Lyonesse 2 - Die grüne Perle
an seine künftigen Kriegsveteranen. Weitere Ländereien verkaufte Sir Maloof zu niedrigen und in geringen Raten abzahlbaren Preisen an landlose Bauern.
Solcherlei greifbare Anzeichen von Dauerhaftigkeit waren dazu angetan, die Autorität des Königs zu stützen, konnte er doch nunmehr kaum noch als ausländischer Abenteurer tituliert werden, der darauf aus sei, Süd-Ulfland das bißchen an Wohlstand abzupressen, das ihm geblieben war. Jeder Tag brachte neue Heerscharen von Freiwilligen und Dienstpflichtigen aus allen Teilen des Landes nach Doun Darric, und sogar aus Nord-Ulfland strömten Freiwillige herbei: starke junge Männer von großem Edelmut, darunter viele von adliger Herkunft, die in der Armee ihre einzige Hoffnung auf Ruhm und Vorwärtskommen sahen. Diese Neuankömmlinge zeichneten sich durchwegs durch großen Stolz und nicht minder großen Mut aus und legten oft die damit einhergehenden Eigenschaften der Halsstarrigkeit und Händelsucht an den Tag. Sie lebten nach zwei Standardregeln: Erstens, man muß stets kampfbereit sein; zweitens, im Kampf gibt es keine ehrenhafte Niederlage; der Verlierer ergab sich, flüchtete oder starb, wobei jeder Ausgang gleichermaßen verabscheuenswert war.
Aillas hatte sich über einige der verzwickten Zusammenhänge und besonderen Feinheiten der Hochlandfehden kundig gemacht. Offenbar würden viele seiner neuen Soldaten sich unversehens in Waffengemeinschaft mit ihren alten Feinden wiederfinden, was nachgerade einer Einladung zum Blutvergießen gleichzukommen schien. Das Problem andererseits dadurch zu umgehen, daß verfeindete Parteien voneinander abgesondert wurden, schien Aillas die schlechteste aller Lösungen, da dies einer offiziellen Anerkennung der Fehden gleichgekommen wäre. Die neuen Rekruten wurden daher lediglich davon in Kenntnis gesetzt, daß alte Feindschaften keinen Platz in der Armee des Königs hätten und zu vergessen seien; ansonsten fand dieses Thema keine weitere Erwähnung, und die Soldaten wurden ohne Rücksicht auf ihre Vergangenheit auf ihre Quartiere verteilt. Bezeichnenderweise schickten sich die einstigen Erzfeinde, nun, da sie die gleiche Uniform trugen, nach einer kurzen Phase grimmiger Mienen, verächtlich geschürzter Lippen und naserümpfender Blicke erstaunlich rasch in die Gegebenheiten, wohl in Ermangelung praktischer Alternativen.
In Rücksichtnahme auf ulfisches Selbstbewußtsein und ulfischen Starrsinn wurden die ersten Stufen der Ausbildung mit großer Behutsamkeit absolviert. Die troicischen Offiziere gingen an das Problem mit Geduld und Fingerspitzengefühl heran. In kleinen, fast unmerklichen Portionen vermittelten sie den willensstarken Bergburschen das Verständnis dafür, was von ihnen erwartet wurde, bis sie schließlich ihre Uniform mit Unbefangenheit, ja teils sogar mit Wohlbehagen trugen und selbst neue Rekruten voller Geduld und Nachsicht für ihre Ungeschicklichkeit ausbildeten.
Unterdessen herrschte entlang der Hochmoore und in den Gebirgstälern eine gespannte Ruhe – nicht die Ruhe friedlicher Behaglichkeit, sondern die Ruhe von leisem Wispern und Horchen in der Dunkelheit und angehaltenem Atem: ein unnatürlicher Zustand, der sogar die Landschaft selbst befallen zu haben schien; es war, als ob die Berge und Felsspitzen und Sträucher und Wälder selbst horchten und wachten und auf die erste Übertretung des königlichen Gesetzes warteten.
Aillas sandte Sir Tristano mit einer angemessenen Eskorte aus, um sich ein Bild von der Stimmung in den fernen Gebieten zu machen und um neue Erkenntnisse über das Treiben des selbsternannten dautischen Ritters Sir Shalles einzuholen. Sir Tristano berichtete bei seiner Rückkehr, daß er korrekte, wenngleich ein wenig kühle Gastfreundschaft erfahren habe; daß die Barone ihre bewaffneten Haufen mit wohlkalkulierter Langsamkeit auflösten und daß jedes Haus eine ganze Litanei von Vorwürfen gegen seine Feinde vorzutragen habe. Was Sir Shalles angehe, so sei er nicht untätig gewesen; er sei hier und dort aufgetaucht und habe eine wunderbare Vielfalt von Gerüchten ausgestreut. Dem Vernehmen nach sei Sir Shalles ein untersetzter Herr von Intelligenz und Glaubwürdigkeit, auch wenn ein großer Teil seiner Behauptungen entweder lächerlich sei oder sich selbst widerspräche; seine Zuhörerschaft könne das glauben, was sie glauben wolle. So behaupte er zum Beispiel, daß Aillas und die Ska ein geheimes Bündnis eingegangen seien und daß die ulfischen Barone am Ende feststellen
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