zauber und Anmut und das ihrer Freunde mit Lebendigkeit. Im Laufe des vergangenen Jahres war sie um einen Zoll gewachsen, und obgleich sie gern wie ein Knabe in Hemd und Hose gekleidet ging, hätte nur jemand, der für Schönheit blind war, sie für einen solchen halten können.
    Dame Flora indessen fand nicht nur ihre Kleidung, sondern auch ihr Benehmen höchst unkonventionell. »Mein Liebes, was sollen die Leute denken? Wann hätte man von einer Prinzessin gehört, die mit einem Kahn auf den See hinausrudert? Wo fände man denn

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