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Lyonesse 2 - Die grüne Perle

Titel: Lyonesse 2 - Die grüne Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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des Strandes unter den Sohlen.
    Melancthe setzte sich in den warmen Sand und schlang die Arme um die Knie. Im Süden waren die Heerscharen von König Aillas abmarschiert; der Strand lag leer und verlassen bis zur Flußmündung. Sie beobachtete das Spiel der Wellen. Brodelnd und schäumend rollte die Brandung auf den Strand zu, in einem Schwall aus weißem Gischt und mit traurigem süßen Klang, dann floß sie zurück ins Meer.
    Melancthe saß wohl eine Stunde lang da; dann erhob sie sich, schüttelte den Sand aus den Gewändern und begab sich in ihre stille Villa.
     

Kapitel 7

I
    König Aillas hatte das Hauptquartier seiner Armee nach Doun Darric verlegt, einem in Trümmern liegenden Dorf am Malheu-Fluß, nur drei Meilen südlich von Sir Helwigs Burg Stronson, mitten im Herzen von Süd-Ulfland. Doun Darric war eines der ersten süd-ulfischen Dörfer gewesen, die von den Ska geplündert worden waren, und nicht mehr als ein paar Haufen Schutt markierten die Stellen, an denen einst die Häuser gestanden hatten.
    Die Vorteile, welche Doun Darric als Standort des Heereshauptquartiers aufwies, waren zahlreich. Die Truppen erfreuten sich nicht länger des Zugangs zu den Hafentavernen von Ys; es gab keine Streitereien mit Stadtbewohnern mehr, und die Mädchen von Ys konnten den Markt wieder aufsuchen, ohne sich beständig den Nachstellungen schneidiger junger Soldaten ausgesetzt zu sehen. Noch wichtiger freilich war, daß die Truppen sich jetzt in nächster Nähe zu den Hochmooren befanden, wo das Gewicht ihrer Gegenwart für die Bewohner des Gebietes anschaulich und fühlbar war.
    Aillas hatte niemals zu hoffen gewagt, daß sich sofort Ruhe wie ein sanfter heilender Balsam über die Berge und Moore von Süd-Ulfland legen würde. Blutrache und Stammeszwist waren der ulfischen Seele wesentlich. Der König mochte Proklamationen erlassen, soviel er wollte, aber wenn er nicht zu Einschüchterungsmaßnahmen oder zum Mittel der Bestechung griff oder auf andere Weise die Barone dazu brachte, seine Gesetze zu befolgen, mußte das Land wild bleiben.
    Die Barone der westlichen Hügel und der Niedermoore unterstützten Aillas größtenteils; sie kannten die Ska nur allzugut. Ihre Gegenspieler aus den höhergelegenen Regionen, in einigen Fällen kaum mehr als Räuberhauptmänner, waren nicht nur diejenigen, die am stärksten um ihre Unabhängigkeit besorgt waren, sie waren auch die erbittertsten Verfechter jenes Gebarens, das auszurotten Aillas geschworen hatte. Mit der Verlegung der Armee nach Doun Darric hatten die königlichen Drohungen plötzlich reales Gewicht bekommen.
    Fast unmittelbar nach der Ankunft beschloß Aillas, Doun Darric zu einem festen Stützpunkt zu machen. Von überallher kamen Maurer und Zimmerleute, um angemessene Unterkünfte zu errichten. Inzwischen erstand das alte Doun Darric wieder: zunächst in provisorischem Stil, bald jedoch schon nach einem Plan, den Sir Tristano mehr oder weniger zufällig eines Abends zum Zeitvertreib bei einer Flasche Wein entworfen hatte. Er plante einen Marktplatz am Ufer des Flusses mit Läden und Gasthöfen ringsherum, breite Straßen mit Abwasserkanälen nach troicischem System und kleine feste Häuser, jedes mit einem eigenen kleinen Garten. Aillas war sehr angetan von Sir Tristanos Skizzen und sah eine Vielzahl guter Gründe, die für ihre Verwirklichung sprachen, unter anderem die Mehrung des königlichen Ansehens.
    Aillas hatte eine Abneigung gegen Oäldes, den baufälligen und heruntergekommenen Sitz der einstigen Könige, und Ys war undenkbar als Hauptstadt von Süd-Ulfland. Aillas bestimmte daher Doun Darric zu seiner Hauptstadt, und Sir Tristano erweiterte seine Pläne um eine kleine, aber feine königliche Residenz zwischen Marktplatz und Fluß. Sir Tristano plante nun sogar noch weiter in die Zukunft und ließ auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses ein angemessenes Gelände für den Bau anspruchsvollerer Wohnhäuser ausgespart, im Hinblick auf die zu erwartende Entstehung einer wohlhabenden Oberschicht in der neuerrichteten Hauptstadt. Die Bauleute: Zimmermänner, Maurer, Stuckarbeiter, Dachdecker, Glaser, Maler und Farbenmischer, Gerüstbauer und Steinhauer – sie alle vernahmen die Nachricht mit Freude; ihr Auskommen und Wohlergehen waren auf absehbare Zeit sichergestellt.
    Das Umland von Doun Darric war zum größten Teil der Wüstenei anheimgefallen. Aillas reservierte – gemäß seinem Versprechen – ausgedehnte Landstriche für die spätere Verteilung

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