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Lyonesse 2 - Die grüne Perle

Titel: Lyonesse 2 - Die grüne Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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entdeckte ich, daß Sir Hune sich daran gütlich tat, seine Feinde der Folter zu unterziehen. Das ist schändlich und gemein und durch nichts zu rechtfertigen. Ich erkläre hiermit die Folter in allen ihren Formen und Spielarten zu einem Kapitalverbrechen, welches mit dem Tode und der Konfiszierung allen Besitzes zu bestrafen ist.
    Von Rechts wegen kann ich, ungeachtet meiner Neigung, keine Verbrechen bestrafen, die vor diesem meinem Verbot begangen wurden. Ihr braucht daher keine Vergeltungsmaßnahmen zu befürchten. Gleich werden entweder Sir Pirmence oder Sir Maloof oder Sir Tristano jeden von euch der Reihe nach befragen. Ihr müßt ihnen Auskunft bezüglich aller Gefangenen geben, die sich in eurem Gewahrsam befinden; ferner müßt ihr die Namen der Folterknechte nennen, die in eurem Dienst stehen. Alsdann werdet ihr euch unverzüglich auf den Heimweg machen. Dort angekommen, werdet ihr die Häftlinge meinen Bevollmächtigten übergeben, die ebenfalls eure Folterknechte in ihre Obhut nehmen werden. Da ich nicht will, daß diese Personen auf die allgemeine Bevölkerung losgelassen werden, werden sie hierher nach Doun Darric verbracht und wahrscheinlich in eine Spezialabteilung meines Heeres eingegliedert werden. Diejenigen unter euch, die die Folterknechte in ihren Diensten hielten, sind nicht minder schuldig als diese, aber, wie ich bereits ausführte, kann ich euch nicht für Verbrechen bestrafen, die vor der Ächtung begangen wurden.
    Sir Pirmence, Sir Maloof und Sir Tristano beginnen nunmehr mit der Befragung. Ich empfehle euch dringend, mitzuarbeiten und exakte Angaben zu machen, da eure Erklärungen auf ihre Wahrheit hin überprüft werden.‹
    Das, meine Herren, sind die Worte seiner Majestät, des Königs Aillas.«
     

IV
    Die Barone waren abgereist, die meisten, um bei Freunden oder Verwandten Quartier für die Nacht zu nehmen. Jeder wurde von einem troicischen Ritter und sechs Soldaten begleitet, um die exakte Ausführung von König Aillas' Gesetz sicherzustellen, welche in vielen Fällen aus einem Gefangenenaustausch zwischen miteinander verfeindeten Sippen bestand.
    Aillas und Tristano saßen bis tief in den Abend zusammen und diskutierten die Ereignisse des Tages. Sir Tristano hatte bei seinen Befragungen keine weiteren Neuigkeiten über Sir Shalles zutage gefördert. Zuletzt gesehen worden war er auf der abgelegenen Burg von Sir Mulsant, einem der unversöhnlichsten von allen Baronen.
    »Mulsants Standpunkt ist nicht ohne Logik«, erklärte Tristano. »Er wohnt unter den Wolken-Schneidern, wo es von Gesetzlosen wimmelt; würde er seine Garnison auflösen, würde er, so erklärt er, nicht eine Woche lang überleben, und ich neige dazu, ihm zu glauben. Und nun hat auch noch Torqual die Szene betreten. Solange wir ihn nicht in Schach halten können, können wir von den Bewohnern der Region billigerweise nicht verlangen, daß sie sich sowohl wehrlos machen als auch unsere Sache unterstützen.«
    Aillas dachte mit düsterer Miene über Tristanos Darlegung nach. »Fürwahr, wir stecken da in einer üblen Klemme. Wenn wir gegen Torqual in Nord-Ulfland vorgehen, sind unsere Erfolgsaussichten gering, und wir fordern zudem die Ska heraus. Und gerade jetzt wollen wir doch keine schlafenden Hunde wecken.«
    »Diesen Standpunkt wird niemand bestreiten wollen.«
    Aillas stieß einen tiefen Seufzer aus und ließ sich in seinen Stuhl zurücksinken. »Wieder einmal zerschellen schöne Träume an den Felsen der Wirklichkeit. Ich muß mich nach den harten Tatsachen richten. So lange wie Sir Mulsant und andere wie er uns keine Schwierigkeiten machen, ernenne ich sie zu ›Wächtern der Grenzmark‹.«
    »All dies heißt man ›die Kunst des praktischen Regierens‹«, sagte Tristano; dann wandten er und Aillas sich anderen Themen zu.
     

Kapitel 8

I
    Sogleich nach seiner Ankunft in der Stadt Lyonesse begab sich Shalles auf direktem Wege nach Haidion und wurde nach angemessener Wartefrist in ein kleines Wohnzimmer im Eulenturm geführt, wo König Casmir über dem Studium von Land- und Seekarten saß. Shalles vollführte eine gehörige Verbeugung und wartete, bis König Casmir die Mappe schloß. Die gewichtige Bedächtigkeit, mit der der Monarch dies tat, konnte jemand mit schlechtem Gewissen nur als unheilverkündend deuten. Endlich wandte sich König Casmir um und musterte Shalles von Kopf bis Fuß, so als hätte er ihn noch nie gesehen. Er deutete auf einen Stuhl; als Shalles Platz genommen hatte, sprach Casmir:

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