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Lyonesse 2 - Die grüne Perle

Titel: Lyonesse 2 - Die grüne Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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beliebt.«
    »Und welches wäre Euer Begehr?«
    »Mehr als alles, Herr, wünsche ich mir ein kleines Anwesen nahe der Stadt Poinxter in der Grafschaft Graywold, wo meine Familie lebt und wo ich geboren bin.«
    König Casmir preßte die Lippen zusammen. »Ein idyllisches Landleben macht träge und fußfaul, wenn man in des Königs Diensten reist. Man denkt mehr an seine Bienenstöcke und Kälber und Rebstöcke denn an die königlichen Bedürfnisse.«
    »Wahrhaftig, Eure Majestät, ich habe jene Phase im Leben erreicht, da ich nicht länger für mitternächtliches Umherschleichen und finstere Ränke geeignet bin. Mein Hirn ist im gleichen Maße wie mein Bauch erschlafft und schwer geworden; es ist an der Zeit, daß ich mich zur Ruhe setze und ein beschauliches Leben führe, ein Leben, in dem mein größtes Abenteuer ein Fuchs im Hühnerstall ist. Kurzum, Herr, ich bitte Euch, mich von weiteren Diensten zu entbinden. Diese letzten Monate haben mir genug Angst und Schrecken für ein ganzes Leben gebracht.«
    »Schwebt Euch schon ein bestimmtes Anwesen vor?«
    »Ich hatte noch nicht die Zeit, mich darum zu kümmern, Herr.«
    »Und welche Qualität von Anwesen würdet Ihr für Eure Anstrengungen der letzten Monate als angemessen erachten?«
    »Würde ich für die Zeit, die ich verausgabt habe, allein bezahlt, so würden drei Goldkronen hinreichen. Fragt Ihr nach dem Wert, den ich meinem Leben zumesse, so gäbe ich es nicht für zehn Karawanen her, beladen mit Smaragden, ja nicht einmal, wenn Ihr noch sechs Schiffsladungen Gold als Anreiz dreingäbt. So würde ich mir denn wünschen, daß bei meiner Entlohnung die Gefahren, denen mein kostbares Leben ausgesetzt war, die unbezahlbaren Ränke und geistreichen Verleumdungen sowie die kalten windigen Nächte auf den Mooren, in denen ehrliche Männer gemütlich in ihren Betten schlummerten, eine gewisse Berücksichtigung fänden. Eure Majestät, ich unterwerfe mich ohne Frage Eurer Großzügigkeit. Ich darf sagen, ich würde mich über ein Herrenhaus neben einem guten Bach freuen, mit zehn Morgen Wald und drei oder vier Pachthöfen.«
    König Casmir lächelte. »Shalles, wenn Ihr in meinem Dienst eine ebenso große Beredsamkeit habt walten lassen, wie Ihr es jetzt hier in Eurem eigenen getan habt, dann ist Eure Bitte mäßig und billig, und so muß ich sie beurteilen.« Er schrieb etwas auf ein Stück Pergament, leistete eine verschnörkelte Unterschrift und überreichte Shalles das Dokument. »Hier ist das königliche Patent auf ein Stück Landes nach Eurer Wahl. Geht damit nach Poinxter, wählt Euch ein Anwesen aus, das Euren Vorstellungen entspricht, und legt dieses Patent dem Schultheiß vor. Dankt mir nicht! Ihr dürft gehen.«
    Shalles vollführte eine tiefe Verbeugung und ging.
    König Casmir starrte brütend ins Feuer. Das Paket von Tamurello ruhte auf dem Tisch. König Casmir rief seinen Adjutanten Oldebor.
    »Ihr wünscht, Herr?«
    »Du erinnerst dich an Sir Shalles?«
    »Gewiß, Herr.«
    »Er ist gerade von einer kurzen Mission in Süd-Ulfland zurückgekehrt und hat übertriebene Forderungen angemeldet; überdies besitzt er allzu intime Kenntnis von meinen Angelegenheiten. Legt dir deine Erfahrung irgendeine Methode nahe, wie das Problem Shalles zu lösen wäre?«
    »Ja, Herr.«
    »Erledige das! Er ist auf dem Weg nach Poinxter in der Grafschaft Graywold. Er trägt ein von mir unterzeichnetes Dokument bei sich, welches ich gern zurückhaben möchte.« König Casmir wandte sich wieder dem Feuer zu, und Oldebor verließ den Raum.
    Schließlich öffnete König Casmir das Paket und fand darin eine ausgestopfte Amsel, die auf einem Untersatz befestigt war. Zwischen den Beinen stak ein zusammengefaltetes Pergament, worauf geschrieben stand:
     
    Willst Du Dich mit Tamurello unterreden, so rupfe eine Feder aus dem Bauch des Vogels und verbrenn sie in der Flamme einer Kerze.
     
    Casmir examinierte den ausgestopften Vogel; seinem kritischen Blick entgingen weder die herunterhängenden Schwingen noch die kahlen Stellen im Gefieder und der halboffene Schnabel.
    Das Aussehen des Vogels übermittelte, so schien es König Casmir, einen leisen Nebenton von Spott. Seine Würde indes veranlaßte ihn, alles außer dem ausdrücklichen Sinn des Vogels und der Botschaft zu mißachten. Er verließ den Raum, stieg eine steinerne Wendeltreppe hinauf und trat durch ein bogenförmiges Portal in die Große Säulenhalle. Er schritt mit schwerem festen Tritt aus, weder nach links noch nach

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